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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sah zu dem dunstigen blaßblauen Himmel hoch. Gefährlich? Fabien hatte ja recht. Nie würde sie die Sekunde vergessen, als dieses Felsenungetüm an ihr vorbei den Hang hinabdonnerte. Das war keine normale Sprengung gewesen – die wollten sie umbringen. Auch Charlie hatte gesagt, daß sie von den Fotografien wüßten. Doch wie? Durch wen?
    »Ich bleibe in meinem Appartement, Fabien. Auch Charlie meint das.«
    Wieder schüttelte er den Kopf.
    Und dann ergriff er hart und schmerzhaft Régines Handgelenk. Sie blickte in sein blasses, ausgezehrtes Gesicht, dachte an all das, was sie wußten oder nur ahnten, an die Toten dachte sie und daran, was Charlie gestern gesagt hatte: »Dahinter steckt die Mafia-Krake! Das Wort hab ich mal gelesen, und es ist verdammt zutreffend. Überall haben diese Kraken-Killer ihre dreckigen Finger drin, aber keiner kann an sie ran. Nicht mal bei der Polizei kommst du weiter. Und die Presse? Ja, von wegen! Diesen Ricard hab ich gestern wieder angerufen. Zum dritten Mal – bis nach Paris. Der Herr ist auf einer Konferenz … Wo sonst? Ich hab meine Nummer bei der Sekretärin hinterlassen, ich hab gesagt, es sei lebenswichtig und dazu noch eine Wahnsinns-Story, und er soll mich dringend zurückrufen. Von wegen! Nichts!«
    Auch Régine umklammerte Fabiens Hand, drückte sie und versuchte, ihrem Gesicht etwas wie Zuversicht zu geben.
    »Du-du ko-ko-kommst?«
    Sie nickte. Ein oder zwei Nächte würde sie oben verbringen. Nicht mehr. Fabien brauchte sie, sie spürte es.
    Gegen fünf Uhr an diesem Sonntag, der Abend begann bereits den Himmel mit seinem Flamingorot zu überziehen, gingen sie von der Höhle über ihren Geheimpfad durch den Wald zu der Stelle hinunter, an der sie immer saßen. Alles war friedlich, niemand zu sehen. Kein Maschinenkrach, keine Arbeiter, kein Dieselgestank. Der Hang lag so still, daß man das Zwitschern der Vögel hörte und sich an die Illusion klammern konnte, nichts sei geschehen, und alles wäre wie früher.
    Fabien faßte Régine am Arm. Sie blieb stehen. Er zog sie hinter die Steine. Er nahm das Fernglas seines Vaters, das er hier oben am Col ständig mit sich herumschleppte, und setzte es an die Augen.
    Nun sah auch Régine den Mann.
    Er war gar nicht weit entfernt, keine siebzig Meter, vielleicht weniger, und auch er saß da, das Gesicht den Mauern zugewandt, die auf dem Klinikgelände errichtet waren.
    Fabien drückte Régine das Fernglas in die Hand. Nun konnte sie das Gesicht des Mannes deutlich erkennen. Ziemlich blaß war es, doch es war ein angenehmes, sehr nachdenkliches Gesicht. Sie hatte den Mann noch nie in dieser Gegend gesehen.
    »Und?« sagte sie. »Kennst du den?«
    Fabien nickte heftig, gab ihr mit einer wilden Kopfbewegung ein Zeichen und ging rückwärts in den Wald zurück, ganz wie ein scheues Wild, das Gefahr wittert.
    Sie liefen wieder zur Höhle hinauf. Fabien verschwand ohne ein Wort im Eingang und kam sofort mit einer der vielen bunten, glänzenden Broschüren zurück, die die Société das ganze Jahr über schon in Saint-Michel verteilen ließ.
    Auf dem Titelblatt sah man ein großes weißes, mit einem Säulenportal geschmücktes Haus: die Klinik.
    Fabien schlug den Prospekt auf. Auf der Innenseite war gleichfalls ein Foto abgedruckt. Und es war das Gesicht des Mannes, den sie gerade im Okular des Feldstechers gehabt hatten. Darunter stand: Dr. Stefan Bergmann. Der bekannte deutsche Hypnose-Therapeut wird aller Voraussicht nach Chef unserer Klinik.
    Auch dies kannte er.
    Er hatte es schon einmal erlebt, damals, vor drei Monaten, als er auf der Rückkehr von seinem ersten Besuch in Le Castelet sich an den Hang gesetzt und seinen Traum geträumt hatte: Da waren die Bucht, das Meer, der Himmel, alles lag zum Greifen nahe vor ihm, nichts hatte seinen Zauber eingebüßt – im Gegenteil. Stefan brauchte nur die Mauern dort anzusehen, um zu wissen, daß aus einer Vision Wirklichkeit wurde.
    Thomas Lindners ›rechte Hemisphäre‹ hatte sich also durchgesetzt …
    »Der Bau fügt sich nicht nur harmonisch in das Landschaftsbild ein, Monsieur, er wird von den Funktionen und der Ausstattung her eine Sensation abgeben. Sie können mir glauben: Alles, was für eine solche Aufgabe zu haben ist, steht zu Ihrer Verfügung …«
    Das hatte Stefan vor zwei Stunden gehört. Als er Lindners Villa verlassen wollte, war ein grauhaariger, nervöser Mann hinter ihm hergerannt und hielt ihn fest. »Monsieur le Docteur ? Welches Glück, Sie hier zu treffen!

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