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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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Körper. Ein paar Tage bezahlte Ferien, zusammen mit Karla, würden mir gut tun.
    Der Auftrag war gelaufen. Werner Stoll war auf der Insel nicht gemeldet, konnte demnach auch nicht arbeiten; das heißt nicht offiziell. Wahrscheinlich machte er es so wie viele der Langzeiturlauber, erledigte nebenbei ein paar Jobs und steckte das Geld schwarz in die Tasche. Solange er mit seiner Architektentätigkeit keinem einheimischen Konkurrenten in die Quere kam, würde man ihn gewähren lassen. Fast beneidete ich Stoll, dem es gelungen war, sich aus dem Rattenrennen auszuklinken. Ich würde ihn in den nächsten Tagen noch ein wenig beobachten. Mit ein wenig Glück stieß ich auf etwas, was meiner Klientin helfen würde, ihre Unterhaltsforderungen durchzukriegen. Ich schlenderte auf den Mehari zu. Karla hatte inzwischen die Kopfhörer ihres Walkmans aufgesetzt und hielt ihr Gesicht in die Sonne.
    Ich ging zurück in die Telefonzelle, wählte, kam durch und hatte Judith am Apparat.
    »Ach, Sie gibt es auch noch? Sie sind ja einer! Zuerst eine flotte Einladung zum Essen und eine noch flottere Einladung auf eine Baustelle – danach Funkstille. Sind die Turnschuhe so schlecht angekommen?«
    »Die sind gut, sogar sehr gut angekommen. Ich bin übrigens auch bald wieder da.«
    »Wieso?«
    »Kleiner Unfall, eigentlich nur ein Ausrutscher.«
    »Wirklich? Viel passiert? Wo stecken Sie eigentlich?«
    »Südlich der Ruhr. Nein, nichts Ernsthaftes, bis auf die Hände, beide verbunden. Mit dem Telefonieren hat es deshalb so lange gedauert, weil ich erst mal üben mußte, mit der Nasenspitze die Drucktasten zu bedienen.«
    Sie prustete. Das Leben war schön. Ich hatte eine Frau zum Lachen gebracht, eine andere wartete darauf, mir ein paar Sachen zu zeigen, die ich noch nicht kannte. Grund genug, nun noch einen alten Freund bei der Arbeit zu stören.
    Kurts Stimme klang nach Nieselregen und Automatenkaffee. »Machst also immer noch schönes Wetter da unten. Ich dachte, du wärst längst zurück.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Nun, ich hatte vorgestern bei dir in der Ecke zu tun, sah Licht in deiner Klause, klingelte also an der Bürotür, um an deinem Besucher-Kognak zu nippen, war aber nichts, hattest wohl nur das Licht brennen lassen bei deinem hastigen Aufbruch. Und was machst du jetzt Schönes im Süden?«
    Normalerweise wäre das jetzt das Stichwort zu allerlei wilden Andeutungen gewesen. Aber auf einmal war es mit meiner guten Laune vorbei. Kurts Bemerkung über das Licht in meiner Klause hatte mich nachdenklich gemacht.
    Ich wollte schon einhängen, da sagte er: »Du hattest mir doch den Floh ins Ohr gesetzt von wegen seltsame Unfälle am Bau.«
    »Ja?« rief ich lauter als gewollt. »War was?«
    »Auf einer Baustelle im Sanierungsgebiet am Bahndamm in Meiderich ist jemand umgekommen, durch Stromschlag; irgendein defektes Kabel, das unglücklicherweise ein Eisengeländer unter Strom setzte.«
    »Das dann unglücklicherweise ein Arbeiter berührt hat, stimmt’s?«
    »Nee, nicht ganz so, und das ist auch das Ungewöhnliche: Es hat den Besitzer der Baufirma erwischt.«
    Von einer Sekunde zur anderen war mein Mund wie ausgetrocknet. Ob ich noch dran sei, hörte ich Kurt sagen.
    Ich mußte schlucken, ehe ich die nächste Frage herausbekam: »Kurt, den Namen der Baufirma, weißt du den?«
    »Soweit ich mich erinnern kann, waren es drei Buchstaben, hm, S und P und B oder umgekehrt. Was…?«
    Die Verbindung war unterbrochen, ich hatte vor Aufregung nicht daran gedacht, Geld nachzuwerfen.
    Die erste Münze schluckte der Apparat, ohne einen Pieps zu sagen, die zweite brachte mich mit einem Telefondienst zusammen. Mit der dritten Münze landete ich zwar bei der Duisburger Hauptwache, Polizeiinspektion drei, mir noch bekannt als Schutzbereich Mitte, aber inzwischen war Kriminalhauptkommissar Kurt Heisterkamp im Einsatz.
    Ich fühlte mich so elend, daß ich kaum die Schwingtür der Telefonzelle aufbekam. Das Hemd klebte an meinem Körper. Meine Sehkraft hatte gelitten; ich sah Karla wie durch das verkehrte Ende eines Fernrohrs. Ihre Stimme kam auch von sehr weit her.
    »Schlömm, was ist los, ist dir nicht gut?«
    »Karla, ich fühle mich so beschi-hissen wie nie zuvor in meinem Le-heben.«

24.
     
     
     
    Ihr Haus war kühl und weiß und fast ohne Möbel. Für Einzelheiten hatte ich keinen Blick. Ich ließ mich in einen Schaukelstuhl fallen und wippte; mit der ausgestreckten Hand konnte ich das Glas erreichen, das sie mir hingestellt

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