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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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fliehen. Die bis dahin so beliebte Gouverneurin traf keine bemerkenswerten Entscheidungen. Sie begriff nicht mal, dass sie eine ganze Reihe von Entscheidungen hätte treffen müssen.
    Allmählich beruhigte sich der Vulkan wieder, doch die Insel war ökonomisch wie politisch aus dem Gleichgewicht geraten – wie der ganze indonesische Staat. In Jakarta übernahm Suharto das Amt von Präsident Sukarno, und der neue Führer des Landes hatte bestimmt nicht vor, politische Entartungen mit Glacéhandschuhen anzufassen, wie es sein Vorgänger getan hatte. Das hieß, dass er die Hatz auf Kommunisten eröffnete, auf mutmaßliche Kommunisten, mögliche Kommunisten, ganz eventuelle Kommunisten und den einen oder anderen Unschuldigen. Bald waren zwischen zweihunderttausend und zwei Millionen Menschen tot; diese Schätzungen waren allerdings sehr ungenau, weil viele ethnische Chinesen ganz einfach aus Indonesien ausgewiesen wurden, weil man sie von vornherein als Kommunisten abstempelte. Wenn sie dann in China ankamen, wurden sie natürlich als Kapitalisten behandelt.
    Als sich die Rauchwolke gelegt hatte, äußerte bestimmt kein einziger der zweihundert Millionen Einwohner des Landes mehr kommunistische Ideen (das war zur Sicherheit auch gleich für illegal erklärt worden). Daraufhin betrachtete Suharto seine Mission als erledigt und lud die USA und andere westliche Staaten ein, an den Reichtümern des Landes teilzuhaben. Das brachte die Wirtschaft in Schwung, den Leuten ging es besser, und am besten von allen ging es Suharto, der bald unendlich reich war. Keine schlechte Leistung für einen Soldaten, der seine militärische Karriere mit dem Schmuggel von Zucker begonnen hatte.
    Amanda Einstein wollte das Gouverneursamt einfach nicht mehr so viel Spaß machen wie früher. Ungefähr achtzigtausend Balinesen hatten bei den eifrigen Bestrebungen der Regierung in Jakarta, den Bürgern falsche Gedanken auszutreiben, ihr Leben lassen müssen.
    In dieser chaotischen Phase ging Herbert in Rente, und Amanda zog es ebenfalls in Erwägung, obwohl sie erst knapp dreiundvierzig war. Der Familie gehörten ja Grundstücke und Hotels, und der Riesenhaufen Dollahs , der den Wohlstand der Familie überhaupt erst möglich gemacht hatte, hatte sich in einen noch größeren Riesenhaufen Dollahs verwandelt. Da konnte man sich doch ebenso gut zur Ruhe setzen. Aber was sollte sie nun mit ihrer Zeit anfangen?
    »Was halten Sie davon, indonesische Botschafterin in Paris zu werden?«, fragte Suharto sie geradeheraus, als er sich am Telefon bei ihr vorgestellt hatte.
    Er war im Bilde über Amanda Einsteins Arbeit auf Bali und ihr resolutes Kommunistenverbot. Außerdem strebte er ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen bei der Besetzung der Spitzenpositionen in den ausländischen Botschaften an (wenn Amanda Einstein annahm, wäre das Verhältnis vierundzwanzig zu eins).
    »Paris?«, wiederholte Amanda Einstein. »Wo ist das denn?«
    * * * *
    Allan dachte, dass der Vulkanausbruch von 1963 vielleicht ein Wink des Schicksals war, langsam doch aufzubrechen. Doch als die Sonne wieder hinter den Aschewolken zum Vorschein kam, war im Grunde alles wie vorher (nur dass jetzt aus irgendeinem Grund ein Bürgerkrieg auf den Straßen tobte). Wenn das Schicksal sich nicht deutlicher äußern konnte, dann war es selbst schuld. Und so blieb Allan noch ein paar Jahre auf seinem Liegestuhl liegen.
    Dass er zum Schluss doch packte und aufbrach, war Herberts Verdienst. Eines Tages erzählte er ihm, dass Amanda und er nach Paris ziehen würden, und wenn Allan mitkommen wolle, würde ihm sein Freund einen falschen indonesischen Pass besorgen (als Ersatz für den falschen britischen, der inzwischen abgelaufen war). Außerdem würde die designierte Botschafterin ihm eine Anstellung in der Botschaft besorgen. Es sei zwar nicht nötig, dass Allan arbeitete, aber wenn er keine offizielle Beschäftigung habe, könne es sein, dass die Franzosen sich ganz schön anstellten. Die schauten nämlich genau hin, bevor sie jemanden ins Land ließen.
    Allan nahm dankend an. Mittlerweile hatte er sich auch genug ausgeruht. Paris klang nach einem ruhigen, stabilen Fleckchen, ohne solche Krawalle, wie sie in letzter Zeit auf Bali gewütet hatten, sogar in der Nähe von Allans Hotel.
    Die Abreise erfolgte schon zwei Wochen später. Amanda trat ihren Dienst in der Botschaft am 1. Mai an.
    Man schrieb das Jahr 1968.

21. KAPITEL
Donnerstag, 26. Mai 2005
    Per-Gunnar Gerdin

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