Der Hundertjaehrige Krieg
der Seite Clemens’ VII. stehen sollten, drang das mehrere tausend Mann starke englische Heer im Mai 1183 von Calais kommend in Flandern ein, durchzog als Vorhut des geplanten großen Feldzuges die gesamte Küstenregion und belagerte Ypern. Der Graf von Flandern war sehr überrascht, sich plötzlich im Krieg mit Richard II. zu sehen, und wandte sich um Hilfe an den Hof Karls VI., mithin an den Herzog von Burgund. Als dieser am 15. August eine große Armee schwerer Reiter und Fußkämpfer bei Arras zum Gegenstoß versammelte, zogen sich die Invasoren zurück, und der englische Hof gab den Feldzugsplan bald danach endgültig auf. Verhandlungen führten zu einem kurzen Waffenstillstand, der vom 26. Januar 1384 bis zum 1. Mai 1385 dauern sollte.
Unmittelbar nach Ablauf dieser Frist stellte die französische Regentschaft zwei Landungsarmeen zum Angriff auf England bereit. Olivier de Clisson sollte aus dem Mündungsgebiet der Themse nach London vorstoßen, der Admiral Jean de Vienne von Schottland her angreifen. Beides scheiterte schon im Ansatz an der schwachen Unterstützung durch die verbündeten Flandrer und Schotten, so daß Clisson gleich auf dem Kontinent blieb; Jean de Vienne kam immerhin über See, aber seine Aktionen in der Grafschaft Durham waren unbedeutend und provozierten lediglich einen kräftigen englischen Gegenfeldzug nach Schottland, der zur Einnahme Edinburghs führte.
Die englische Regentschaft nutzte die Lage nicht, vielmehr verließ Herzog Johann von Lancaster England im Mai 1386 und begab sich nach Spanien, um seinen Anspruch auf den kastilischen Königsthron zu verfechten, den er durch seine Ehe mit der Tochter des 1366 von Du Guesclin gestürzten Königs Peter I. erworben zu haben glaubte. Weil er dafür Truppen mit sich führte, schwächte er die Verteidigungsbereitschaft der Insel, so daß der französische Hof im Spätsommer des Jahres wiederum eine Flotte von mehreren hundert Schiffen versammelte, mit denen eine Armee von 15.000 schweren Reitern und Fußtruppen über den Kanal gebracht werden sollte, dazu eine kleine Festung aus hölzernen Fertigteilen zur Sicherung des ersten gewonnenen Brückenkopfes. Ehe jedoch der Planungsstab alle Bedenken gegen das Unternehmen zerstreut und die Vorbereitungen abgeschlossen hatte, waren die Herbststürme gekommen, und die Invasion mußte auf das folgende Jahr verschoben werden. Diesmal sollte sie von Harfleur an der Seinemündung ausgehen, aber der als Oberbefehlshaber vorgesehene Olivier de Clisson geriet in die Gefangenschaft Herzog Johanns
IV.
von Bretagne, und es gab offenbar niemanden, der ihn ersetzen konnte.
In diesen Jahren nutzte der Herzog von Burgund nicht nur die finanziellen und militärischen Mittel der Krone für eigene Zwecke, sondern traf auch folgenreiche Entscheidungen über die persönlichen Verhältnisse des Königs. Auf Veranlassung Philipps des Kühnen heiratete Karl VI. im Juli 1385 Elisabethvon Bayern-Ingolstadt aus dem Haus Wittelsbach, das auch im Hennegau und in Holland regierte, so daß der Herzog hoffen konnte, mit
Isabeau de Bavière
als Königin von Frankreich eine Stütze für seine eigene Herrschaft in den Niederlanden zu bekommen und gleichzeitig die Ehe der Tochter Kaiser Karls IV. mit Richard II. politisch zu neutralisieren. In der Annahme, Isabeau werde ein williges Werkzeug seiner niederländischen Expansionspolitik werden, sollte Philipp der Kühne sich allerdings täuschen. Gegen seinen übermächtigen Einfluß regte sich Widerstand, der in erster Linie vom Connétable Olivier de Clisson und Karls jüngerem Bruder Ludwig ausging, die so energisch auf selbständige Herrschaft des Königs drängten, daß Karl VI. Ende Oktober 1388 den Regentschaftsrat auflöste. Für vier Jahre kamen die alten Berater Karls V. zurück und arbeiteten an einer Reform des Steuerwesens, aber im Sommer 1392 stürzte die französische Monarchie in eine Katastrophe, die sie für Jahrzehnte lähmen und den weiteren Verlauf des Krieges bestimmen sollte.
Am 5. August 1392 brach Karl VI. unter dem ersten Schub einer bis heute medizinisch nicht sicher bestimmten Geisteskrankheit zusammen, die ihn periodisch regierungsunfähig machte, aber immer wieder von Zeiten klaren Bewußtseins unterbrochen wurde. Deshalb setzte man den physisch gesunden, hochtrainierten und noch dreißig Jahre lebenden König nicht ab, aber die Herrschaft der Herzöge begann aufs neue, und diesmal nahm Karls Bruder Ludwig, seit kurzem Herzog von
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