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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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Schultern und war sicher stark, aber nicht so stark, wie er sich fühlte. Er hatte die harten, knorrigen Hände eines Boxers, Haare wie Messingspäne mit einem Stich ins Rote. Er ging in die Hocke und lästerte: »Sollen die Absätze dich größer machen, oder wat?«
    Wenn ich jetzt ein Knie hochriß, konnte ich dem Spuk ein Ende bereiten, mit ihm. Aber die anderen? Kraft schien Ekki zu haben, die Frage war nur, wie schnell er war. Er trug ein bedrucktes Unterhemd und Sprinterhosen, die er weit über seinen Bauch gezogen hatte. Ich hoffte, daß der weiteste Weg, den er regelmäßig sprintete, der von seiner Haustür zur Kneipe war.
    Seine Zechkumpane feixten. Ring frei, dabei sein ist schön, mitmachen noch schöner.
    »Die Jungs wollen Sie nur ein bißchen necken. Geben Sie eine Lokalrunde, und Sie haben neue Freunde«, versuchte der Wirt zu schlichten und ganz nebenbei seinen Umsatz zu heben.
    Ich hatte mit einem alten Kumpel schon Ärger genug, ich suchte keine neuen Freunde. Aber eine Kneipenschlägerei mit zweifelhaftem Ausgang wollte ich auch nicht. Die Schmiere draußen wartete nur darauf, mich unter irgendeinem Vorwand festzunehmen. »Okay, Lokalrunde«, brummte ich.
    »Dat erste anständige Wort, dat ich von dir höre, Sportsfreund«, tönte Ekki.
    Er blickte sich im Kreis um, erwartete nun Beifall, sah aber nur Enttäuschung in den Augen der Zecher. Bier gab es alle Tage, aber eben keine Keilerei. Ekki versuchte sein Ansehen aufzupolieren. Er trat an meine Seite und zeigte, indem er Daumen und Zeigefinger in die Spanne nahm, wie er mich einschätzte: »Jetzt biste so klein mit deinen hohen Absätzen, so klein. Warum nicht gleich so, bist doch ‘n Arsch, kommst in unsere Stammkneipe und machst Stunk. Bist gar kein Polyp, stimmt’s oder hab ich recht?«
    Der Wirt zapfte; die Jungs kriegten wieder diesen Ausdruck, wie man ihn in den Gesichtern der Fußballanhänger vom Fanblock Nordkurve sieht, wenn der Gegner umgenietet worden ist und sich wieder aufrappelt. Hoffentlich wehrt er sich noch ein bißchen, hoffentlich!
    »Stimmt genau«, sagte ich. »Sie haben mich durchschaut. Denn eigentlich wollte ich nur eine Sch-hachtel Prä-häser ziehen, und weil das zu blöd ist, kam ich auf die Idee mit dem Foto. Und jetzt muß ich los, die Kleine auf meinem Wasserbett wartet. Darf ich mal?«
    Ich schob mich an ihm vorbei zur Tür mit der Aufschrift Herren.
    Die Kumpane kicherten. »Jetzt verarscht er aber dich ganz schön, Ekki«, hetzten sie.
    »Der mich? Aber nur einmal in seinem Leben. Hör zu, du Penner. Von wegen P-p-präser ziehen, du willst dich verdrücken, ab durch den Hinterausgang, wat?«
    Er kam mir nach.
    »Komm raus da, oder ich klopp dir die Scheiße aussm Leib!«
    Er war immer noch der Meinung, ich wollte kneifen. Daß ich nur nicht verlieren wollte, darauf kam er nicht. Als er seinen Irrtum erkannte, war es zu spät.
    Ich knallte ihm die angelehnte Klotür vor die Stirn. Er taumelte zurück, und ich hatte Zeit, ihm die Faust in den Magen zu rammen. Sein Kopf kam runter, mein Knie zuckte hoch. Der Zusammenprall, obwohl durch seine Nase weich abgebremst, war heftig. Er krachte mit dem Kreuz gegen ein Wandbecken, blähte die Backen, und ein Strahl von Bier und Essensresten platzte aus seinem Gesicht.
    Wie sich das so gehört, hatten die Jungs an der Theke mit dem Antrinken gewartet.
    »Prost schon mal«, sagte ich. »Dem Ekki ist schlecht geworden.«
    Ich nickte meinen neuen Freunden zu und bezahlte die Runde – wie sich das gehört in einer gemütlichen Eckkneipe.

45.
     
     
     
    Erst die angewiderten Mienen einiger Passanten machten mich darauf aufmerksam, daß auch ich etwas abgekriegt hatte. Meine Hände waren mit Rotz und Blut aus Ekkis Nase verschmiert. Im Dämmerlicht der Kneipe war mir das entgangen. Ich steckte die Hände in die Hosentaschen, markierte den bummelnden Spaziergänger. Dennoch erntete ich weiterhin mißbilligende Blicke.
    Ich fragte mich, warum? Bis mir dann in einer spiegelnden Schaufensterscheibe die hellen Stippen auf meiner dunklen Jacke auffielen. Die Soleireste, die Ekki mir angespuckt hatte, konnte ich schnell abwischen, aber die Flecken auf der Jacke blieben, auch die im Schritt meiner hellen Leinenhose. Auf einmal kam mir der Weg bis zum Stellplatz meines Wagens endlos vor. Ich fühlte mich von den Landesbullen beobachtet, die ihre Nachtgläser so scharf einstellen konnten, daß ihnen nicht der kleinste Kotzbrocken auf meinen Klamotten entging.
    Interessant war ich auch

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