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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Gesprächs
mit Iwan Fjodorowitsch fest in der rechten Hand zusammengedrückt
gehalten hatte, und las unter Benutzung des schwachen Lichtschimmers:
    »Morgen früh um sieben Uhr werde ich auf der grünen Bank im Park
sitzen und Sie erwarten. Ich will mit Ihnen über eine sehr wichtige
Angelegenheit reden, die Sie direkt angeht.
    PS Ich hoffe, Sie werden diesen Zettel niemandem zeigen. Ich schäme
mich zwar, Ihnen erst noch eine solche Instruktion zu geben, habe mir
aber gesagt, daß sie bei Ihnen nötig ist, und sie darum hergesetzt,
indem ich vor Scham über Ihren komischen Charakter errötete.
    PPSS Es ist dieselbe grüne Bank, die ich Ihnen vorhin gezeigt habe.
Schämen Sie sich! Ich sah mich genötigt, auch das erst noch
herzuschreiben.«
    Der Zettel war eilig geschrieben und ohne Sorgfalt zusammengefaltet,
aller Wahrscheinlichkeit nach kurz bevor Aglaja nach der Veranda
herausgekommen war. In einer unsagbaren Aufregung, die mit Angst
Ähnlichkeit hatte, drückte der Fürst den Zettel wieder in der Hand
zusammen und sprang schnell wie ein erschreckter Dieb vom Fenster und
vom Licht zurück; aber bei dieser Bewegung stieß er auf einmal heftig
mit einem Herrn zusammen, der unmittelbar hinter seinen Schultern stand.
    »Ich bin Ihnen gefolgt, Fürst«, sagte der Herr.
    »Sie sind es, Keller?« rief der Fürst erstaunt.
    »Ich möchte mit Ihnen reden, Fürst. Ich habe bei dem
Jepantschinschen Landhaus auf Sie gewartet; hineingehen konnte ich
natürlich nicht. Ich bin hinter Ihnen hergegangen, während Sie mit dem
General gingen. Ich stehe zu Ihren Diensten, Fürst; verfügen Sie über
mich nach Belieben. Ich bin bereit, für Sie jedes Opfer zu bringen und,
wenn es sein muß, sogar zu sterben.«
    »Aber ... weshalb denn?«
    »Nun, es wird jetzt jedenfalls eine Herausforderung zum Duell
erfolgen. Dieser Leutnant Molowjow ... ich kenne ihn, das heißt nicht
persönlich ... er wird die Beleidigung nicht so hinnehmen. Unsereinen,
das heißt mich und Rogoschin, hält er natürlich für Plebs, und
vielleicht verdientermaßen; auf diese Weise fällt die Verantwortung
Ihnen allein zu. Sie werden die zerbrochenen Flaschen bezahlen müssen,
Fürst. Er hat sich, wie ich gehört habe, nach Ihnen erkundigt, und es
wird sich gewiß morgen einer seiner Freunde bei Ihnen einstellen;
vielleicht wartet er auch jetzt schon auf Sie. Wenn Sie mir die Ehre
erweisen wollen, mich zu Ihrem Sekundanten zu erwählen, so bin ich
bereit, Gut und Blut für Sie zu opfern; darum habe ich Sie aufgesucht,
Fürst.«
    »Also auch Sie reden mir von einem Duell!« rief der Fürst lachend zu
Kellers größtem Erstaunen. Er lachte gewaltig. Keller, der wirklich von
Ungeduld gepeinigt worden war, bis er es zu seiner Befriedigung
fertiggebracht hatte, sich als Sekundanten anzubieten, fühlte sich
beinah beleidigt, als er den Fürsten so heiter lachen sah.
    »Sie haben ihn aber vorhin bei den Armen gepackt, Fürst. Das kann
sich ein anständiger Mensch vor den Augen des Publikums schwerlich
gefallen lassen.«
    »Und er hat mich vor die Brust gestoßen!« rief der Fürst lachend.
»Wir haben keinen Grund, uns zu duellieren! Ich werde ihn um Verzeihung
bitten, und damit ist die Sache erledigt. Wenn es aber zum Duell kommen
soll, mir ist's recht! Mag er schießen; ich wünsche es sogar. Haha! Ich
verstehe jetzt, eine Pistole zu laden! Wissen Sie wohl, daß mich jemand
gelehrt hat, wie man eine Pistole lädt? Sie verstehen eine Pistole zu
laden, Keller? Zuerst muß man Pulver kaufen, Pistolenpulver, nicht
feuchtes und nicht so grobes wie das, womit man aus Kanonen schießt;
dann muß man zuerst das Pulver hineintun, darauf Filz, den man sich von
einer Tür verschafft, und dann schiebt man die Kugel hinein, aber nicht
die Kugel vor dem Pulver, weil es sonst nicht schießt. Hören Sie wohl,
Keller: weil es sonst nicht schießt. Haha! Ist das nicht eine
ausgezeichnete Begrüßung, Freund Keller? Ach, Keller, wissen Sie, ich
werde Sie gleich umarmen und küssen. Hahaha! Wie ging das nur zu, daß
Sie vorhin auf dem Bahnhof so plötzlich vor ihm standen? Kommen Sie
möglichst bald einmal zu mir, Champagner trinken! Wir wollen uns alle
gehörig bezechen! Wissen Sie, daß ich zwölf Flaschen Champagner in
Lebedjews Keller liegen habe? Lebedjew hat sie mir vorgestern als
Gelegenheitskauf angeboten, gleich am andern Tag, nachdem ich zu ihm
hergezogen war; ich habe sie alle gekauft! Ich werde die ganze
Gesellschaft zusammen einladen! Wie ist's, werden Sie heute

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