Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
werden sollten. Die beiden rannten aus dem Büro, als hätten sie Durchfall.«
»Und?« Swann beugte sich vor.
»Am nächsten Tag riefen Husseins Leute an und teilten uns
mit, das Projekt sei gestorben. Wir hätten Besuch von Consular Operations gehabt. Das gefalle unseren Auftraggebern nicht.«
Swann lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück, und sein müdes Lächeln verriet, wie sinnlos ihm auf einmal alles vorkam. »Manchmal ist das Ganze doch recht albern, nicht wahr?«
»Im Augenblick finde ich es durchaus nicht albern«, entgegnete Kendrick.
»Nein, natürlich nicht.« Swann richtete sich sofort auf und straffte sich. »Ihrer Meinung nach geht es also bei dieser Sache nur um Geld. Um lausiges Geld!«
»Wenn man dem nicht Einhalt gebietet, wird es nur noch schlimmer«, sagte Kendrick. »Viel schlimmer.«
»Aber wie?«
»Immer nach der bewährten Formel für Wirtschaftsrevolutionen. Nachdem sie die Wirtschaft von Oman lahmgelegt und die Regierung handlungsunfähig gemacht haben, werden sie überall die gleichen Taktiken anwenden. In den Emiraten, in Bahrein, Katar und sogar bei den Saudis. Wer die Fanatiker beherrscht, bekommt die Verträge. Und sind diese Riesenprojekte erst einmal in einer Hand vereint, kommt es in dieser Region zu einer gefährlichen politischen Machtkonzentration, die in den meisten lebenswichtigen Fragen das Sagen hat, was uns nicht besonders angenehm sein wird.«
»Du meine Güte, Sie haben das aber gründlich durchdacht!«
»Ich habe während der letzten acht Stunden nichts anderes getan.«
»Angenommen, ich schicke Sie hinüber. Was könnten Sie tun?«
»Das weiß ich erst, wenn ich dort bin, aber ein paar Ideen habe ich. Ich kenne eine ganze Reihe einflußreicher Männer, mächtige Omaner, die wissen, was vorgeht, aber mit diesem Wahnsinn bestimmt nichts zu tun haben. Aus verschiedenen Gründen – vermutlich werden sie, wenn Ihre Handlanger von Consular Operations auftauchen, von dem gleichen Mißtrauen befallen wie wir seinerzeit – sprechen sie vielleicht nicht mit Fremden, aber mit mir werden sie sprechen. Mir vertrauen sie. Ich habe Tage und ganze Wochenenden mit ihren Familien verbracht. Ich kenne ihre Ehefrauen unverschleiert, und ich kenne ihre Kinder...«
»Unverschleierte Ehefrauen und die Kinder«, wiederholte
Swann. »Der höchste Vertrauensbeweis, den ein Araber kennt. Das Siegel der Freundschaft.«
»Mit mir werden sie zusammenarbeiten«, fuhr Kendrick fort, »mit Ihnen vielleicht nicht. Ich kenne die meisten Lieferanten und auch die Frachtbüros im Hafen, sogar Leute, die allem aus dem Weg gehen, was einen offiziellen Anstrich hat, weil sie ihr Geld mit Sachen verdienen, die offiziell nicht zu haben sind. Ich möchte der Herkunft des Geldes auf die Spur kommen und die Anweisungen kennenlernen, die mit dem Geld kommen und in die Botschaft gelangen. Irgend jemand schickt beides von irgendwoher.«
»Lieferanten?« fragte Swann, die Brauen hochziehend, mit ungläubiger Stimme. »Sie meinen Leute, die Lebensmittel und Medikamente und so beschaffen?«
»Das ist nur...«
»Sind Sie verrückt?« rief Swann. »Diese Geiseln sind unsere Leute, Amerikaner! Wir haben die Vorratskeller geöffnet, es ist alles da, was sie brauchen...«
»Zum Beispiel Munition und Ersatzteile für Waffen?«
»Natürlich nicht.«
»In allen Zeitungen, die ich in Flagstaff und Phoenix ergattern konnte, wurde berichtet, daß jeden Abend nach El Maghreb vier bis fünf Stunden wild herumgeballert wird – es ist ein wahres Feuerwerk, Tausende von Salven werden abgeschossen, die Botschaft mit Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zugedeckt.«
»Das gehört zu ihrem gottverdammten Terror!« explodierte Swann. »Können Sie sich vorstellen, wie es in der Botschaft aussieht? Sie stehen im grellen Scheinwerferlicht mit anderen an einer Wand aufgereiht, um Sie herum knallt es ununterbrochen, schlagen die Kugeln ein, und Sie können nur noch denken: Herrgott, die nächste trifft mich bestimmt! Wenn es uns je gelingen sollte, die armen Seelen dort herauszuholen, werden sie wahrscheinlich jahrelang beim Psychiater auf der Couch liegen, um diesen Alptraum loszuwerden.«
Kendrick wartete, bis sich Swanns Gefühlsaufwallung gelegt hatte. »Diese Hitzköpfe haben kein Waffenarsenal in der Botschaft, Mr. Swann. Ich glaube nicht, daß die Organisatoren der Revolte das dulden würden. Sie bekommen Nachschub. Genauso wie man sie mit Vervielfältigungsapparaten ausgestattet hat, weil sie nicht wissen, wie
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