Der illustrierte Mann
du mit meinem Geld getan!«
Und ohne es zu wollen, beugte er sich weiter und weiter vor, bis sein fiebergerötetes Ohr fest auf ihrem runden Busen ruhte.
»Nettie!« schrie er auf.
Tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick.
Während Smith die Avenue hinunterschritt und in der Nacht verschwand, traten Braling und Braling Zwei in den Hausflur. »Ich freue mich, daß auch er glücklich werden wird«, sagte Braling.
»Ja«, meinte Braling Zwei zerstreut.
»Und nun in den Keller und in die Kiste mit dir, B. Zwei.« Braling führte das Geschöpf am Ellbogen hinunter in den Keller.
»Darüber wollte ich mich gerade mit dir unterhalten«, sagte Braling Zwei, als sie unten angelangt waren und über den Zementboden schritten. »Über den Keller. Ich mag ihn nicht. Mir gefällt die Werkzeugkiste nicht.«
»Ich werde versuchen, dir etwas Bequemeres zurechtzumachen.«
»Marionetten sind dazu gemacht, daß sie sich bewegen. Wie würde es dir gefallen, wenn du die meiste Zeit in einer Kiste liegen müßtest?«
»Nun ja ...«
»Es würde dir überhaupt nicht gefallen. Ich funktioniere weiter. Es gibt keine Möglichkeit, mich abzustellen. Ich bin regelrecht lebendig, und ich besitze Gefühl.«
»Es dauert nur noch ein paar Tage. Dann verschwinde ich nach Rio, und du brauchst nicht länger in der Kiste zu liegen. Du kannst oben in der Wohnung leben.«
Braling Zwei gestikulierte leicht gereizt. »Und wenn du zurückkommst und dein Vergnügen genossen hast, ist mein Platz wieder die Kiste.«
»In der Marionettenfabrik hat man mir nichts davon erzählt«, sagte Braling ruhig.
»Es gibt eine ganze Menge, was sie nicht über uns wissen«, erwiderte Braling Zwei. »Wir sind noch ziemlich neu. Und wir sind sensibel. Ich hasse den Gedanken, daß du jetzt abreisen willst und dir ins Fäustchen lachst und in Rio in der Sonne liegst, während wir hier in der Kälte sitzen bleiben müssen.«
»Mein ganzes Leben lang habe ich diese Reise herbeigesehnt«, sagte Braling ruhig.
Er kniff die Augen zusammen und konnte das Meer und die Berge und den gelben Sand sehen. Es tat gut, im Geiste das Rauschen der Wellen zu hören!
» Ich werde nie nach Rio kommen«, sagte der andere. »Hast du daran gedacht?«
»Nein, ich ...«
»Und noch etwas. Deine Frau.«
»Was ist mit ihr?« fragte Braling und begann, sich vorsichtig in Richtung auf die Tür zurückzuziehen.
»Ich habe sie inzwischen ziemlich lieb gewonnen.«
»Es freut mich, daß deine Beschäftigung dir gefällt.« Braling leckte sich nervös die Lippen.
»Ich fürchte, du verstehst mich nicht. Ich glaube – ich liebe sie.«
Braling machte einen weiteren Schritt und erstarrte. »Du – was?«
»Und ich habe darüber nachgedacht«, sagte Braling Zwei, »wie nett es in Rio sein würde. Und auch über deine Frau habe ich nachgedacht, und – ich glaube, wir könnten sehr glücklich sein.«
»D-das ist fein.« So unauffällig wie möglich schlenderte Braling zur Kellertür hin. »Es macht dir doch nichts aus, wenn ich dich einen Augenblick warten lasse, nicht wahr? Ich muß nur rasch einmal telephonieren.«
»Wen willst du anrufen?« fragte Braling Zwei mit gerunzelter Stirn.
»Ach, das ist unwichtig.«
»Marionetten, e. V.? Sagen, daß sie kommen und mich abholen sollen?«
»Nein – nein, nichts dergleichen!« Er versuchte, aus der Tür zu rennen.
Ein metallharter Griff schloß sich um sein Handgelenk. »Lauf nicht davon!«
»Laß mich sofort los!«
»Nein.«
»Hat meine Frau dich aufgehetzt?«
»Nein.«
»Hat sie etwas gemerkt? Hat sie mit dir darüber geredet? Weiß sie? Ist es deswegen?« Er schrie. Eine Hand verschloß seinen Mund.
»Du wirst es nie erfahren, oder?« Braling Zwei lächelte fein. »Du wirst es nie erfahren.«
Braling wand sich verzweifelt. »Sie muß es gemerkt haben; sie muß dich angestiftet haben!«
Braling Zwei sagte: »Ich werde dich jetzt in die Werkzeugkiste stecken, abschließen und den Schlüssel verlieren. Und dann werde ich einen zweiten Flugschein nach Rio für deine Frau kaufen.«
»Halt, halt, wart einen Moment. Handle nicht unüberlegt. Laß uns noch einmal darüber reden!«
»Adieu, Braling.«
Braling erstarrte. »Was meinst du damit – ›adieu‹?«
Zehn Minuten später erwachte Mrs. Braling. Sie strich sich mit der Hand über die Wange. Jemand hatte sie gerade geküßt. Sie erschauerte ein wenig und sah hoch. »Nanu – das hast du seit Jahren nicht mehr getan«, murmelte sie.
»Wir wollen sehen, ob sich das
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