Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
gesagt.«
»Du hast beschrieben, wie du …«
»Halt die Schnauze«, fuhr sie mir ins Wort. »Du kennst mich nicht, du hast nichts mit mir zu schaffen, du hast nicht das Recht, dich in Dinge einzumischen, die ich in meinen eigenen vier Wänden tue.«
»Ich habe den Verdacht, dass du dein Kind …«
»Du hältst jetzt gefälligst dein Maul«, schrie sie und verließ den Raum.
Ich hatte hundert Meter von Lydias großem Holzhaus am Tennisvägen im Vorort Rotebro entfernt neben einer hohen Fichtenhecke geparkt. Meine Anzeige war zwar skeptisch aufgenommen worden, hatte jedoch selbstverständlich zu Ermittlungen geführt.
Ein roter Toyota fuhr an mir vorbei und hielt vor dem Haus. Ich stieg aus dem Wagen, ging zu der kleinen untersetzten Frau und grüßte sie.
Aus dem Briefeinwurf ragten nasse Werbeprospekte eines Bau- und eines Elektromarkts heraus. Das niedrige Gartentor stand offen. Wir gingen den Weg zum Haus hinauf. Mir fiel auf, dass es in dem vernachlässigten Garten keine Spielsachen gab. Keinen Sandkasten, keine Schaukel in dem alten Apfelbaum, kein Fahrrad mit Stützrädern in der Auffahrt. Ich glaubte, hinter der gelben, undurchsichtigen Fensterscheibe eine Bewegung wahrzunehmen. Die Sozialarbeiterin klingelte. Wir warteten, aber es passierte nichts. Sie gähnte und sah auf die Uhr, klingelte erneut und legte anschließend die Hand auf die Klinke. Die Tür war nicht abgeschlossen. Sie öffnete, und wir blickten in einen kleinen Flur.
»Hallo?«, rief die Sozialarbeiterin. »Lydia?«
Wir gingen hinein, zogen die Schuhe aus und gelangten durch eine Tür in einen Flur mit rosa Tapeten und Bildern von meditierenden Menschen an den Wänden, deren Köpfe von einer hellen Lichtaura umgeben waren. Neben einem kleinen Tisch lag ein rosa Telefon auf dem Fußboden.
»Lydia?«
Ich öffnete eine Tür und sah eine schmale Treppe, die in den Keller führte.
»Es ist hier unten«, sagte ich.
Die Sozialarbeiterin folgte mir die Treppe hinunter in einen Partykeller mit einer alten Ledercouch und einem Tisch, dessen Platte aus braunen Kacheln bestand. Auf einem Tablett standen zwischen geschliffenen Steinen und Glasstücken einige Duftkerzen. Eine dunkelrote Reislampe mit chinesischen Zeichen hing von der Decke herab.
Mit pochendem Herzen versuchte ich, die Tür zu dem zweiten Raum zu öffnen, aber sie blieb an einer großen Blase im Boden hängen. Ich drückte die Blase mit dem Fuß herab und ging hinein, sah aber keinen Käfig. Mitten im Raum stand stattdessen ein Fahrrad mit ausgebautem Vorderrad aufgebockt. Neben einer blauen Plastikkiste lag Flickzeug. Gummistücke, Kleber, Ratsche. Ein glänzender Haken war unter den Rand des Mantels gekeilt und gegen die Speichen gespannt worden. Plötzlich knarrte es in der Decke, und wir begriffen, dass jemand durch das Zimmer über uns ging. Wortlos eilten wir die Treppe hinauf. Die Tür zur Küche stand einen Spaltbreit offen. Auf dem gelben Linoleumboden lagen Brotscheiben und Krümel.
»Hallo?«, rief die Sozialarbeiterin.
Ich ging hinein und sah, dass die Kühlschranktür offen stand. Im bleichen Licht der Lampe stand Lydia mit gesenktem Blick. Es dauerte einige Sekunden, bis ich das Messer in ihrer Hand entdeckte. Es war ein langes, gezahntes Brotmesser. Ihr Arm hing schlaff herab. Die Klinge schimmerte zitternd neben ihrem Oberschenkel.
»Du darfst hier nicht sein«, flüsterte sie und sah mich plötzlich an.
»Okay«, sagte ich und zog mich rückwärts zur Tür zurück.
»Wollen wir uns nicht setzen und uns ein bisschen unterhalten?«, fragte die Sozialarbeiterin neutral.
Ich öffnete die Tür zum Flur und sah Lydia langsam näher kommen.
»Erik«, sagte sie.
Als ich die Tür zuziehen wollte, lief Lydia auf mich zu. Ich rannte durch den Flur zur Haustür, aber sie war abgeschlossen. Lydias schnelle Schritte kamen näher. Ein wimmernder Ton drang aus ihrer Richtung zu mir. Ich riss eine andere Tür auf und stolperte in ein Wohnzimmer. Lydia folgte mir. Ich stieß gegen einen Sessel und lief zur Balkontür, aber die Klinke ließ sich nicht herunterdrücken. Lydia lief mit dem Messer auf mich zu, und ich suchte Schutz hinter dem Esstisch, sie folgte mir, und ich lief um ihn herum und wich zurück.
»Das ist deine Schuld«, sagte sie.
Die Sozialarbeiterin kam ins Zimmer gelaufen. Sie war völlig außer Atem.
»Lydia«, sagte sie streng. »Du hörst jetzt sofort mit diesem Unsinn auf.«
»Das ist alles seine Schuld«, erklärte Lydia.
»Wie
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