Der illustrierte Mann
wir glücklich und zufrieden sind.«
Die Patres lagen auf ihren Knien in dem alles überflutenden blauen Licht, auch Pater Peregrine, und sie weinten, und es kümmerte sie nicht, daß sie ihre Zeit verschwendet hatten.
Raunend begannen die blauen Kugeln sich wieder in die kühle Morgenluft zu schwingen.
»Darf ich«, rief Pater Peregrine, der keine Fragen zu stellen wagte, mit geschlossenen Augen, »darf ich eines Tages wiederkommen, damit ich von euch lernen kann?«
Die blauen Feuer strahlten. Die Luft bebte.
Ja. Eines Tages dürfe er wiederkommen.
Und dann waren die Feuerballons weggeweht und verschwunden, und er lag wie ein Kind auf den Knien, die Tränen strömten ihm aus den Augen, und er schluchzte in sich hinein: ›Kommt zurück, kommt zurück!‹
Bei Sonnenuntergang zogen sie aus den Bergen herab in die Ebene. Als er zurückblickte, sah Pater Peregrine die blauen Feuer lodern. Nein, dachte er, für euch konnten wir keine Kirche bauen Ihr seid Gestalt gewordene Schönheit. Welche Kirche könnte sich mit dem Glanz der reinen Seele messen?
Pater Stone schritt schweigend neben ihm her. Schließlich begann er zu sprechen.
»So wie ich es sehe«, sagte er, »gibt es auf jedem Planeten eine Wahrheit. Alles Teile der einzigen großen Wahrheit. An einem bestimmten Tage aber werden sie sich vereinen wie die Teile eines Puzzlespieles. Dieses Erlebnis ist mir sehr nahegegangen. Ich werde nie wieder zweifeln, Pater Peregrine. Denn diese Wahrheit hier ist so wahr wie unsere irdische Wahrheit, sie existieren beide nebeneinander. Und wir werden weiterziehen zu anderen Welten, die Summe aller Teile dieser Wahrheit zusammenfügend bis eines Tages das ganze Gebäude vor uns stehen wird wie das Licht eines neuen Tages.«
»Aus Ihrem Munde ist das sehr viel, Pater Stone.«
»In gewisser Weise tut es mir jetzt leid, daß wir in die Stadt zurückgehen, um unter unseresgleichen zu wirken. Diese blauen Lichter ... als sie sich um uns niederließen ... und diese Stimme ...« Pater Stone erschauerte.
Pater Peregrine ergriff seinen Arm. Sie schritten zusammen weiter.
»Und wissen Sie«, sagte Pater Stone schließlich, indem er seine Augen auf Bruder Matthias richtete, der vor ihnen schritt und die Glaskugel vorsichtig in seinen Armen trug, jene Glaskugel mit dem ewig glühenden, blau phosphoreszierenden Licht darin, »wissen Sie, Pater Peregrine, jene Kugel dort ...«
»Ja?«
»Er ist es. Ja, Er ist es.«
Pater Peregrine lächelte, während sie aus den Ausläufern der Berge traten und auf die neue Stadt zuschritten.
Die letzte Nacht der Welt
»Was würdest du tun, wenn du wüßtest, daß heute die letzte Nacht der Welt anbricht?«
»Was ich tun würde? Meinst du das im Ernst?«
»Ja, absolut.«
»Ich weiß nicht. Ich habe nie darüber nachgedacht.«
Er goß Kaffee ein. Im Hintergrund spielten die beiden Mädchen im Licht der grünen Sturmlaternen mit Bauklötzen auf dem Teppich des Wohnzimmers. Der angenehme, reine Duft des frisch aufgebrühten Kaffees lag in der Abendluft.
»Es wäre gut, wenn du dir jetzt einmal darüber Gedanken machtest«, sagte er.
»Das kannst du nicht ernst meinen!«
Er nickte.
»Ein Krieg?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nicht die Wasserstoff- oder die Atombombe?«
»Nein.«
»Oder ein Krieg mit biologischen Waffen?«
»Nichts dergleichen«, antwortete er, während er langsam seinen Kaffee umrührte. »Ich möchte es ganz einfach so formulieren: ein Buch wird geschlossen.«
»Ich glaube, das verstehe ich nicht.«
»Auch ich verstehe es nicht ganz; es ist mehr ein Gefühl. Manchmal schreckt es mich, ein andermal wieder gar nicht, und der Gedanke läßt mich völlig ruhig.« Er blickte zu den Mädchen hinein, deren blonde Haare im Rampenlicht schimmerten. »Ich habe dir bisher nichts gesagt. Zum erstenmal kam er vor vier Nächten.«
»Wer?«
»Der Traum. Ich träumte, daß alles zu Ende gehen würde, und eine Stimme bestätigte es; keine Stimme, an die ich mich erinnern kann, aber es war jedenfalls eine Stimme, und sie sagte, daß jegliches Leben hier auf der Erde enden würde. Am nächsten Tag dachte ich kaum noch daran, aber am Nachmittag sah ich im Büro, wie Stan Willis aus dem Fenster starrte, und ich sagte, ich gäb' was drum, Stan, wenn ich wüßte, was du denkst, und er antwortete, er hätte letzte Nacht einen Traum gehabt, und noch bevor er mir seinen Traum erzählte, kannte ich ihn. Genauso gut hätte ich ihm seinen Traum erzählen können, aber er erzählte
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