Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
immer härtere Fragen. Er wußte, daß sein Name in den Korridoren des Kongresses, der Central Intelligence Agency und sogar im Weißen Haus immer häufiger fiel, daß man sich fragte, wer dieser Agitator, dieser Störenfried war. Ihm war das egal. Er stellte legitime Fragen, und niemand sollte ihn davon abbringen. Wer, zum Teufel, war sakrosankt? Wer durfte Gesetze umgehen?
Irgendwo über ihm entstand Unruhe, jemand gestikulierte wild und schrie, was er jedoch durch das Wasser, das gegen sein Gesicht rauschte, nur undeutlich wahrnahm. Er hielt auf halber Länge an, trat Wasser und schüttelte den Kopf. Der Unruhestifter war Sabri, aber ein Sabri, wie er ihn bisher nur selten erlebt hatte. Der stets gelassene Doktor der Philosophie aus Dubai war außer sich, versuchte verzweifelt, Gesten und Stimme zu beherrschen, doch es gelang ihm nicht.
»Du mußt weg!« hörte Kendrick ihn rufen, nachdem er sich das Wasser aus den Ohren geschüttelt hatte.
»Wie? Was?«
»Oman! Maskat! Die Story kommt auf allen Kanälen, über alle Sender. Sie haben sogar Fotos von dir in arabischer Kleidung-in Maskat aufgenommen. Rundfunk und Fernsehen unterbrechen immer wieder ihre Programme, um über die neuesten Entwicklungen zu berichten. Zeitungen halten ihre Vormittagsausgaben zurück, um weitere Einzelheiten drucken zu können...«
»Jesusmaria!« schrie Kendrick, sprang aus dem Pool und fing das Badetuch auf, das Sabri ihm zuwarf.
»Die Reporter und das andere Volk werden bestimmt in ein paar Minuten hiersein«, sagte der Araber. »Ich habe das Telefon ausgehängt, und Kaschi belädt unseren Wagen – verzeih, den Wagen, den du uns so großzügig zur Verfügung gestellt hast...«
»Laß das jetzt!« rief Kendrick, auf das Haus zulaufend, über die Schulter zurück. »Was macht deine Frau mit dem Wagen?«
»Sie packt deine Kleidung hinein, genug für ein paar Tage, wenn nötig. Wir haben gedacht, daß man deinen Wagen vielleicht erkennt. Unserer steht immer in der Garage. Ich meine, daß du vielleicht ein bißchen Zeit zum Nachdenken brauchst.«
»Ich brauche ein bißchen Zeit, um ein paar Morde zu planen«, stimmte Kendrick zu. »Wie, zum Teufel, konnte das passieren?«
»Ich fürchte, das ist nur der Anfang, mein Freund.«
»Was?« fragte Kendrick und stürmte in sein riesiges Schlafzimmer mit Blick auf den Pool. Er ging zur Kommode, öffnete Schubladen und riß Unterwäsche, Hemd und Socken heraus.
»Die Sender fragen alle möglichen Leute nach ihrer Meinung. Die meisten sind natürlich begeistert.«
»Was denn sonst?« fragte Kendrick und schlüpfte in Socken und Shorts, während Sabri das Hemd auseinanderfaltete und ihm reichte. »Sollen sie vielleicht sagen, daß sie ihre Terroristenkumpel in Palästina unterstützen?« Kendrick zog das Hemd an, lief zum Schrank und zerrte eine Hose heraus. Sabris Kaschi kam herein.
» Ana hasfa !« bat sie hastig und verlegen um Entschuldigung und wandte sich ab.
»Keine Zeit für al-takatid, Kaschi«, erwiderte Kendrick, was bedeutete, sie solle sich jetzt nicht über Schicklichkeit oder Unschicklichkeit den Kopf zerbrechen. »Wie weit bist du mit meinen Sachen?«
»Vielleicht hättest du lieber andere mitgenommen, lieber
Evan«, antwortete sie ein wenig ängstlich, »aber du wirst wenigstens etwas zum Anziehen haben. Ich hab’ mir auch gedacht, daß du uns anrufen kannst, sobald du weißt, wo du bleibst, dann bring’ ich dir alles, was du brauchst. Viele Zeitungsleute kennen Sabri, aber mich kennt niemand. Ich lass’ mich nie sehen.««
»Du willst es so, nicht ich«, antwortete Kendrick, warf sich eine Jacke über und verstaute Brieftasche, Geldklammer und Feuerzeug in den Taschen. »Vielleicht schließen wir dieses Haus, Kaschi, und ziehen nach Colorado. Dort könntest du ganz offiziell die Rolle der Gastgeberin übernehmen.«
»Was für ein Unsinn, lieber Evan!« Kaschi kicherte. »Das schickt sich doch nicht.«
»Du bist der Professor, Sabri«, sagte Kendrick und fuhr sich rasch mit dem Kamm durchs Haar. »Wann bringst du es ihr endlich bei?«
»Wann wird sie endlich auf mich hören? Unsere Frauen müssen Vorzüge haben, von denen wir Männer nichts wissen.«
»Gehen wir.«
»Die Schlüssel sind im Wagen, lieber Evan...«
»Danke, Kaschi«, sagte Kendrick. Sabri und er verließen das Zimmer und stiegen die Treppe hinunter. »Sag mal«, fuhr Kendrick fort, als sie durch den Säulengang in die große Garage gingen, in dem sein Mercedes-Kabrio und Hassans Cimarron
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