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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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wissen Sie nicht, was das zu bedeuten hat?«
    »Ich weiß nichts davon«, antwortete der Fürst, der sich ebenfalls in einer höchst peinlichen Aufregung befand.
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Ich verstehe auch nichts davon«, sagte Jewgeni Pawlowitsch,
plötzlich auflachend. »Bei Gott, ich habe mit diesen Wechseln nichts zu
schaffen; glauben Sie meinem Ehrenwort ...! Aber was ist mit Ihnen?
Fallen Sie in Ohnmacht?«
    »O nein, nein, ich versichere Ihnen, nein ...«

XI
    Erst am dritten Tag erbarmten Jepantschins sich des Fürsten und
verziehen ihm vollständig. Obgleich der Fürst sich nach seiner
Gewohnheit viel Schuld beimaß und in vollem Ernst eine Strafe
erwartete, so war er doch von vornherein innerlich völlig davon
überzeugt, daß Lisaweta Prokofjewna ihm nicht allzusehr zürnen konnte
und in der Hauptsache nur auf sich selbst böse war. Daher war er am
dritten Tag durch die unerwartet lange Dauer der Feindschaft in eine
sehr trübe, ratlose Stimmung versetzt. Dazu hatten auch noch andere
Umstände beigetragen, und einer von ihnen in besonders hohem Grad.
Dieser hatte während der drei Tage für ihn infolge seines mißtrauischen
Wesens immer mehr an Bedeutung gewonnen. (Der Fürst beschuldigte sich
nämlich seit einiger Zeit zweier fehlerhafter Extreme: einer
übermäßigen »sinnlosen, aufdringlichen« Zutraulichkeit und gleichzeitig
eines »finsteren, unwürdigen« Mißtrauens.)
    Kurz, am Ende des dritten Tages, hatte das Erlebnis mit der
exzentrischen Dame, die aus ihrer Kutsche mit Jewgeni Pawlowitsch
gesprochen hatte, in seinem Kopf ganz rätselhafte, beängstigende
Dimensionen angenommen. Der Kernpunkt des Rätsels, abgesehen von
anderen Seiten der Angelegenheit, bestand für den Fürsten in der
betrüblichen Frage, ob auch er an dieser neuen »Ungeheuerlichkeit«
schuld sei oder nur ... Aber er ließ unausgesprochen, wer dabei noch in
Betracht kam. Was die Buchstaben N.F.B. anlangte, so war das nach
seiner Anschauung nur unschuldiger Mutwille, rein kindlicher Mutwille,
so daß es lächerlich und in gewisser Hinsicht sogar nicht ehrenhaft
sei, darüber nachzudenken.
    Gleich am ersten Tag nach dem häßlichen Abend, an dessen ungehörigen
Vorgängen er die »Hauptschuld« trug, hatte der Fürst am Vormittag das
Vergnügen, den Fürsten Schtsch. und Adelaida in seiner Wohnung zu
empfangen; sie waren nach ihrer Angabe »hauptsächlich« gekommen, um
sich nach seinem Befinden zu erkundigen, und zwar auf einem Spaziergang
zu zweien. Adelaida hatte soeben im Park einen Baum bemerkt, einen
wundervollen alten Baum, mit langen, gekrümmten Ästen, ganz mit jungem,
grünem Laub bedeckt, mit einer Höhlung und einem Spalt; sie hatte sich
fest, ganz fest vorgenommen, diesen Baum zu malen! So sprach sie denn
die ganze halbe Stunde, die ihr Besuch dauerte, fast nur hiervon. Fürst
Schtsch. war wie gewöhnlich angenehm und liebenswürdig, befragte den
Fürsten nach weiter zurückliegenden Dingen und erwähnte einige Umstände
aus der Zeit ihrer ersten Bekanntschaft, so daß von den Ereignissen des
vorhergehenden Tages fast gar nicht gesprochen wurde. Endlich konnte
sich Adelaida nicht mehr beherrschen und gestand lächelnd, daß sie ohne
Wissen der Eltern gekommen seien; aber damit war auch das Bekenntnis zu
Ende, wiewohl schon aus dieser Heimlichkeit zu ersehen war, daß die
Eltern, das heißt besonders Lisaweta Prokofjewna, sich in einer
gewissen Mißstimmung befanden. Aber weder von ihr, noch von Aglaja,
noch selbst von Iwan Fjodorowitsch sagten Adelaida und Fürst Schtsch.
bei ihrem Besuch ein Sterbenswörtchen.
    Als sie wieder fortgingen, um ihren Spaziergang fortzusetzen, luden
sie den Fürsten nicht ein, sich ihnen anzuschließen. Eine Aufforderung,
doch zu ihnen in ihre Wohnung zu kommen, fand auch nicht einmal
andeutungsweise statt; in dieser Hinsicht ließ sich Adelaida sogar eine
sehr bezeichnende Wendung entschlüpfen: sie erzählte von einem
Aquarell, das sie gemalt hatte, und äußerte den lebhaften Wunsch, es
ihm zu zeigen.
    »Wie könnten wir das nur möglichst bald machen? Warten Sie! Ich
werde es Ihnen entweder heute noch durch Kolja schicken, wenn er zu uns
kommen sollte, oder es morgen selbst bringen, wenn ich wieder mit dem
Fürsten spazierengehe«, so erledigte sie schließlich diese
Schwierigkeit, erfreut, daß es ihr gelungen war, diese Aufgabe in einer
so geschickten und für alle Beteiligten so bequemen Weise zu lösen.
    Endlich, als sie sich schon empfahlen, fragte Fürst Schtsch., wie wenn ihm

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