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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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ich habe in dieser Hinsicht auf dich gerechnet ... und
Verstand ist doch im vorliegenden Fall ... im vorliegenden Fall ...«
    »Die Hauptsache«, beendete Ganja den Satz, indem er wieder dem nach
einem Ausdruck suchenden General zu Hilfe kam. Dabei verzog er seine
Lippen zu einem boshaften Lächeln, das er nicht mehr zu verbergen
suchte.
    Er sah mit seinem brennenden Blick dem General gerade in die Augen,
wie wenn er wünschte, daß jener in diesem Blick all seine Gedanken
lesen möchte. Der General wurde dunkelrot und fuhr auf.
    »Nun ja, Verstand ist die Hauptsache!« stimmte er bei und blickte
dabei Ganja scharf an. »Du bist doch ein komischer Mensch, Gawrila
Ardalionowitsch! Wie ich merke, freust du dich ordentlich über das
Auftreten dieses Kaufmannssohnes, als ob du darin für dich einen Weg
sähest, um aus der Sache herauszukommen. Aber gerade hier war es nötig,
gleich von Anfang an Verstand zu beweisen; gerade hier war es nötig, zu
begreifen und beiderseits offen und ehrlich zu verfahren,
gegebenenfalls aber wenigstens vorher Mitteilung zu machen, um nicht
andere Leute zu kompromittieren, um so mehr, da dazu Zeit genug
vorhanden war und sogar jetzt noch Zeit genug ist« (der General zog
bedeutsam die Augenbrauen in die Höhe), »trotzdem wir nur noch ein paar
Stunden übrig haben ... Hast du verstanden? Ja? Willst du eigentlich,
oder willst du nicht? Wenn du nicht willst, so sage es; das soll mir
auch recht sein. Niemand wird Sie festhalten, Gawrila Ardalionowitsch,
niemand Sie mit Gewalt in das Fuchseisen hineinziehen, wenn Sie
wirklich hier nur ein Fuchseisen zu sehen glauben.«
    »Ich will«, erwiderte Ganja halblaut, aber mit fester Stimme; dann
schlug er die Augen nieder und verstummte mit finsterer Miene.
    Der General war zufriedengestellt. Er war hitzig geworden, bereute
es aber offenbar schon, daß er so weit gegangen war. Plötzlich wandte
er sich zum Fürsten, und über sein Gesicht schien der beunruhigende
Gedanke hinzugehen, daß der Fürst das alles mitangehört hatte. Aber er
beruhigte sich sofort wieder völlig: dazu genügte ein einziger Blick
auf diesen.
    »Oho!« rief der General, als er das kalligraphische Probestück
betrachtete, das ihm der Fürst hinreichte. »Das ist ja geradezu eine
Schönschreibevorschrift! Und noch dazu eine von seltener Schönheit!
Sieh mal, Ganja, was für ein Talent!«
    Auf ein dickes Blatt Velinpapier hatte der Fürst mit mittelalterlicher russischer Schrift den Satz geschrieben:
    »Der demütige Abt Pafnuti hat dies eigenhändig unterzeichnet.«
    »Sehen Sie nur«, erklärte der Fürst mit außerordentlicher Freude und
Lebhaftigkeit, »dies ist die eigenhändige Unterschrift des Abtes
Pafnuti aus dem vierzehnten Jahrhundert, nach einem Faksimile. Sie
bewiesen in ihren Unterschriften eine außerordentliche Kunst, all
unsere alten Äbte und Metropoliten, und wie geschmackvoll sehen diese
Unterschriften manchmal aus, und welche Sorgfalt lassen sie erkennen!
Haben Sie nicht wenigstens die Pogodinsche Ausgabe, General? Dann habe
ich Ihnen hier etwas in einer anderen Schrift geschrieben: das ist die
runde, derbe französische Schrift des vorigen Jahrhunderts; einige
Buchstaben weisen sogar abweichende Formen auf; es ist die Schrift der
öffentlichen Schreiber, die auf den Marktplätzen saßen; ich habe sie
aus einem ihrer Vorschriftenbücher entnommen, das ich besaß; Sie werden
zugeben müssen, daß sie nicht ohne gewisse Vorzüge ist. Betrachten Sie
nur diese runden O's und A's. Ich habe den französischen
Schriftcharakter auf das russische Alphabet übertragen, was eine recht
schwere Aufgabe war; aber es ist mir doch gut gelungen. Hier ist noch
eine schöne, eigenartige Schrift, hier der Satz: ›Eifer überwindet
alles‹. Das ist eine echt russische Schrift, die Schrift der Schreiber
oder, wenn Sie wollen, der Militärschreiber. So schreibt man ein
amtliches Schriftstück an eine hochgestellte Persönlichkeit; es ist
gleichfalls eine runde Schrift, eine sehr schöne, schlichte Schrift, in schlichter Art, aber mit
beachtenswertem Geschmack geschrieben. Ein Kalligraph würde diese
Schnörkel oder, richtiger gesagt, diese Versuche zu schnörkeln, hier
diese unvollendeten, halben Schwänzchen (sehen Sie, bitte, hier!) nicht
billigen; aber im ganzen (wollen Sie darauf achten!) tritt doch darin
ein bestimmter Charakter zutage, und es guckt daraus ordentlich die
ganze Seele des Militärschreibers heraus: sie möchte sich gern frei
ergehen, und das Talent bittet um

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