Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
bei Sonnenuntergang. Das ist verdammt lästig, nicht wahr? Sie plagen sich und schuften den ganzen Tag, meistens für einen Bettellohn, und dann geht die Sonne unter, es wird Abend. Aber es gibt keine Cocktails, nur Gebete zu ihrem Gott. Vielleicht ist das alles, was sie haben. Wie die alten Plantagen-Spirituals.«
Langsam drehte der Pilot sich auf seinem Sitz herum. Sein Gesicht erschreckte Kendrick. Der Brigadegeneral war schwarz. »Sie wollen mich fertigmachen«, sagte er tonlos.
»Tut mir leid. Ehrlich. Ich habe es nicht gemerkt. Andererseits haben Sie’s gesagt. Sie haben mich Araberfreund genannt.«
Sonnenuntergang. Maskat. Oman. Der uralte Turbo-Jet setzte so stark holpernd auf dem Rollfeld auf, daß ein paar Passagiere laut schrien, ihre Wüsteninstinkte hellwach, die Gefahr eines flammenden Infernos vor Augen. Als sie begriffen, daß sie angekommen und in Sicherheit waren, und daß es hier Arbeit für sie gab, begannen sie zu singen. Dank sei Allah für seine Gnade. Man hatte ihnen Rials für Dienste versprochen, zu denen die Omaner nicht bereit waren. Allahs Wille geschehe. Es war viel besser als das, was sie zurückgelassen hatten.
Die Geschäftsleute mit Anzug und Krawatte, die auf den Vordersitzen gesessen hatten, eilten, sich ein Taschentuch vor die Nase haltend, zum Ausstieg, umklammerten ihre Aktenmappen und atmeten gierig die Luft von Oman ein. Kendrick stand im Mittelgang, der letzte in der Reihe, und fragte sich, was Swann vom Außenministerium gemeint hatte, als er in seiner Nachricht schrieb, es sei alles »arrangiert«.
»Kommen Sie mit mir!« rief ein Araber aus der Menge, die sich vor dem Einreiseschalter drängte. »Wir benutzen einen anderen Ausgang, Dr. Axelrod.«
»In meinem Paß steht aber nichts von Axelrod.«
»Eben. Deshalb sollen Sie ja mit mir kommen.«
»Und die Einreisevermerke?«
»Lassen Sie Ihre Papiere in der Tasche. Keiner will sie sehen. Ich will sie nicht sehen.«
»Wie soll ich dann...«
»Genug, ya schaikh . Geben Sie mir Ihr Gepäck, und bleiben Sie drei Meter hinter mir. Los, gehen wir!«
Kendrick reichte dem aufgeregten Kontaktmann seine Reisetasche und trottete hinter ihm her. Sie wandten sich nach rechts, ließen das ebenerdige braunweiße Flughafengebäude hinter sich, bogen dann sofort scharf nach links ab und marschierten auf den hohen Maschendrahtzaun zu, hinter dem die Abgase von ein paar Dutzend Taxis, Bussen und Lastern die glühendheiße Luft vernebelten. Die Menge vor dem Zaun rannte zwischen den Fahrzeugen hin und her, mit flatternden Gewändern, schimpfend und kreischend. Vor sich sah Kendrick ein Gebäude in Stahlkonstruktion, das die Größe von zehn Wellblechbarakken
hatte. Es war das Lagerhaus des Flugplatzes, an das er sich noch so gut erinnerte, und er mußte an die endlosen Stunden denken, die Manny Weingrass und er dort auf längst überfälliges Gerät gewartet hatten, das nicht mit der vorhergesehenen Maschine eingetroffen war. Oft hatten sie aber auch gegen die Zollbeamten gewütet, die häufig die Formulare nicht verstanden, die auszufüllen waren, damit die Fracht freigegeben werden konnte – wenn sie einmal angekommen war.
Das Gatter vor dem mächtigen Tor des Lagerhauses stand offen, und im Hof warteten aufgereiht die Container; gierig schluckten sie die Kisten, die aus dickbäuchigen Flugzeugen geholt wurden. Posten mit Wachhunden an langen Leinen flankierten das Förderband der Zollbehörde, das die Frachten in das Lagerhaus zu den besorgten Lieferanten, Wiederverkäufern und den stets gegenwärtigen frustrierten Polieren von Bautrupps beförderte. Die Maschinenpistolen schußbereit, beobachteten die Posten die hektische Betriebsamkeit. Sie waren nicht nur da, um inmitten des Chaos für eine gewisse Ordnung zu sorgen und den Zollbeamten den Rücken zu stärken. Sie hielten vor allem nach Waffen und Drogen Ausschau, die in das Sultanat eingeschmuggelt werden sollten. Jede Kiste und jeder Behälter wurde von den hechelnden, knurrenden Hunden eifrig beschnüffelt und erst dann auf den Gabelstapler geladen.
Kendricks Kontaktmann blieb stehen, und er tat es ihm nach. Der Araber drehte sich um und nickte in Richtung einer kleinen Seitenpforte mit einem arabisch beschrifteten Schild darüber. Halt! Für Unbefugte Zutritt verboten . Zuwiderhandelnde werden erschossen. Es war der Ausgang für die Posten und andere Regierungsbeamte. In der Pforte war dort, wo üblicherweise ein Schloß war, eine große Metallplatte eingelassen.
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