Der im Dunkeln wacht - Roman
berichten, was vorgefallen war.
»Jetzt sind wir also wieder Hundebesitzer«, meinte Krister zufrieden.
Er hatte Egon auf dem Schoß und kraulte ihm die Ohren. Der Dackel rülpste leise. Das Trockenfutter, verfeinert mit Leberwurst und den Resten des Gulaschs vom Vortag, hatte ihm gut geschmeckt.
»Von wegen Besitzer, Hundesitter«, berichtigte ihn Irene.
»Schade. Der Kleine ist wirklich süß. Aber er braucht ein Bad«, meinte Krister.
Egon merkte, dass man von ihm sprach, und wedelte fröhlich mit dem Schwanz. Voller Zuneigung leckte er Krister das Kinn. Irene stand auf und bereitete sein Körbchen vor. Sie ging ins Obergeschoss und stellte ihn in eine Ecke ihres Schlafzimmers. Dort hatte Sammie immer auf einem weichen Teppich gelegen. An einen Korb war er nie zu gewöhnen gewesen. Ihm war das Bett von Herrchen und Frauchen lieber. Obwohl sie sich einig gewesen waren, ihn nicht in ihr Bett zu lassen, hatte er die meisten Nächte seines fünfzehnjährigen Lebens dort verbracht. Irene hatte sich nicht vorstellen können, dass es ihr einmal fehlen würde, dass er es sich am Fußende bequem machte, aber so war es. Sogar sein Schnarchen fehlte ihr.
Egon legte sich artig in seinen Korb, als Irene und Krister zu Bett gingen. Aber nur wenige Minuten, nachdem Irene das Licht ausgemacht hatte, hörte sie kleine Pfoten auf dem Fußboden. Das Bett schaukelte kaum, als Egon auf das Fußende sprang. Er drehte sich einige Male um sich selbst, bevor er sich mit einem zufriedenen Seufzer fallen ließ. Irene spürte die Wärme seines kleinen Körpers durch die Decke. Sie lächelte und schlief sofort ein.
W em gehört der Hund?«
Kommissarin Thylqvist stand auf dem Korridor und sah Egon missbilligend an. Er wedelte eifrig mit dem Schwanz. In der Schnauze hatte er einen kleinen Hüpfball, der einmal Sammie gehört hatte. Es war lustig anzusehen, wenn jemand diesen durch den Korridor warf, und der Hund hinterherjagte. Allmählich begriff Egon, dass die Frau, die so stark nach Parfüm roch und mit strenger Stimme sprach, den Ball nicht für ihn werfen würde. Im Gegenteil, sie wirkte wütend, und er fühlte sich verwirrt. Beschämt ließ er den Ball fallen und nieste einige Male, bevor er eilig in Irenes Zimmer verschwand. Diese wollte ihr Büro gerade verlassen und wäre beinahe über ihn gestolpert.
»Da bist du ja«, sagte Irene und nahm den Hund auf den Arm.
Sie trat auf ihre Chefin zu.
»Das hier ist Egon. Sein Frauchen wurde am Freitagabend tot aufgefunden. Sie heißt Ann-Britt Söderström und hatte die Leiche von Ingela Svensson gefunden. Um die Wahrheit zu sagen, hat Egon die Leiche vermutlich gefunden«, sagte sie.
Irene lächelte Thylqvist an und hielt ihr den Hund hin, damit sie ihn streicheln könne. Irene war froh, dass sie ihn am Samstag noch gebadet und ihm die Krallen geschnitten hatte. Zunächst hatte er sich gewehrt, sich dann aber damit abgefunden. Jetzt roch er gut, und sein rotbraunes Fell glänzte. Krister und sie hatten das Wochenende frei gehabt und lange Spaziergänge mit Egon unternommen. Es war sehr schön gewesen, wieder einen Hund im Haus zu haben. Die Kommissarin streckte die Hand aus und strich dem Dackel vorsichtig über den Kopf. Irene merkte,
dass er sich fester an sie drückte, aber glücklicherweise knurrte er nicht. Hingegen nieste er ein weiteres Mal nachdrücklich. Offenbar vertrug er das Parfüm der Thylqvist nicht.
»Süß. Aber warum hast du ihn mitgebracht?«, fragte die Kommissarin und zog ihre Hand zurück.
»Sara und ich haben Ann-Britt Söderström sehr spät am Abend gefunden. Deswegen habe ich den Hund mit nach Hause genommen. Übers Wochenende konnte ich keine Unterbringung für ihn finden, also blieb er bei mir. Ich will die Tochter heute anrufen, um sie zu fragen, was mit Egon geschehen soll. Eigentlich sollte er heute in meinem Büro bleiben, aber er ist mit dem Ball entwischt … Offenbar scheint er hier auf dem Gang seinen Spaß zu haben.«
»Der Hund läuft wirklich zu Hochform auf, wenn man den Ball wirft. Vielleicht wird das ja mal ein richtiger Rennhund? Willst du nicht Rennen laufen und für Onkel Jonny viel Geld verdienen?«
Irene nahm mit Erstaunen zur Kenntnis, dass Jonny Egon offensichtlich unwiderstehlich fand. Er trat auf den Hund zu und begann in Babysprache auf ihn einzureden. Dass ihm seine Kollegen dabei zuhörten, schien ihm gleichgültig zu sein. Ohne weitere Umstände nahm Jonny Irene den Hund aus dem Arm und setzte ihn auf den Fußboden. Dann
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