Der Hund im Kuehlschrank
Soundballs zum neuen Sender, der den nächsten Ball in die Runde schickt. Er lässt ein neues Geräusch in sich aufsteigen, sucht mit den Augen ein neues Gegenüber, sammelt Luft, Kraft und Klarheit und sendet dann den Ball mit dem Ausatmen und einem neuen Ton in die Runde.
Ein einfaches Wurfspiel dient hier als Spiegel für Grundmuster der Kommunikation. Sehr schnell wird in einer solchen Runde deutlich, wo es hakt, warum manche Nachrichten nicht ankommen, und was erforderlich ist, um das Senden und Empfangen im Gespräch gelingen zu lassen. Jeder ist in dieser Runde Sender und Empfänger, jeder atmet ein und aus, jeder schickt Botschaften in den Raum und nimmt Nachrichten auf. Wenn die Kommunikation gelingt, entsteht dabei ein gleichmäßiger, fließender Rhythmus von Geben und Nehmen.
Erzählen ist ausatmen
Unser menschlicher Grundrhythmus wird vom Atem getragen. Ein und aus – und Pause. Ein und aus – und Pause. Ein und aus – und Pause. Erzählen geschieht mit dem natürlichen Atemfluss. Auf diese Weise geht es mühelos und ohne Anstrengung in der Stimme vonstatten. Der Atem fließt nebenbei. Mimik und Gestik reihen sich dabei ebenso natürlich in den Ausdruckstanz ein wie die Worte. Erzählen ist ausatmen. Nicht einatmen und vor Aufregung die Luft anhalten, sondern hinausströmen lassen – und dann eine Pause machen, um erneut Luft zu holen. Dieser Rhythmus ist mit der Bewegung des Wassers vergleichbar. So, wie die Wellen kommen und gehen, strömt auch der Atem. Es ist sicher kein Zufall, dass wir viele Begriffe und Redewendungen sowohl für das Atmen und Reden als auch für die Bewegung des Wassers verwenden: Der Atem und das Wasser strömen, fließen, stauen sich oder stocken. Jemand sprudelt wie ein Wasserfall. Ein Gespräch ist im Fluss, schlägt hohe Wogen oder plätschert einfach so dahin. Kommunikation ist rhythmisch. Jede Geschichte, jeder Erzähler, jede Situation hat ihren eigenen Rhythmus. Und es ist der Atem, der letztlich alles trägt.
Heiß und kalt Eine Geschichte über die Kraft des Atems
An einem klirrend kalten Wintertag gesellte sich einmal ein kleines verhutzeltes Männchen zu einem Holzfäller und sah ihm bei der Arbeit zu. Immer wieder hielt der Mann beim Holzhacken inne und blies in seine Hände. »Was tust du da?«, fragte das Männchen erstaunt. »Ich taue meine erfrorenen Finger mit dem warmen Atem auf«, antwortete der Holzhacker dem kleinen Wicht.
Später, als die Arbeit getan war, kehrte der Holzfäller nach Hause zurück und kochte sich einen heißen Brei. Das kleine Männchen war ihm gefolgt und beobachtete verwundert, wie der Holzfäller auf den heißen Brei blies, bevor er den Löffel in den Mund schob. »Wie? Ist dir das dampfend heiße Essen noch nicht warm genug, sodass du mit dem Atem draufpustest?«, rief es. »Aber ich kühle den heißen Brei doch mit meinem Atem ab«, lachte der Holzfäller.
»Verschone mich mit deinem Zauber!«, sagte da das kleine verhutzelte Männchen. »Ich will gar nicht wissen, was du noch alles mit deinem Atem tun kannst.« Und es verschwand auf Nimmerwiedersehen im Wald.
Formeln und Zahlen
Zur Rhythmik in Geschichten gehören das Tempo (schnell/langsam), der Ton (laut/leise, hoch/tief), die jeweilige Satzmelodie, aber auch bestimmte sprachliche Formeln und Wiederholungen. Besonders bekannt ist die Dreizahl im Märchen. Häufig sind es drei Söhne oder drei Töchter, die in die Welt hinausziehen. Dreimal wiederholt sich derselbe Weg, wobei die ersten beiden Suchenden an den Herausforderungen scheitern, der oder die Jüngste aber schließlich das Ziel erreicht.
Mein Vater erzählte mir, dass ich als Kind, als er mir regelmäßig Märchen vorlas, schon nach kurzer Zeit zu ihm sagte: »Papa, den zweiten Sohn kannst du weglassen, das ist langweilig. Da passiert genau das Gleiche wie beim ersten. Erzähl mir gleich, was dem Jüngsten passiert ist.« Die Drei, die Sieben oder auch die Zwölf sind Zahlen, die in der abendländischen Erzählkultur fest verankert sind. Die sieben Schwaben ziehen mit ihrem Spieß durch die Welt, sieben Söhne werden in sieben Raben verwandelt, Schneewittchen wandert zu den sieben Zwergen hinter den sieben Bergen und das tapfere Schneiderlein erlegt sieben Fliegen auf einen Streich. Zwölf Monate hat das Jahr, so stark wie zwölf Männer ist Siegfried in der Sage der Nibelungen, zwölf Arbeiten muss Herkules verrichten.
Zahlen- und Sprachformeln ordnen das Geschehen, und Ordnung gibt
Weitere Kostenlose Bücher