Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Ich stehe unter der Dusche, so geht’s mir. Ich bin klatschnaß. Was wollen Sie?«
»Ich will wissen, warum Weingrass beschattet wird. Ich will wissen, wieso sein Name ins Spiel gekommen ist, und ich hoffe für Sie, daß Sie mir eine befriedigende Antwort geben können – zum Beispiel über sein persönliches Wohlergehen.«
»Machen Sie mal halblang, ja«, sagte Dennison schroff. »Was, zum Teufel, ist ein Weingrass?«
»Emmanuel Weingrass ist ein Architekt von internationalem Ruf. Er ist auch ein sehr enger Freund von mir, der sich in meinem Haus in Colorado aufhält – aus Gründen, die ich Ihnen nicht nennen muß. Seine Anwesenheit ist streng vertraulich. Wo und an wen haben Sie seinen Namen weitergegeben?«
»Ich kann nichts weitergeben, wovon ich noch nie was gehört habe, Sie Schwachkopf.«
»Sie lügen mich doch nicht an, Herbie? Denn wenn Sie das tun, stehen Ihnen ein paar sehr unangenehme und peinliche Wochen bevor.«
»Wenn ich glaubte, daß ich Sie durch eine Lüge loswerden könnte, würde ich keinen Moment zögern, aber Lügen über diesen Weingrass habe ich nicht auf Lager. Ich weiß nicht, wer er ist, also klären Sie mich auf.«
»Sie haben doch die Abschlußberichte über Oman gelesen, oder?«
»Selbstverständlich habe ich sie gelesen. Es ist ein Dossier und inzwischen tief im Archiv vergraben.«
»Der Name Weingrass kam darin nicht vor?«
»Nein, und ich würde mich bestimmt an ihn erinnern, es ist ein komischer Name.«
»Nicht für Weingrass.« Kendrick schwieg einen Moment, aber nicht so lange, daß Dennison etwas sagen konnte. »Könnte jemand von der CIA, der NSA oder einem ähnlichen Verein meinen Gast unter Beobachtung stellen, ohne Sie vorher zu informieren?«
»Unmöglich!« schrie der Oberherr des Weißen Hauses. »Was Sie und das ganze Spektakel angeht, das Sie uns eingebrockt haben, kann niemand ohne mein Wissen auch nur einen Zoll vom Weg abkommen.«
»Eine letzte Frage noch. Wurde im Oman-Dossier der Name der Person erwähnt, die mit mir aus Bahrein zurückflog?«
Jetzt schwieg Dennison eine Weile. Dann sagte er: »Sie sind sehr leicht zu durchschauen, Herr Abgeordneter.«
»Wenn Sie der Meinung sind, Sie und Ihr Mann sollten mich im Moment nicht mit der Feuerzange anfassen, spekulieren Sie bloß nicht auf die Verbindungen von Weingrass. Lassen Sie ihn in Ruhe.«
»Ich werde ihn in Ruhe lassen«, stimmte Dennison zu. »Mit einem Namen wie Weingrass kann ich eine andere Verbindung herstellen, und die jagt mir Angst ein. Wie die Mossad.«
»Gut. Jetzt beantworten Sie mir nur meine Frage. Was stand in dem Dossier über den Flug von Bahrein nach Andrews?«
»Die ›Fracht‹ bestand aus Ihnen und einem alten Araber in westlicher Kleidung, einem langgedienten Sub-Agenten von Consular Operations, der sich in Amerika in ärztliche Behandlung begeben mußte. Sein Name war Ali Sowieso. Das Außenministerium stellte ihm eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus, und er verschwand. Und das ist die Wahrheit, Kendrick. Niemand in dieser Regierung weiß etwas von einem Mr. Weingrass.«
»Danke, Herbert.«
»Danke für den Herbert. Kann ich noch etwas für Sie tun?«
Kendrick starrte aus dem Fenster in den hell erleuchteten
Garten und auf den patrouillierenden Marinesoldaten. »Ich will Ihnen einen Gefallen tun und sag’ nein«, antwortete er leise. »Vorläufig wenigstens. Aber etwas können Sie für mich in Ordnung bringen. Dieses Telefon wird abgehört, nicht wahr?«
»Nicht mit der üblichen Methode. Das Abhörgerät kann nur unter strengen Sicherheitsmaßnahmen von jemand entfernt werden, der dazu autorisiert ist.«
»Könnten Sie die Überwachung für – sagen wir – eine halbe Stunde aufheben, bis ich mit jemand gesprochen habe? Es wäre in Ihrem Sinn, glauben Sie mir.«
»In Ordnung, akzeptiert. Die Leitung hat Vorrang vor allen anderen; unsere Leute benutzen sie oft, wenn sie sich in diesen Häusern aufhalten. Geben Sie mir fünf Minuten, und telefonieren Sie mit Moskau, wenn Sie wollen.«
»Fünf Minuten.«
»Darf ich jetzt wieder unter die Dusche?«
»Versuchen Sie’s diesmal mit Clorox. « Kendrick legte auf, holte seine Brieftasche heraus und schob den Finger unter seinen Führerschein aus Colorado. Er fischte nach dem winzigen Stück Papier mit den beiden Privatnummern von Frank Swann und sah wieder auf die Uhr. Er wollte zehn Minuten warten und hoffte, den stellvertretenden Chef von Consular Operations unter einer der beiden Nummern zu erreichen. Er
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