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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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ordnungsgemäß auszuführen. Da lag der Hase im Pfeffer, das war der harte Brocken für mich. Aber ich fühlte mich stark, lebendig und voller Tatendrang, so wie sich ein Genesender nach gerade überstandener Krankheit am stärksten fühlt. Ich glaubte, es mit der halben Unterwelt aufnehmen zu können.
    Ich ging in ein Reisebüro, das schräg gegenüber von den Telefonzellen lag, fragte nach einem Flug und hörte, daß es für den Rückflug am selben Tag zu spät und daß die nächste Maschine ausgebucht sei, aber man könne mich auf die Warteliste setzen. Si, Senora, so sollte es sein.
    Ich hatte es eilig. Die Ferien waren vorbei. Das hieß, bis zu dem Frühboot, das mich zur Nachbarinsel Ibiza bringen würde, blieben mir immerhin noch – Blick auf die Uhr – fast zwanzig Stunden.
    Mal sehen, wie ich die ausfüllen konnte.

27.
     
     
     
    Sie hatte mir ja schon so einiges gezeigt, aber jetzt wollte Karla mit mir auch noch eine Inselrundfahrt machen. Den Picknickkorb hatte sie bereits gepackt, wir fuhren los. Karla lenkte den Wagen und erzählte, ich hielt die Nase in den Wind und hörte zu.
    Ich erfuhr, daß die Insel nur wenig Sehenswürdigkeiten hatte, aber voller Legenden war, in den von brandschatzenden Freibeutern, geheimen Gängen und versunkenen Fincas auf Lagunengrund die Rede war. Wir besuchten eine Höhle, die man nur zweimal betreten durfte, weil man beim drittenmal unweigerlich verloren ging, und eine andere, die pechschwarz war, weil Prinz Sigurd dort angeblich die maurischen Inselbewohner ausgeräuchert und ihnen nebenbei einen Piratenschatz geraubt hatte.
    Sie zeigte mir die alten Sarazenentürme, auf denen die Wächter nach feindlichen Schiffen Ausschau gehalten hatten, und einen gespenstisch verwachsenen Sadebaum, in deren gewundenen Ästen man mit viel Phantasie die Gestalt eines Mannes erkennen konnte. Gemäß der Legende handelte es sich um einen Mönch, der eine verheiratete Frau liebte und zur Strafe in einen Baum verwandelt worden war.
    »Ein Kerl wie du«, sagte sie und schaute mich an.
    So fuhren wir also durch den Sonnenschein, und sie erzählte mir Geschichten und Anekdoten. Und unterdessen waren wir von San Fernando, dem Ort in der Inselmitte, nach San Francisco gefahren und hatten dort die Straße zum Kap Barbaria genommen. Der freie Raum zwischen den Bauernhöfen war größer geworden, die Landschaft karger.
    Jetzt hielten wir an.
    Karla holte aus dem Picknickkorb ein rundes Bauernbrot. Sie rieb es mit einer halbierten Tomate ein, träufelte Olivenöl darüber und gab grobkörniges Salz hinzu. Es war einfach, es war gut, es war das beste Essen seit langem. Hinterher gab es noch Ziegenkäse mit Honig. Für einen Augenblick war die Welt perfekt.
    Um uns nur Stille, Geröll und flimmernde Luft. Unmengen von Rosmarin bildeten eine regelrechte Buschlandschaft. Die Luft war voll von dem aromatischen Duft, der den blaßblauen Blüten entströmte und Wolken von Schmetterlingen in Taumel versetzte. Ich wurde ganz schläfrig. Doch plötzlich hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich blickte zu den Büschen und sah Augen, große bernsteinfarbene Augen, die auf uns gerichtet waren.
    Karla lachte lauthals: »Das sind verwilderte Ziegen, die hier in den Klippen leben. Bist ganz schön nervös, Schlömm.«
    »Das macht die paradiesische Ruhe.«
    »Ein Paradies, das immer wieder Eindringlinge angezogen hat.«
    Sie erwähnte Phönizier und Wandalen, Mauren und Normannen, um dann von den Hippies zu sprechen, die Ende der sechziger Jahre die Insel erobert hatten. »Malerische Gestalten waren das, die süßes Kraut rauchten, in den Dünen schliefen und nackt ins Wasser sprangen. Zu ihrem Treffpunkt machten sie die Gaststätte Fonda Pepe, an der wir eben in San Fernando vorbeigefahren sind. Den Blumenkindern folgten die Aussteiger, Maler, Schriftsteller, Lebenskünstler, und als letztes kamen die Pauschalurlauber. Nein, ich habe nichts gegen die Touristen, wem sonst sollte ich mit meinen Geschichten auf die Nerven gehen? Unter uns Residenten ist alles schon gesagt worden. Zum Glück kommen dann nach langen Winterabenden Leute wie du, die alles toll finden, was mit der Insel zusammenhängt, und bei denen man so richtig seine Erfahrungen raushängen lassen kann.«
    »Ja, deine Erfahrungen«, nickte ich.
    Ich blickte in die ziehenden Wolken und hörte ihr weiter zu.
    »Es kann dir passieren, daß du heute mit jemandem sprichst, und morgen steht derselbe Mensch neben dir im Laden und guckt durch

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