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Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition)

Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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schenkte sie mir ihre Wärme. Meine Hände Fassten nach ihren Hüften, zogen.
    Eine Viertelstunde kann köstlich lang sein.
    Der Rest des Tages brachte nichts Neues – zumindest nicht von der Art, dass ich es zum damaligen Zeitpunkt richtig einordnen konnte. Nach einem gut halbstündigen Nickerchen weckte mich Hippolyte: Es sei Zeit für das Hauskonzert. Er brachte mir eine komplett neue Garderobe, auf dem Unterkleiderstapel ein Glöckchen. Ich solle ruhig klingeln, sagte er freundlich. Offensichtlich war ich nicht das erste Opfer des Comtes. Hippolyte schien genau zu wissen, wie einen der Körper nach einem solcherart scharfen Assaut plagte. Schon das Waschen kostete mich alle Kraft; um mich selbst anzuziehen, war ich zu erschöpft.
    Lieber hätte ich noch ein paar Stunden für mich allein geschwärmt und mein Glück genossen. Zu schön war dieses Gefühl von Verliebtsein im Laudanum-Rausch. Was würde mir Marie-Thérèse` Konzert geben können, was sie mir nicht schon geschenkt hatte? Und wenn sie noch so gut spielte, die Musik würde nur an mir vorbeirauschen. Ich hatte sogar ein wenig Angst, ihr vor den anderen Gästen wiederzubegegnen. Würde ich mich nicht mit meinen verliebten Blicken verraten? Was geschähe, wenn mein Herz meine Hände leitete und ihre Wange streichelte? Oder ich sie gar selbstvergessen umarmte und küsste?
    Ob sie mich nach dem Tanz mit dem Comte besuchen würde? Heimlich, eine Stunde später?
    Zum Konzert kamen ein paar Bekannte wie Bankier Boissieu und Daniel Roland. Dazu Monsieur Érard und einige wenige Größen des Konservatoriums. Auch Hippolyte durfte sich unter die Gäste gesellen – und ließ sich von der Küchenbrigade und den Hausmädchen Champagner und Weißbrot servieren.
    Marie-Thérèse spielte nicht lange, nur eine Dreiviertelstunde. Es gab kein Programm. Aller Augen schielten nach den Musikkundigen, deren Häupter jeweils erkennend nickten, wenn die ersten Takte des neuen Stückes erklangen. Darauf setzte das Stille-Post-Spiel ein, das den Zuhörern mindestens genauso gut gefiel wie die Musik. Madame Boissieu, neben der ich das Vergnügen hatte, sitzen zu dürfen, verballhornte Georg Friedrich Händel zu Josh Frére Heddel, und aus den Beethovenschen Bagatellen machte sie Balladen von Boerhaave. Ich musste an mich halten, nicht lauthals loszulachen. Herrmann Boerhaave war letztes Jahrhundert Arzt in Harlem gewesen und hatte von sich reden gemacht, weil er eine „konvulsivische Epidemie“ im städtischen Hospital unter Kontrolle brachte, indem er den Erkrankten das Fleisch an den Extremitäten mit Brenneisen bis auf die Knochen herunterbrennen ließ.
    Der Applaus war heftig und kurz, Marie-Thérèse aber wirkte ziemlich gleichgültig. Erschien sie vor ihrem Auftritt noch blühend, war sie jetzt wie verzehrt: die Haut stumpf, die Augen glanzlos, die Wangen schlaff. Das Klavierspiel hatte sie ausgebrannt, wobei das Erschreckende war: Wenn schon Bagatellen sie erschöpften, wie dann erst anspruchsvolle Sonaten und Variationen? Sofort begann ich mir Sorgen zu machen. Auch der Abbé schien nicht begeistert davon, dass Marie-Thérèse im Frühjahr beabsichtigte, in Warschau, Krakau und Riga zu gastieren. Vielleicht kann ich es ihr noch ausreden, meinte er am Ende des Konzerts.
    »Denn eigentlich habe ich andere Pläne. Bestelle dein Haus, Petrus, wenn Sie wissen, worauf ich anspiele.«
    »Selbstverständlich. Haben Sie denn schon einen Agenten im Visier, der einmal Ihre Rolle einnehmen soll?«
    Der Abbé schaute mich offen an; um seinen Mund spielte ein spöttisches Lächeln. Er blieb mir die Antwort schuldig, allerdings ließ er sich soweit herab, mir zu verraten, dass es „Monsieur Baron Philipp Oberkirch“ nicht sein werde. Dies sei mir einsichtig, entgegnete ich vorschnell. Bestimmt werde er überrascht sein, wenn Marie-Thérèse ihm dies auseinandersetze, aber ihr Herz spreche eben seine eigene Sprache.
    »Überlassen Sie derartige sibyllinische Anspielungen besser mir, Petrus.«
    »Wie denn!« rief ich in gespielter Entrüstung. »Sie reicht heute um Mitternacht unserem lieben Freund Joseph die Hand zum Tanz? Ich bin einmal sehr gespannt, welche Musik Sie da zuwege bringen, Abbé.«
    »Das bin ich auch«, mischte sich der Comte in unser Gespräch. »Aber ich bin überzeugt, Petrus, wenn Ihnen gelingt, Mademoiselle vorher ein klein wenig zu hypnotisieren, wird sie sich die schrägen Töne ihres Onkels schon zurecht hören.«
    Das Souper spiegelte voll und ganz die

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