Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Joona.
»Ich muss mit Omar in der Einsatzzentrale reden«, sagt Carlos und schaut sich um. »Wir lösen eine landesweite Fahndung aus.«
»Was soll ich tun?«
»Bleib hier und kontrolliere, ob ich was übersehen habe«, sagt Carlos und ruft Mikael Verner, einen Kriminaltechniker der Mordkommission zu sich.
»Sag Kommissar Linna, was ihr bisher gefunden habt«, weist Carlos ihn an.
Der Mann sieht Joona ausdruckslos an und sagt mit nasaler Stimme:
»Eine tote Krankenschwester … Mehrere Zeugen haben gesehen, dass der Tatverdächtige das Gebäude mit einem Rollator verlassen hat.«
»Zeig mir alles«, sagt Joona.
Sie gehen zusammen die Feuertreppe hoch, weil die Aufzüge und Schächte noch nicht abschließend durchsucht worden sind.
Joona betrachtet die rot gefleckten Fußspuren, die der barfüßige Josef auf seinem Weg zum Ausgang hinterlassen hat. Es riecht nach Elektrizität und Tod. Ein blutiger Handabdruck auf der Wand, ungefähr an der Stelle, wo zuvor der Servierwagen gestanden hatte, deutet darauf hin, dass er gestolpert ist oder sich abstützen musste. Auf dem Metall der Aufzugtür sieht Joona Blut und etwas, das der fettige Abdruck einer Stirn und einer Nasenspitze sein könnte.
Sie setzen ihren Weg durch den Flur fort und bleiben im Türrahmen zu dem Zimmer stehen, in dem er vor kaum mehr als einer Stunde mit Josef gesprochen hat. Eine fast schwarze Blutlache breitet sich um eine Leiche auf dem Fußboden aus.
»Sie war Krankenschwester«, sagt Mikael Verner grimmig. »Ann-Katrin Eriksson.«
Joona sieht die roggenblonden Haare der Toten und Augen ohne Leben. Ihr Kittel ist über die Hüften hochgerutscht. Es sieht aus, als hätte der Mörder versucht, ihren Kittel hochzuziehen, denkt er.
»Die Mordwaffe war höchstwahrscheinlich ein Skalpell«, bemerkt Mikael Verner trocken.
Joona murmelt etwas, zieht sein Telefon heraus und ruft im Untersuchungsgefängnis Kronoberg an.
Eine schläfrige Männerstimme sagt etwas, das Joona nicht versteht.
»Hier spricht Joona Linna«, sagt er schnell. »Ich möchte wissen, ob Evelyn Ek noch bei Ihnen ist.«
»Bitte?«
Joona wiederholt verbissen:
»Ist Evelyn Ek noch im Untersuchungsgefängnis?«
»Da müssen Sie den diensthabenden Beamten fragen«, antwortet die Stimme säuerlich.
»Könnten Sie ihn dann bitte an den Apparat holen.«
»Momentchen«, sagt der Mann und legt den Hörer ab.
Joona hört ihn weggehen und eine quietschende Tür, dann einen Wortwechsel und ein Klappern. Er sieht auf die Uhr. Er hält sich schon zehn Minuten im Krankenhaus auf.
Joona geht mit dem Handy am Ohr zur Treppe und zum Haupteingang hinunter.
»Jan Persson«, sagt eine freundliche Stimme.
»Joona Linna von der Landeskripo. Ich wollte mich erkundigen, was mit Evelyn Ek ist«, sagt er kurz angebunden.
»Evelyn Ek«, sagt Jan Persson fragend. »Ach so, die. Die haben wir rausgelassen. Das war gar nicht so leicht, sie hat sich geweigert, zu gehen, sie wollte in Untersuchungshaft bleiben.«
»Ihr habt sie laufen lassen?«
»Nein, nein, der Staatsanwalt war hier, sie sitzt in …«
Joona hört Jan Persson in einem Verzeichnis blättern.
»Sie sitzt in einer unserer sicheren Wohnungen.«
»Gut«, sagt Joona. »Postiert ein paar Polizisten vor ihrer Tür. Verstanden?«
»Wir sind ja nicht blöd«, antwortet Jan Persson beleidigt.
Joona beendet das Gespräch und geht zu Carlos, der mit einem Notebook auf dem Schoß auf einem Stuhl sitzt. Eine Frau steht neben ihm und zeigt auf den Bildschirm.
Omar von der Einsatzzentrale wiederholt über Funk das Codewort Echo. Es ist das Stichwort, das bei Einsätzen von Hundestaffeln benutzt wird. Joona nimmt an, dass sie die meisten Autos mittlerweile erfolglos überprüft haben.
Joona winkt Carlos zu, aber es gelingt ihm nicht, die Aufmerksamkeit seines Chefs auf sich zu ziehen. Stattdessen tritt er durch eine der kleineren Glastüren ins Freie. Es ist dunkel und kalt. Der Rollator steht noch an der verwaisten Bushaltestelle. Joona sieht sich um. Er ignoriert die Menschen, die der Polizei bei der Arbeit zuschauen, er ignoriert die tanzenden Blaulichter und die gestressten Bewegungen der Polizisten, er ignoriert das Blitzlichtgewitter der Fotografen und lässt den Blick stattdessen über den Parkplatz, die dunklen Fassaden und zwischen die verschiedenen Gebäude des Krankenhauskomplexes schweifen.
Joona setzt sich in Bewegung, geht schneller, steigt über die flatternden Plastikbänder, die das Gelände absperren, drängelt
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