Der Hurenkiller - Teil 1
Erwartungen jeden Tag
ansahen. Seit einigen Wochen schaffte er es kaum mehr morgens aufzustehen, und
Frühstück für die Kinder zu machen. Sein Leben wirkte tonnenschwer, reizlos und
verwirkt.
Er stand
noch ein paar Augenblicke regungslos mitten im Zimmer und schaute auf die
Fotos. Es hatte nie glücklichere Tage in seinem Leben gegeben - das war klar
für ihn. Jetzt aber ging er zu Lauras Bett zurück und zog das lange Messer aus
ihrer Brust heraus. Er hatte sie, ganz warm und verschlafen, noch kräftig
gedrückt, bevor er ihr mit einer kurzen Bewegung das Messer in ihre kleine,
zarte Brust gestoßen hatte. Der Tod kam für sie innerhalb weniger Augenblicke.
Schlaff und kraftlos ließ er sie danach auf ihr Bett sinken und freute sich
über ihr friedliches Gesicht. Gelitten hatte sie in keinem Fall - und das war
gut so. Was ihr erspart bliebe, das konnte weder Thomas sagen noch sonst jemand.
Zufrieden
schaute er ein letztes Mal zu Laura und sah im Halbdunkel ihr zartes Gesicht,
das in diesem Licht sogar noch lebendig wirkte. Nebenan lag Lisa. Auch sie
hatte es nicht verdient, weiterhin in Armut leben zu müssen.
Kapitel 32
Schon
auf dem Weg zum Revier klingelte Wegners Telefon am nächsten Tag.
»Morgen
Manfred«, es war Hauser in ersticktem Tonfall, »... es ist wieder Eppendorf ...
wäre schön, wenn du direkt rüberkommst.« Seine Stimme klang nach unterdrückten
Tränen.
»Es ist
doch nicht schon wieder ein Hurenkiller, oder?«
»Viel
schlimmer!«
Wegner
atmete nur schwer.
»Zwei
tote Kinder ... der Vater ist auf der Flucht.«
»Ich bin
auf dem Weg ... trink erst einmal einen Kaffee, Stefan.«
Wenn man
Wegner fragte, was in seinen Augen der schlimmste Teil seiner Arbeit sei, dann
waren es die Momente, wo Kinder Opfer oder Beteiligte der Taten waren. Als er
aus dem Auto stieg, kamen ihm bereits zwei Leichenträger mit einem kleinen Sarg
entgegen. Der Anblick allein reichte schon aus, um seinen Blick zu
verschleiern. Er blieb noch einen kurzen Augenblick vor der Haustür stehen und
sog die frische kalte Morgenluft in seine Lungen. Hier würde es nichts zu
ermitteln geben. Keine überraschende Wendung war in einem solchen Fall zu erwarten.
Ein Vater war durchgedreht und hatte im Wahn seine beiden Kinder ermordet. Was
gab es da noch zu fragen?
Als er
drei Stockwerke höher vor der Wohnungstür stand, kämpfte er bereits mit
einsetzender Atemnot. Er gestattete sich selbst nicht, ausgerechnet in diesem
Moment an den Sex mit Vera zu denken, aber dieser war dafür verantwortlich,
dass ihn seine Kondition hier abrupt verließ.
Uniformierte
standen vor der offenen Tür und schauten Wegner nur traurig an, als dieser sich
seinen Weg in die Wohnung bahnte. Hauser diskutierte mit einem Mann von der
Spurensicherung und sah dabei aus, als ob der Tod selbst ihm in der letzten
Nacht nur noch ein paar Tage Verlängerung gewährt hätte.
»Manfred«,
flüsterte er, »ich wollte nur, dass du dir auch ein kurzes Bild vom Tatort
machst.«
»Das
Meiste hab` ich schon gesehen ... haben wir den Vater schon?«
Nur ein
müdes Kopfschütteln brachte Hauser zustande.
Zurück
auf dem Revier herrschte eine bedrückende Stille. Keiner wollte etwas sagen.
Jeder der Beamten wirkte wie betäubt. Es kam nur sehr selten vor, aber immer
dann, wenn es um Kinder ging, war es besonders schlimm. Viele der Kollegen
hatten selbst noch kleine Kinder oder war froh darüber, dass die Küken bereits
flügge geworden waren. Der Tod allerdings zerstörte alles und wirkte damit so
endgültig, dass es auch den abgebrühtesten Polizisten den Atem verschlug.
Hausers
Telefon klingelte. Nach einer halben Minute legte er wieder auf und atmete
schwer.
»Was
ist?«, wollte Wegner wissen.
»Sie
haben den Vater gefunden.«
»Und -
wo ist er. Haben sie ihn verhaftet?«
»Er hat
sich im Archiv seines früheren Arbeitgebers aufgehängt ... zum Verhaften gibt
es da nix mehr ...«
»So ein
blödes Schwein«, polterte Wegner haltlos, »erst bringt der seine Kinder um und
dann hängt die feige Sau sich auf!«
Hauser
schaute ihn an und schüttelte nur träge mit dem Kopf. »Sag mal, bist du von
allen guten Geistern verlassen, Manfred?!« Jetzt schrie er sogar. »Nicht jeder
ist als Sohn von Kapitän Wegner mit einem goldenen Löffel im Arsch zur Welt
gekommen!« Puterrot lief Hauser nun an. »Du kennst doch Armut oder Verzweiflung
nur aus dem Fernsehen. Du hast doch nie eine weinende Mutter getröstet, die
nicht wusste, was sie dir am nächsten
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