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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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richtig, eine ältere, liebenswürdige Dame, die die Angewohnheit hat, hin und wieder eine Dose Kaviar in ihrem Mantel verschwinden zu lassen, und die ich, ehm, betreue. Zwanghafter Stehltrieb ohne Bereicherungsabsicht, Kleptomanin, verstehst du? Als Arbeiterkind hatte sie nie…«
    »Schlömm, du bist ein phantasievoller, aber lausiger Lügner«, sagte sie sehr bestimmt. Ihre Faust mit dem rieselnden Sand kreiste über meinem Penis, mit erstaunlicher Wirkung. Halbwach rekelte sich der Wurm bereits wieder im Sonnenlicht.
    »Dafür lügt mein kleiner Kumpel nie, ist immer ehrlich, ist immer geradeaus. Los, frag ihn beispielsweise, was er will!« sagte ich und drückte sie an mich, um das Thema Gundula Stoll zu beenden.
    Sie schob mich weg. »Gundula Stoll, hast du gesagt, sei am Tod von Fitti Salm schuld.«
    Der Satz traf mich wie ein Schlag, wie einer von jener Sorte, die alles zurechtrücken. Ich war nun hellwach.
    »Was erzählst du da, Karla?«
    »Natürlich hast du das nicht so schlicht gesagt wie ich jetzt, sondern mit viel Brimborium, aber auf genau diese Aussage lief es hinaus.«
    Ich sprang auf.
    »Sicher mußt du jetzt wieder telefonieren«, sagte sie und setzte spöttisch hinzu: »Mit dem Sozialamt.«

26.
     
     
     
    Einige Leute seien im Vollrausch nicht nur am ehrlichsten, sie hätten auch den besten Durchblick, hatte Karla behauptet. Ich mußte ihr recht geben. Immerhin war mein durch Alkohol beflügeltes Hirn zu dem Schluß gekommen, daß Gundula Stolls Auftrag, ihren früheren Ehemann Werner zu beschatten, nur ein Köder gewesen war. Ich sollte bei dem geplanten Mordanschlag auf Salm nicht in der Nähe sein. Billiger und einfacher konnte man einen herumschnüffelnden Tagelöhner wie mich nicht ausschalten. Wahrscheinlich waren Gundula und Werner Stoll ein kleines Gaunerpärchen, das sich mit dieser Schmiere unter dem Titel ›Hilfe, mein Ex-Mann entzieht sich seinen Pflichten‹ ein Taschengeld verdiente; die blonde Geliebte an Werner Stolls Seite war als Komparsin die Dritte im Bunde. Aber von wem wurden sie bezahlt? Und wie paßte der Motorradunfall, wenn es nicht doch Karlas eifersüchtiger Ehemann gewesen war, in das Bild?
    Normalerweise hatte ich nicht vorgehabt, Kurt erneut zu belästigen. Salm war tot, und Rache war nicht mein Geschäft. Aber vielleicht konnte ich der Gerechtigkeit ein wenig auf die Sprünge helfen. Mein Schuldgefühl regte sich wieder.
    Die Verbindung kam zustande. Ich fragte Kurt, ob sich schon die Gelegenheit ergeben hatte, das Hundehalsband untersuchen zu lassen.
    »Sag mal, mein Freund«, hob er mit gefährlicher Ruhe an, »bist du nicht ausreichend damit beschäftigt, deinen Körper zu bräunen, Wasserski zu laufen und alleinreisende Urlauberinnen zu vögeln? Nein? Mußt du überdies unbedingt einen alten Hauptkommissar piesacken?«
    »Alles zu seiner Zeit, Kurt. Übrigens, sie ist keine Urlauberin, sie wohnt hier, ist verheiratet, hat Kinder.«
    Ich glaube, ihm fiel die Pfeife aus dem Mund. Jedenfalls war er sprachlos. Ich hörte, wie Schubladen herausgezogen wurden, dann war er wieder am Apparat.
    »So, nun zu der Sache von vorgestern«, sagte er. »Warst ja schnell weg, also ich lese vor: Der Unfall ereignete sich bei Sanierungsarbeiten in der Fahrnstraße Ecke Wittekind. Das Opfer, Jörg Pollex, einer der beiden Gesellschafter der Baufirma PSB, wurde…«
    Auf meinem Unterarm stellten sich die Härchen auf. »Hast du Jörg Pollex gesagt?«
    »Ja, warum schreist du denn so?«
    Ich verschob alle Erklärungen auf später und bat Kurt, nun mit Nachdruck, um die Laboruntersuchung des Hundehalsbandes.
    Alles war nach diesem Anruf anders, irgendwie besser: die Blumen bunter, die Häuser weißer, die Leute guckten netter; auch mein eigenes Aussehen – Blick in die spiegelnde Verglasung der Telefonzelle – war längst nicht mehr so verwildert. Die Welt machte doch noch Fortschritte.
    Fitti Salm lebte! Nun hatte ich eine zweite Chance zu beweisen, daß ich mehr konnte als nur Kerlen nachzujagen, die sich angeblich vor Unterhaltszahlungen drücken wollten.
    Oberflächlich betrachtet war die Gefahr für Fitti Salm vorbei; der Auftraggeber des Mordanschlags war selbst Opfer geworden. Doch Pollex hatte ja, so wie Salm mir die Unfallspezialisten geschildert hatte, nicht einen einzelnen Mörder gedungen. Vielmehr hatte er den Auftrag wohl an ein Mordsyndikat gegeben; und diese ehrenwerte Gesellschaft würde womöglich versuchen, wie andere Firmen das ja auch taten, den Auftrag

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