Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
werde ich...«
»Können wir einen Spaziergang machen?« unterbrach Adrienne, trat an das große Erkerfenster auf der anderen Seite des Zimmers mit Ausblick auf die felsige Küste der Chesapeake Bay.
»Was?«
»Die Luft hier ist genauso unerträglich wie die Gesellschaft. Ich möchte ein bißchen spazierengehen. Bitte!« Sie hob die Hand, zeigte nach draußen und nickte dann zweimal so nachdrücklich, als erteile sie einen Befehl.
»Na schön«, murmelte Kendrick verwirrt. »Da hinten ist eine Seitentür.«
»Ich sehe sie«, sagte Adrienne-Kalaila und ging darauf zu. Sie kamen in einen Patio, der sich in einem wie mit der Nagelschere geschnittenen Rasen fortsetzte, und erreichten dann einen Pfad, über den man an den Strand und zu einer Bootsanlegestelle gelangte. Falls hier je Boote festgemacht gewesen waren, hatte man sie vor den Herbststürmen in Sicherheit gebracht.
»Sprechen Sie nur weiter, Herr Abgeordneter«, fuhr die Agentin der CIA fort. »Lassen Sie sich ja nicht davon abbringen!«
»Jetzt hören Sie aber auf, Miß Raschad – oder wie Sie heißen mögen!« Kendrick blieb mitten auf dem Weg stehen. »Wenn Sie glauben, ich plappere so einfach vor mich hin, dann sind Sie gewaltig im Irrtum...«
»Um Himmels willen, gehen Sie weiter! Sie werden noch mehr sprechen können, als Ihnen lieb ist, Sie Idiot.« Der Strand rechts von der Bootsanlegestelle war die für die Chesapeake Bay typische Mischung aus dunklem Sand und Steinen. Das Badehaus auf der linken Seite war auch nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich und nur auf den größeren Landsitzen zu finden waren die hohen Bäume nördlich und südlich von Anlegestelle und Bootshaus. Sie garantierten ein gewisses Maß an Abgeschiedenheit – mehr scheinbar als tatsächlich, doch sie waren es, die auf Adrienne Raschad besonderen Eindruck gemacht hatten. Sie wandte sich nach rechts und lief über Sand und Steine bis dicht an das mit sanften Wellen ans Ufer schlagende Wasser. Sie passierten den Baumgürtel und gingen weiter, bis sie zu einem großen Felsen kamen. Das riesengroße Haus, das auf dem Felsen stand, sah man von hier aus nicht. »So, das dürfte reichen«, sagte Adrienne.
»Reichen? Wofür?« fragte Kendrick. »Was soll dieses Trainingsprogramm überhaupt? Und da wir gerade dabei sind, wollen wir doch noch ein paar Kleinigkeiten klarstellen. Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie mir wahrscheinlich das Leben gerettet haben – wahrscheinlich, denn schlüssig beweisen läßt es
sich nicht -, aber ich nehme von Ihnen keine Befehle entgegen, bin meiner Meinung nach kein Idiot, und ungeachtet meines Amateurstatus sind Sie hier, um mir Rede und Antwort zu stehen – und nicht ich Ihnen.«
»Sind Sie fertig?«
»Ich hab’ noch nicht mal richtig angefangen.«
»Dann lassen Sie mich vorab einiges klären. Unser kleiner Spaziergang hatte den Zweck, aus dem Haus rauszukommen. Ich nehme an, Sie wissen, daß es sich um ein sogenanntes >sicheres< Haus handelt?«
»Aber selbstverständlich.«
»Und daß alles, was Sie sagen, abgehört wird? In jedem Zimmer und sogar in der Toilette und unter der Dusche.«
»Ich weiß, daß das Telefon...«
»Vielen Dank, Mr. Amateur.«
»Ich habe nichts zu verbergen...«
»Sprechen Sie leise und zum Wasser hin, wie ich.«
»Was? Warum?«
»Elektronische Lauschgeräte. Die Bäume verzerren die Laute, weil es keine direkten visuellen Peilstrahlen gibt...«
»Was?«
»Laser hat in der Technologie vieles möglich gemacht.«
»Was?«
»Halten Sie den Mund! Flüstern Sie nur.«
»Ich wiederhole, ich habe nicht das geringste zu verbergen. Sie vielleicht schon – ich nicht.«
»Ach, wirklich nicht?« fragte Adrienne Raschad, lehnte sich an den Felsen und sprach zu den kleinen, langsam an Land kriechenden Wellen hinunter. »Wollen Sie Achmad hineinziehen?«
»Ich habe ihn dem Präsidenten gegenüber schon erwähnt, weil ich fand, er müsse wissen, daß dieser Junge eine große Hilfe für uns war...«
»Oh, darüber wird sich Achmad freuen. Und sein Leibarzt? Und seine beiden Vettern, die Ihnen geholfen und Sie beschützt haben? Und El-Bas und der Pilot, der Sie nach Bahrein geflogen hat? Sie alle könnten es mit dem Leben bezahlen.«
»Außer Achmad habe ich nie jemanden namentlich erwähnt...«
»Namen sind irrelevant. Funktionen nicht.«
»Um Himmels willen, es war der Präsident der Vereinigten Staaten!«
»Und spricht er, allen Gerüchten zum Trotz, manchmal auch ohne
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