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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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erschrockenen Gesichter jener vor sich, die mit dem Amerikaner in Verbindung gestanden hatten. Sie horchten dem Donnergrollen nach und fragten sich, ob sie irgendwo Deckung suchen, vor dem drohenden Gewitter um ihr Leben rennen sollten? Es würde Vendetten gegen jene geben, die dem Mann aus dem Westen geholfen und beigestanden hatten. Adrienne fragte sich, wer die Geschichte hatte durchsickern – nein, ›durchsickern‹ war ein zu harmloses Wort-, wer die Geschichte hatte explodieren lassen? Die Kairoer Zeitungen waren voll davon, und eine schnelle Nachprüfung hatte ergeben, daß Evan Kendrick im ganzen Nahen Osten entweder ein Heiliger oder ein abscheulicher Sünder war. Heiligsprechung oder qualvoller Tod erwarteten ihn, was davon abhing, wo diejenigen waren,
die über ihn richteten – manchmal sogar beide im selben Land. Warum? Hatte Kendrick selbst es getan? Hatte dieser verletzliche Mann, dieser unglaubliche Politiker, der sein eigenes Leben riskiert hatte, um ein furchtbares Verbrechen zu rächen, nach einem Jahr der Bescheidenheit und der Selbstverleugnung beschlossen, seinen politischen Lohn einzufordern? Wenn das zutraf, war er nicht der Mann, den sie vor einem Jahr so kurze Zeit gekannt hatte und dem sie doch so nahe gewesen war. Sie erinnerte sich zwar mit Vorbehalten, aber ohne Bedauern an diese Begegnung. Sie hatten miteinander geschlafen – es war eine leidenschaftliche Umarmung gewesen, fast unwahrscheinlich, vielleicht unabwendbar -, doch mußte sie diese Augenblicke tröstlicher Nähe vergessen. Falls man sie wegen eines plötzlich vom Ehrgeiz gepackten Kongreßabgeordneten nach Washington zurückgeholt hatte, hatten diese Augenblicke nie existiert.

24
    Kendrick stand am Fenster, das auf die in einem weiten Rund auslaufende Zufahrt des Hauses hinausblickte. Dennison hatte ihn vor gut einer Stunde angerufen und ihm gesagt, die Maschine aus Kairo sei gelandet und Adrienne Raschad zu einem Regierungsauto gebracht worden, das sie erwartet hatte; sie war, mit Begleitung, unterwegs nach Cynwid Hollow. Dennison hatte Kendrick auch mitgeteilt, daß Adrienne Raschad, Agentin der CIA, energisch protestiert hatte, als man ihr nicht gestattete, vom Luftwaffenstützpunkt Andrews aus zu telefonieren.
    »Sie hat sich mächtig aufgeregt und wollte nicht in den Wagen steigen«, hatte sich Dennison beklagt. »Sie sagte, sie habe keine direkten Anweisungen von ihren Vorgesetzten bekommen, und die Air Force könne sie mal. Verdammtes Frauenzimmer! Ich war unterwegs ins Büro, und sie erreichten mich übers Autotelefon. Wissen Sie, was sie zu mir sagte? >Wer, zum Teufel, sind Sie denn?< Und das zu mir-können Sie sich das vorstellen? Um das Maß vollzumachen, hat sie den Telefonhörer vom Ohr weggehalten und laut gefragt: >Was is’n das, ein Dennison?‹«

    »Das kommt davon, weil Sie so bescheiden sind und sich immer im Hintergrund halten, Herbert. Hat man es ihr gesagt?«
    »Die Dreckskerle haben nur gelacht. Deshalb sagte ich ihr, sie sei der Befehlsgewalt des Präsidenten direkt unterstellt, und wenn sie nicht sofort in den Wagen steige, könne sie sich darauf einrichten, fünf Jahre in Leavenworth zu verbringen.«
    »Das ist eine Haftanstalt für Männer.«
    »Das weiß ich. He! Sie dürfen sie in etwa einer Stunde erwarten. Und denken Sie dran, wenn sie das Sieb ist, kriege ich sie.«
    »Vielleicht.«
    »Ich hole mir eine Vollmacht vom Präsidenten.«
    »Und ich lese sie in den Abendnachrichten vor. Mit Fußnoten.«
    »Scheiße!«
    Kendrick trat vom Fenster zurück, um sich noch eine Tasse Kaffee einzuschenken, als eine unauffällige graue Limousine in die Zufahrt einbog, elegant die Kurve nahm und vor den Stufen anhielt. Ein Major der Air Force, der im Fond gesessen hatte, sprang heraus, ging um den Kofferraum herum und öffnete die Beifahrertür.
    Die Frau, die Kendrick unter dem Namen Kalaila kennengelernt hatte, stieg aus und kniff die Augen zusammen, weil die Sonne sie blendete. Sie wirkte unsicher und nervös. Sie trug keinen Hut, und das schwarze Haar hing ihr offen um die Schultern. Bekleidet war sie mit einer weißen Jacke, grüner Hose und flachen Schuhen. Ihre große weiße Handtasche hatte sie sich unter den rechten Arm geklemmt. Während Kendrick sie forschend musterte, wurde er von der Erinnerung an jenen Nachmittag in Bahrein überrumpelt. Er fühlte wieder den Schock, der ihn gepackt hatte, als sie durch die Tür des bizarr anmutenden königlichen Schlafzimmers gekommen und er entgeistert

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