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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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Feinde. Früher hatte Gehrke in derselben Haltung und mit fast denselben Handbewegungen sein Geld verdient; heute gab er es aus, das war der einzige Unterschied.
    Seltsam, ansonsten fiel es mir nicht schwer, seiner philosophischen Erkenntnis beizupflichten, die da lautete: »Mit Maloche biste angeschmiert, ohne auch.«
    »Ja. Und sonst?« Ich fragte nach Freunden.
    Die hatte er nicht, nur ehemalige Arbeitskollegen. Wir näherten uns dem von mir angepeilten Thema.
    Während er so vor sich hin daddelte, erzählte er von dem Tag, an dem Jan Wieczorek verunglückte.
    »Nee, gesehen hab ich nichts. Es war in der Pause, und kurz vorher hatten sie mich mit Sprechfunk angepiepst, mit meiner Frau sei was passiert. Ich also runter vom Bock und rein in die Kneipe an der Ecke, wo einer vom Bethesda angerufen hatte. Der Typ am Telefon quakt auch noch so blöd, erzählt lang und breit, daß sich die meisten Unfälle im Haushalt abspielen und daß es meiner Frau ganz schlecht gehe. Und dann stellt sich heraus, daß es eine Verwechslung war. Ganz schön sauer war ich, denn die Pause war flöten gegangen und überhaupt. Die Sache mit dem Jan Witsch, daß der in der Zwischenzeit abgestürzt war, habe ich erst hinterher erfahren. Echt Scheiße, war kein schlechter Kumpel.«
    Ich nahm Gehrke die Schilderung ab. Nur aus der Gewohnheit heraus, Aussagen immer gegenzuprüfen, ließ ich mir den Namen der Kneipe geben.
    »Einfach Eckstübchen, ist leicht zu behalten«, sagte er, nahm einen Schluck aus der Cola-Flasche und warf Münzen nach.
    Draußen atmete ich auf. Qualm und Geräuschmüll der Spielhölle lagen hinter mir. Durch die offene Tür tönte Beethovens Freude, schöner Götterfunken… auf einem elektronischen Kamm geblasen. Es war die Erkennungsmelodie für ein Freispiel und klang noch grausamer als das übliche Heulen, Rattern, Fiepen und Jaulen der Automaten.
    Als ich meinen schmutziggrauen Kombi zur Straßenmitte lenkte, löste sich ein anderes Auto aus einer Parkbucht. Es war ein mausgrauer Kombi, also einer jener verdammt unauffälligen Wagen, wie ihn gemeinhin Metzgermeister und schlechtbezahlte Ermittler fuhren, nur eben eine Klasse besser; denn er hatte das BMW-Emblem auf der Haube.

39.
     
     
     
    Alles mußten sie einem nachmachen, nichts Schöpferisches in den Kerlen, egal, von welcher Seite sie auch waren. Ob Unterwelt oder Oberwelt, große Firma, das hieß viel Material, aber wenig Grips. Jetzt erwartete man von mir, einem kleinen Selbständigen, daß ich sie zu den fetten Weiden führte. Wie käme ich denn dazu!
    Ich drückte das Gaspedal durch. Nicht, um ihnen zu entkommen, nein, ich wollte es meinen Verfolgern nur ein bißchen reizvoller gestalten. Zu meinem eigentlichen Ziel, der Kneipe Eckstübchen, würde ich eben ein andermal fahren.
    Ihre Gesichter konnte ich nicht erkennen, sah nur, daß der Beifahrer in ein Telefon sprach. Das taten sie immer, das taten sie alle, um hinterher, wenn etwas schief gelaufen war, die Schuld verteilen zu können.
    Bei der Metzgerei Muth kaufte ich zwei Zungen, eine kiloschwere vom Rind und eine kleine vom Schwein. Ich verließ den Laden und blickte mich um, betont unauffällig.
    Das Verfolgerauto parkte halb auf dem Gehweg. Der Fahrer saß allein darin, und ein Rauchwölkchen am Auspuff zeigte an, daß er startbereit war. Sein Partner stand vor einer Zoohandlung und zählte die weißen Mäuse, immer wieder; er ging sogar in die Hocke und klopfte gegen die Scheibe, um ein schlappohriges Kaninchen auf sich aufmerksam zu machen. Aha, verdeckte Ermittlung, Modell tierliebender Passant. Wirklich rührend! Ich überlegte, wie lange der Tierliebhaber zögern würde, um einem Menschen eine Kugel aufs Fell zu brennen.
    Auf dem Weg zu meinem Kombi blieb ich am Verfolgerwagen stehen und grinste ins offene Seitenfenster. »Hier, das ist für Sie und Ihren Kollegen.«
    Er faßte reflexartig zum Hosenbund, besann sich und riß nur die Augen auf. Ich überreichte ihm die eingepackte Schweinezunge. Beherrscht legte er das schwabbelige Paket neben sich auf einer Zeitung ab. Sein Kiefer mahlte. Ich wußte, was in ihm vorging, hatte ja schließlich die gleichen Seminare mitgemacht. Nur nicht provozieren lassen, lautete ein Lehrsatz der Polizeiführungsakademie. Die hier waren vom LKA, das war mir jetzt klar. Ein örtlicher Kripobeamter hätte anders reagiert, ein Syndikatsknecht erst recht. Letzterer hätte zumindest versucht, mir mit einer Stahlrute das Handgelenk zu zerschmettern. Mein Verfolger

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