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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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die Bauanleitungen gemeinfrei macht, aber die Produktionsmittel in Oligarchen-, Oligopolisten-, eben abstrakter Privathand läßt, kritisiert statt des wirtschaftlichen Realverhältnisses dessen Ideologie, um sie durch eine dümmere zu ersetzen – und wird, wenn die entsprechenden Bemühungen am Ende auch noch von Erfolg gekrönt sind, in einer Welt aufwachen, in der die Herstellung von Kunst, Meinung, Wissenschaft nur noch denen obliegt, die es sich leisten können, nicht davon leben zu müssen – entweder, weil sie anderweitig Macht besitzen oder denen gefällig sind, für die das gilt. You cannot free information unless you free people.
     
V.
Soziale Objektivitäten: Meinungsfreiheit und Wissenschaft
    Der eben untersuchte Fall ist in unserem Zusammenhang wichtig als Illustration eines weiterreichenden Zusammenhangs: In der Urheberrechtsfrage wie in Sachen Meinungsfreiheit wird durch eine historische Entwicklung, in der das scheinhafte Ineinsliegen von Geschichte und Fortschritt, das bei der politischen Durchsetzung des Kapitalverhältnisses so viel emanzipatorische Hoffnungen weckte, immer fragwürdiger werden muß, das jeweils universal gesetzte, aber konkret immer an Individuen gebundene Recht (auf Meinung, Kunst etc.), wie es die Aufklärung versteht, gerade vom ebenfalls universal gesetzten Partikularverhältnis zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden unterlaufen, ausgehöhlt, ausgehebelt: Rich media, poor democracy , sagt der Kommunikationshistoriker Robert W. McChesney dazu – als die erste Zeitung von Auflagen lebte, war die Meinungsfreiheit, die Thomas Paine mit seinen Flugschriften hatte erstreiten und verteidigen wollen, schon gefährdet, als dann das Anzeigengeschäft den Löwenanteil der Einnahmen auszumachen begann, war sie tot.
    Daß die Waffengleichheit zwischen einer Meinung, die dem Großbesitzer und Anzeigenkunden nützt, und einer anderen, die ein halbverrückter Obdachloser an der Straßenecke verstörten Passanten ins Gesicht schreit, nicht gegeben ist, wird vielleicht nicht mal letzterer leugnen.
    Die Aufklärung, idealistisch noch in ihren materialistischsten Köpfen von La Mettrie bis Feuerbach, weil über die Materialität sozialer Verkehrsverhältnisse schlecht unterrichtet und an dieser Stelle aus Loyalität gegen ihre Klasse nicht hinreichend neugierig, hat über der staatlichen und kirchlichen Zensur schlicht die ökonomische vernachlässigt, ihre Klassengrenze war ihre Denkgrenze; ihre Zurechnung dessen, was da frei sein sollte, auf ehrenhafte, nicht erpreßte, nicht erpreßbare Individuen, dachte und rechtfertigte sie rein logisch, in zweiter Linie dann sozial und politisch, fast nie aber historisch. Das Arbeiten mit den ersten drei Gesichtspunkten trug ja zunächst auch weit genug – mit Leuten, die nicht so sind, wie die Aufklärung sich die Trägerinnen und Träger der Freiheitsrechtsgüter dachte, mit Leuten also, deren Maxime etwa lautet: »Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an« oder »Wes Brot ich eß, des Lied ich sing«, kann man ja wirklich nicht diskutieren; anderen zu widersprechen, ist logisch tatsächlich nur in dem Ausmaß statthaft, wie es die Sprecherin entehren würde, widerspräche sie sich fortwährend selbst.
     
    Den Nutzen davon hat – hier geht die logische in die soziale und politische Herleitung über – freilich nicht nur die einzelne Meinung, Proposition oder Inferenz und das sie vertretende Individuum selbst, das sich z.B. »nicht verbiegen«, »nicht ducken« und keine Meinungen für sich behalten muß, sondern auch das Gemeinwesen als ganzes, im weitesten bei der politischen Durchsetzung der Aufklärung erreichbaren Rahmen also zunächst »die Nation«, insofern nämlich die Korrektur der falschen Meinung durch die richtige ja auch nicht unbedingt diejenigen von der ersteren abbringt, die sie vielleicht aus irgendwelchen mehr oder weniger ehrenhaften Gründen weiterhin hegen wollen, dafür aber anderswo wirkt: Die öffentliche Sichtbarkeit des Unterschieds zwischen den beiden Meinungen wird Gemeingut, wie einzelne Meinungen selbst das nie sein könnten. Dieses Gemeingut, das ist der Witz, dem Rorty und Popper, Pluralismus und Neopragmatismus die Spitze abzubrechen bemüht sind, ist eng verwandt dem anderen Gemeingut, auf das Bacon mit seiner Empfehlung einer sozialen Instituierung moderner Wissenschaft abzielte – hören wir dazu eine klassische, authentische Herleitung beim französischen Materialisten Helvétius:
    »Dem

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