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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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auf und stellte fest, dass er schlechte Laune hatte. Wenn ein alter Mann verschwand, ob nun vorsätzlich oder nicht, war das nicht die Art Fall, mit dem sich jemand mit dem beruflichen Profil des Kommissars befassen sollte.
    Aronsson duschte, zog sich an und ging ins Erdgeschoss in den Frühstücksraum des Hotels Plevnagården. Dabei lief ihm die Empfangsdame über den Weg, die ihm das Fax in die Hand drückte, das am Vorabend gekommen war, kurz nachdem die Rezeption geschlossen hatte.
    Eine Stunde später sah Kommissar Aronsson den Fall schon mit ganz anderen Augen. Im ersten Moment war noch nicht sicher, ob das Fax von der Notrufzentrale der Landespolizei wirklich aussagekräftig war, aber als Aronsson im Reisezentrum bei einem totenblassen Ronny Hulth auftauchte, dauerte es nur ein paar Minuten, bis der Mann zusammenbrach und erzählte, was ihm widerfahren war.
    Kurz darauf kam ein Anruf aus Eskilstuna. Die Sörmländer Verkehrsgesellschaft in Flen hatte soeben festgestellt, dass seit gestern Abend ein Bus fehlte. Außerdem solle Aronsson eine gewisse Jessica Björkman anrufen, die Freundin eines Busfahrers, der offenbar entführt, dann aber wieder freigelassen worden war.
    Kommissar Aronsson fuhr zurück ins Hotel, um bei einer Tasse Kaffee seine neuesten Erkenntnisse zusammenzufassen. Während er überlegte, notierte er seine Gedanken:
    Ein älterer Herr, Allan Karlsson, verlässt sein Zimmer im Altersheim, kurz bevor im Gemeinschaftsraum sein hundertster Geburtstag gefeiert werden soll. Karlsson ist oder war in bemerkenswert guter Verfassung für sein Alter. Dafür gibt es eine Reihe von Beweisen, z.B. die Tatsache, dass es ihm gelungen ist, aus einem Fenster zu klettern – das heißt natürlich, falls er nicht Hilfe von außen hatte, aber spätere Beobachtungen deuten darauf hin, dass er komplett auf eigene Faust handelte. Des Weiteren bezeugt die Krankenschwester und Heimleiterin Alice Englund: » Allan ist zwar alt, aber er hat es faustdick hinter den Ohren. Der weiß sehr genau, was er tut, das können Sie mir glauben .«
    Der Spürhund hat angezeigt, dass Karlsson zunächst eine Weile in einem Stiefmütterchenbeet herumtrampelte, um dann durch die Gemeinde Malmköping zu laufen und irgendwann in den Wartesaal des Reisezentrums, wo er, nach Angaben des Zeugen Ronny Hulth, direkt an Hulths Schalter trat beziehungsweise schlurfte. Dem Beamten fielen Karlssons kleine Schritte auf – und dass Karlsson Pantoffeln statt Schuhe trug.
    Hulths weitere Aussage deutet darauf hin, dass Karlsson eher auf der Flucht war und kein bestimmtes Reiseziel im Sinn hatte. Er wollte rasch aus Malmköping verschwinden, Richtung und Fahrtziel schienen von untergeordneter Bedeutung.
    Diese Angaben werden von einer Jessica Björkman bestätigt, der Freundin des Busfahrers Lennart Ramnér. Der Fahrer selbst konnte bis jetzt noch nicht vernommen werden, dazu hat er zu viele Schlaftabletten genommen. Doch Frau Björkmans Aussage klingt ganz vernünftig. Karlsson hatte von Ramnér eine Fahrkarte gekauft, indem er eine bestimmte Geldsumme hinlegte, statt ein konkretes Ziel zu nennen. So wurde Byringe Bahnhof aus purem Zufall das Fahrtziel. Es wurde aus purem Zufall das Fahrtziel . Es gab also keinen Grund zu der Annahme, dass dort irgendjemand oder -etwas auf Karlsson wartete.
    Doch zu der Geschichte gehört ein weiteres Detail. Der Schalterbeamte Hulth hat zwar nicht gesehen, ob Karlsson tatsächlich einen Koffer entwendet hat, bevor er den Bus nach Byringe bestieg, aber wenig später wusste er Bescheid, weil nämlich ein mutmaßliches Mitglied der kriminellen Organisation Never Again gewalttätig gegen ihn wurde.
    In der Erzählung, die Jessica Björkman aus ihrem zugedröhnten Freund herausgekitzelt hat, kam zwar kein Koffer vor, aber das Fax aus der Notrufzentrale bestätigt, dass Karlsson dem Never-Again -Mitglied höchstwahrscheinlich den Koffer gestohlen hat – so unglaublich das auch klingen mag.
    Die weitere Erzählung der Freundin sowie das Fax aus Eskilstuna legen die Vermutung nahe, dass zunächst Karlsson in Byringe Bahnhof ausstieg, nämlich um 15.20 Uhr plus minus ein paar Minuten, und ungefähr vier Stunden später das Never-Again -Mitglied, um den Weg mit unbekanntem Ziel fortzusetzen. Ersterer hundert Jahre alt, mit einem Koffer im Schlepptau, Letzterer circa siebzig bis fünfundsiebzig Jahre jünger.
    Kommissar Aronsson klappte seinen Notizblock zu und trank den letzten Schluck Kaffee. Es war 10.25 Uhr.
    »Auf

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