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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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meine Zeit erlaubt es schon; meine Zeit steht ganz zu meiner
Verfügung.« (Der Fürst legte sogleich seinen weichen, rundkrempigen Hut
auf den Tisch.) »Ich muß bekennen, ich hatte auch darauf gerechnet, daß
Lisaweta Prokofjewna sich vielleicht an das, was ich ihr geschrieben
habe, erinnern werde. Vorhin, als ich dort bei Ihnen wartete, argwöhnte
Ihr Diener, daß ich gekommen sei, um Sie um eine Unterstützung zu
bitten; ich merkte das, und Sie werden wohl in dieser Hinsicht strenge
Instruktionen erteilt haben; aber ich bin nicht deswegen hergekommen,
sondern wirklich nur, um mit Menschen zusammenzukommen. Ich fürchte
nur, Ihnen lästig gewesen zu sein, und das beunruhigt mich.«
    »Hören Sie, Fürst«, sagte der General mit einem heiteren Lächeln,
»wenn Sie wirklich ein solcher Mensch sind, wie es den Anschein hat, so
wird die Bekanntschaft mit Ihnen vielleicht ganz angenehm sein; nur
sehen Sie: ich bin von Geschäften stark in Anspruch genommen und muß
mich gleich wieder hinsetzen und dies und das durchsehen und
unterschreiben, und dann begebe ich mich zu Seiner Erlaucht und dann in
den Dienst; so kommt es, daß, wenn mir auch der Verkehr mit guten
Menschen Freude macht ... das heißt ... aber ... Übrigens bin ich von
Ihrer vortrefflichen Erziehung so fest überzeugt, daß ... Aber wie alt
sind Sie eigentlich, Fürst?«
    »Sechsundzwanzig Jahre.«
    »Oh! Ich hatte Sie weit jünger geschätzt.«
    »Ja, man sagt mir, daß ich ein jugendliches Gesicht habe. Aber Sie
nicht zu stören, das werde ich schon lernen und bald begreifen, weil es
mir selbst sehr zuwider ist, jemanden zu stören ... Und schließlich
sind wir, wie mir scheint, dem Äußeren nach in vielerlei Hinsicht so
verschiedene Menschen, daß wir wohl nicht viele Berührungspunkte haben
können. Aber wissen Sie, an diese letzte Bemerkung glaube ich selbst
nicht recht; denn sehr oft scheint es nur so, daß keine
Berührungspunkte vorhanden seien, und sie sind doch in Menge da ... das
kommt von der menschlichen Trägheit her, indem die Menschen einander
nur nach dem äußeren Schein klassifizieren und dabei keine
Ähnlichkeiten finden können ... Aber ich langweile Sie wohl schon? Es
kommt mir vor, als ob Sie ...«
    »Nur zwei Worte: besitzen Sie wenigstens etwas Vermögen? Oder
beabsichtigen Sie vielleicht, irgendwelche Beschäftigung zu ergreifen?
Verzeihen Sie, daß ich so ...« »Aber ich bitte Sie, ich finde Ihre
Frage sehr natürlich und begreiflich. Ich besitze zur Zeit gar kein
Vermögen und habe vorläufig auch keine Beschäftigung, möchte aber eine
solche haben. Ich habe jetzt von fremdem Geld gelebt; mein Professor
Schneider, bei dem ich in der Schweiz eine Kur machte und mich
wissenschaftlich weiterbildete, hat mir das Reisegeld gegeben, und zwar
nur gerade ausreichend, so daß ich jetzt nur noch einige Kopeken übrig
habe. Allerdings habe ich da eine geschäftliche Angelegenheit, in der
ich einen guten Rat gebrauchen könnte; aber ...«
    »Sagen Sie, wovon beabsichtigen Sie denn zunächst zu leben, und
welches sind Ihre Pläne für die Zukunft?« unterbrach ihn der General.
    »Ich wollte irgendwie arbeiten.«
    »Oh, Sie sind offenbar ein Philosoph; indessen ... besitzen Sie nach
Ihrem eigenen Urteil irgendwelche Talente oder wenigstens einige
Fähigkeiten, das heißt solche, durch die man sich sein tägliches Brot
verdienen kann? Verzeihen Sie wieder ...«
    »Oh, es bedarf keiner Entschuldigung! Nein, ich besitze meiner
Meinung nach weder Talente noch besondere Fähigkeiten; im Gegenteil,
ich habe sogar, weil ich ein kranker Mensch bin, keinen regulären
Unterrichtsgang durchgemacht. Was das tägliche Brot anlangt, so möchte
ich meinen ...«
    Der General unterbrach ihn wieder und begann, ihn von neuem zu
fragen. Der Fürst erzählte noch einmal alles, was er schon vorher
erzählt hatte. Es stellte sich heraus, daß der General von dem
verstorbenen Pawlischtschew gehört und ihn sogar persönlich gekannt
hatte. Warum Pawlischtschew sich für die Erziehung des Fürsten
interessiert hatte, das wußte dieser selbst nicht zu erklären;
vielleicht einfach aus alter Freundschaft mit seinem verstorbenen
Vater. Der Fürst war noch ein kleines Kind gewesen, als der Tod seiner
Eltern ihn zur Waise machte, war auf dem Lande aufgewachsen und hatte
dort seine ganze Jugend verlebt, namentlich auch, weil sein
Gesundheitszustand Landluft verlangte. Pawlischtschew hatte ihn ein
paar alten Gutsbesitzerinnen, die mit ihm verwandt waren, anvertraut;
es

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