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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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jetzt, siebzehn Jahre später, war dieser unglückliche Umstand ein glücklicher, denn Ni Wayan Laksmi und Herbert konnten sich unterhalten und einander ihre Liebe gestehen.
    Anschließend erbat sich Herbert von Allan die Hälfte der Dollars, die sie von Mao Tse-tung erhalten hatten. Damit suchte er Ni Wayan Laksmis Vater auf und hielt um die Hand seiner Tochter an. Der Vater glaubte zunächst an einen Scherz. Da kam so ein Ausländer daher, ein Weißer, ein bule mit den Taschen voller Geld, und bat um die Hand seiner mit Abstand dümmsten Tochter. Dass er überhaupt an diese Tür klopfte, grenzte an eine Sensation. Ni Wayan Laksmis Familie gehörte nämlich der Kaste der sundra an, der untersten der vier Gesellschaftsschichten auf Bali.
    »Sind Sie wirklich richtig hier?«, fragte der Vater. »Und Sie meinen wirklich meine älteste Tochter?«
    Herbert Einstein erwiderte, er bringe ja gerne mal was durcheinander, aber diesmal sei er sich seiner Sache absolut sicher.
    Zwei Wochen später wurde Hochzeit gefeiert, nachdem Herbert konvertiert war zu … irgendeiner Religion, deren Namen er schon wieder vergessen hatte. Aber sie war ganz lustig, mit Elefantenköpfen und all so was.
    Ein paar Wochen versuchte Herbert, den Namen seiner neuen Frau zu lernen, aber schließlich gab er es auf.
    »Liebling«, sagte er, »ich kann mir einfach nicht merken, wie du heißt. Wärst du sehr böse, wenn ich dich stattdessen Amanda nenne?«
    »Überhaupt nicht, lieber Herbert. ›Amanda‹ klingt wunderschön. Aber warum ausgerechnet ›Amanda‹?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Herbert. »Hast du einen besseren Vorschlag?«
    Den hatte Ni Wayan Laksmi nicht, also hieß sie von Stund an Amanda Einstein.
    Die beiden kauften sich ein Haus in dem kleinen Ort Sanur, nicht weit von dem Hotel und dem Strand, an dem Allan seine Tage verbrachte. Amanda hängte die Kellnerei an den Nagel, denn sie meinte, früher oder später würde man sie sowieso feuern, weil sie im Grunde immer alles verkehrt machte. Jetzt brauchten sie nur noch eine Idee, was Herbert und sie in Zukunft machen wollten.
    Wie Herbert brachte auch Amanda gern alles durcheinander, was man durcheinanderbringen konnte. Aus links wurde rechts, aus oben wurde unten, aus hier wurde dort … Daher hatte sie nie eine Ausbildung erhalten, denn dafür wäre es ja zumindest erforderlich gewesen, regelmäßig zur Schule zu finden.
    Doch jetzt hatten die beiden ja einen Riesenhaufen Dollahs , da würde bestimmt alles in Ordnung kommen. Sie mochte ja schrecklich unintelligent sein, erklärte sie ihrem Mann, aber blöd war sie nicht!
    Dann erzählte sie, dass in Indonesien grundsätzlich alles käuflich sei, und das sei sehr praktisch, wenn man Geld habe. Herbert verstand nicht recht, was seine Frau meinte, und da sie nur zu gut wusste, wie es ist, wenn man nichts versteht, erklärte sie ihm die Sache nicht näher, sondern sagte nur:
    »Sag einfach irgendwas, was du dir wünschen würdest, lieber Herbert.«
    »Wie meinst du das? Du meinst … zum Beispiel Auto fahren können?«
    »Genau«, meinte Amanda.
    Dann entschuldigte sie sich, sie habe das eine oder andere zu erledigen. Aber sie wolle vor dem Abendessen zurück sein.
    Drei Stunden später war sie wieder zu Hause. Sie brachte einen Führerschein mit, der auf Herberts Namen ausgestellt war, doch nicht nur das. Sie drückte ihm auch noch ein Diplom in die Hand, das Herbert als geprüften Fahrschullehrer auswies, sowie den Kaufvertrag für die soeben erworbene Fahrschule, der sie gleich einen neuen Namen verpasst hatte: Firma Einstein – Führerscheinschule .
    Das fand Herbert natürlich alles ganz großartig, aber … deswegen konnte er doch jetzt nicht besser Auto fahren, oder? Doch, in gewisser Weise eben schon, meinte Amanda. Denn jetzt sei er nämlich in der Position, selbst zu bestimmen, was gut Auto fahren bedeutete. So war es eben im Leben: Richtig war nicht unbedingt das, was richtig war , sondern das, was von der maßgeblichen Person für richtig erklärt wurde.
    Da hellte sich Herberts Miene auf. Er hatte es verstanden!
    Die Führerscheinschule Einstein wurde ein voller Erfolg. Fast alle Inselbewohner, die den Führerschein machen wollten, nahmen Unterricht bei dem sympathischen Weißen. Und Herbert wuchs bald in seine Rolle hinein. Die Theoriestunden hielt er selbst: Da erklärte er freundlich, aber bestimmt, dass man zum Beispiel nicht zu schnell fahren sollte, weil man sonst leicht mal einen Unfall baute. Doch zu langsam dürfe

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