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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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ingrimmig.
    »Hören Sie mal, Lebedjew«, sagte der Fürst in bestimmtem Ton, indem
er sich von dem jungen Mann abwandte, »ich weiß ja aus Erfahrung, daß
Sie, wenn Sie wollen, auf geschäftlichem Gebiet Tüchtiges leisten
können ... Ich habe jetzt sehr wenig Zeit, und wenn Sie ...
Entschuldigen Sie, wie ist doch Ihr Vor-und Vatersname? Ich habe es
vergessen.«
    »Ti-Ti-Timofej.«
    »Und?«
    »Lukjanowitsch.«
    Alle, die im Zimmer anwesend waren, lachten wieder laut auf.
    »Er lügt!« rief der Neffe. »Auch darin lügt er! Er heißt gar nicht
Timofej Lukjanowitsch, Fürst, sondern Lukjan Timofejewitsch! Na, nun
sag selbst, warum hast du denn gelogen? Dir kann es doch gleich sein,
ob du Lukjan oder Timofej heißt, und was hat der Fürst daran für ein
Interesse? Er schwindelt nur aus reiner Angewohnheit, versichere ich
Ihnen!«
    »Ist das wirklich wahr?« fragte der Fürst ungeduldig.
    »Ich heiße allerdings Lukjan Tomofejewitsch«, gestand Lebedjew
verlegen ein, indem er demütig die Augen niederschlug und wieder die
Hand aufs Herz legte.
    »Aber warum tun Sie denn das? Ich bitte Sie!«
    »Aus Selbsterniedrigung«, flüsterte Lebedjew, der seinen Kopf immer tiefer und immer demütiger herabsinken ließ.
    »Ach was! Was liegt denn darin für eine Selbsterniedrigung! Wenn ich
nur wüßte, wo Kolja jetzt zu finden ist!« sagte der Fürst und wollte
sich schon umdrehen, um wegzugehen.
    »Ich will Ihnen sagen, wo Kolja ist«, erbot sich wieder der junge Mann.
    »Nein, nein, nein!« rief Lebedjew aufgeregt und hastig.
    »Kolja hat hier übernachtet, ist aber am Morgen weggegangen, um
seinen General zu suchen, den Sie, Fürst, Gott weiß warum aus dem
Schuldgefängnis losgekauft haben. Der General hatte noch gestern
versprochen, er würde hierherkommen, um hier zu übernachten; aber er
ist nicht gekommen. Am wahrscheinlichsten ist er die Nacht über im
Gasthaus ›Zur Waage‹, nicht weit von hier, gewesen. Kolja ist also
entweder dort oder in Pawlowsk bei Jepantschins. Er hatte Geld und
wollte noch gestern hinfahren. Also er ist in der ›Waage‹ oder in
Pawlowsk.«
    »In Pawlowsk, in Pawlowsk wird er sein ...! Aber wir wollen in unser Gärtchen gehen und ... ein Täßchen Kaffee ...«
    Und Lebedjew zog den Fürsten an der Hand hinaus. Sie verließen das
Zimmer, durchschritten einen kleinen Hof und passierten ein Pförtchen.
Dort befand sich wirklich ein sehr kleines, sehr hübsches Gärtchen, in
welchem dank dem guten Wetter schon alle Bäume grün waren. Lebedjew
ließ den Fürsten auf einem grün angestrichenen Holzbänkchen an einem in
die Erde gegrabenen Tisch Platz nehmen und setzte sich selbst ihm
gegenüber. Nach kurzer Zeit wurde wirklich der Kaffee gebracht. Der
Fürst lehnte ihn nicht ab. Lebedjew fuhr fort, ihm mit kriecherischer
Miene in großer Spannung in die Augen zu sehen.
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie ein so hübsches Hauswesen haben«,
sagte der Fürst; aber sein Gesicht machte den Eindruck, als ob er an
etwas ganz anderes dächte.
    »Wir sind arme, unglückliche ...«, begann Lebedjew, sich zusammenkrümmend; aber er hielt inne.
    Der Fürst blickte zerstreut vor sich hin und hatte seine letzte
Bemerkung offenbar schon wieder vergessen. Es verging noch ungefähr
eine Minute. Lebedjew beobachtete den Fürsten und wartete. »Nun also,
wie steht es?« fragte der Fürst, der aus seinen Gedanken zu sich zu
kommen schien. »Sie wissen ja selbst, Lebedjew, was wir beide
miteinander zu verhandeln haben: ich bin infolge Ihres Briefes
hergekommen; nun reden Sie!«
    Lebedjew wurde verlegen; er wollte etwas sagen, brachte aber nur
stotternde Laute heraus und konnte nichts Deutliches von sich geben.
Der Fürst wartete ein Weilchen und lächelte trüb.
    »Ich glaube Sie sehr gut zu verstehen, Lukjan Tomofejewitsch: Sie
haben mich wahrscheinlich nicht erwartet. Sie dachten, ich würde mich
aus meiner Zurückgezogenheit nicht gleich auf Ihre erste
Benachrichtigung hin aufmachen, und schrieben mir, um Ihr Gewissen zu
beruhigen. Aber Sie sehen, ich bin hergekommen. Nun lassen Sie es genug
sein, und täuschen Sie mich nicht weiter! Hören Sie auf, zwei Herren zu
dienen! Rogoschin ist schon drei Wochen hier; ich weiß alles. Haben Sie
es schon wieder fertiggebracht, sie ihm zu verraten und zu verkaufen
wie damals? Sagen Sie die Wahrheit!«
    »Der Unmensch hat es selbst erfahren, ganz allein.«
    »Schimpfen Sie nicht auf ihn; er hat Sie ja freilich schlecht behandelt ...«
    »Geprügelt hat er mich, geprügelt!«

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