Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
nicht nur meine Zeit vergeudet, sondern auch einen Haufen Steuergelder, um mich herzuholen und mir eine Frage zu stellen, die Ihnen jeder erfahrene Geheimagent beantworten könnte.«
»Sie hätten mich verkaufen können, mein Name wird zur Zeit ziemlich hoch gehandelt, wie Sie sagen.«
»Verkaufen? Wofür? Für mein Leben? Für die Leben, die ich benutzt habe, um auf Ihrer Fährte zu bleiben? Für die Leben der Männer, die für mich und meine Arbeit wichtig sind – eine notwendige und wertvolle Arbeit, wie ich Ihnen in Bahrein zu erklären versuchte? Glauben Sie das wirklich?«
»Herrgott, ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll«, gestand Kendrick kopfschüttelnd. »Alles, was ich tun wollte, alles, was ich plante, ist auf dem Müll gelandet. Achmad will mich nie wiedersehen, ich kann nicht mehr zurück – weder nach Oman noch in ein anderes Emirat noch in irgendeinen Golfstaat. Er wird dafür sorgen.«
»Sie wollten zurück?«
»Es war mein größter Wunsch, mein einziges Ziel. Ich wollte mein Leben dort weiterführen, wo ich wirklich etwas geleistet habe. Aber vorher mußte ich den Schweinehund finden und erledigen, der alles vernichtet, der nur um des Tötens willen so viele Menschen getötet hat...«
»Den Mahdi«, unterbrach Adrienne. »Achmad hat es mir gesagt. Sie haben es geschafft. Achmad ist jung und wird seine Meinung ändern. Eines Tages wird er begreifen, was Sie für alle dort drüben getan haben, und er wird es Ihnen danken... Doch Sie haben mir eben eine Frage beantwortet, die ich noch gar nicht gestellt hatte. Ich dachte nämlich, Sie hätten die Story selbst publik gemacht, aber das haben Sie nicht, oder?«
»Ich? Sie müssen den Verstand verloren haben. In einem halben Jahr habe ich mit Politik nichts mehr zu tun.«
»Dann steckt also kein politischer Ehrgeiz dahinter?«
»Himmel, nein! Ich packe meine Siebensachen und gehe. Nur weiß ich jetzt nicht mehr, wohin. Jemand versucht mich aufzuhalten, aus mir etwas zu machen, was ich nicht bin. Was, zum Teufel, geschieht mit mir?«
»Über den Daumen gepeilt, würde ich sagen, Sie werden exhumiert.«
»Ich werde – was? Von wem?«
»Von irgend jemand, der sich einbildet, Ihnen sei Unrecht geschehen. Von jemand, der glaubt, Sie verdienten öffentliche Anerkennung.«
»Die ich nicht will. Und der Präsident hilft mir auch nicht. Er verleiht mir am nächsten Dienstag im Blue Room die Medal of Freedom – und die Marinekapelle spielt dazu. Ich habe ihm gesagt, daß ich keinen Orden will, und der Bursche hat geantwortet, ich müsse ihn nehmen, weil er nicht als Neidhammel dastehen wolle. Was ist das für eine Logik?«
»Eine sehr präsidentschaftliche...« Adrienne unterbrach sich. »Gehen wir weiter«, sagte sie hastig, als am Ende der Anlegestelle zwei weißgekleidete Angestellte des Hauses auftauchten. »Schauen Sie sich nicht um. Bleiben Sie ganz lässig. Wir schlendern einfach diesen Pseudostrand entlang.«
»Darf ich sprechen?« fragte Kendrick.
»Nichts zur Sache Gehöriges. Warten Sie, bis wir hinter der Biegung sind.«
»Warum? Können sie uns hören?«
»Möglich. Ich bin nicht sicher.« Sie folgten dem geschwungenen Ufer, bis die beiden Männer auf dem Steg von den Bäumen verdeckt wurden. »Die Japaner haben Richtungsrelais erfunden«, fuhr Adrienne scheinbar zusammenhanglos fort. »Allerdings hab’ ich noch nie eins zu sehen bekommen.« Dann blieb sie stehen und blickte mit einer Frage in den intelligenten Augen zu Kendrick auf. »Sie haben mit Achmad gesprochen?« fragte sie.
»Gestern. Er hat mir erklärt, ich soll mich zum Teufel scheren und mich in Oman nie wieder sehen lassen.«
»Sie werden verstehen, daß ich das nachprüfe, ja?«
Kendrick war erstaunt, wurde dann zornig. Sie befragte ihn,
beschuldigte, überprüfte ihn. »Was Sie tun, ist mir verdammt egal, mich interessiert nur, was Sie vielleicht getan haben. Sie sind überzeugt, Kalaila – Entschuldigung, Miß Raschad -, und Sie glauben das, was Sie sagen, vielleicht selbst, aber die sechs Männer, die über mich Bescheid wußten, hatten alles zu verlieren und nichts, aber auch gar nichts zu gewinnen, wenn sie verrieten, daß ich vergangenes Jahr in Maskat war.«
»Und ich hatte nichts zu verlieren, außer meinem Leben und den Leben, die ich mir in diesem Sektor herangezogen hatte und von denen ich ganz zufällig einige sehr gern habe. Steigen Sie von Ihrem hohen Roß herunter, Herr Abgeordneter, Sie sehen da oben außerordentlich lächerlich aus. Sie
Weitere Kostenlose Bücher