Der Implex
Hardwareproblemen zusammen, oder weist man sie ab, aber wer entscheidet dann, welche hereindürfen und welche nicht? Das Kollektiv? Aber ist das nicht der reine Kommunismus? Die Experten? Aber wären das nicht die mit nahezu unbegrenzten Vollmachten ausgestatteten Bevollmächtigten der Mehrheit, vor denen Hayek sich so fürchtet? Ein Diktator? Aber wäre der den Liberalen, die ihn bräuchten, nicht sehr peinlich?
Ganz und gar beliebig austauschbar sind die linken und rechten Rhetoriken freilich nicht; da es der Linken um eine Aufhebung von Naturwüchsigem geht, der Rechten aber zunächst um deren Verewigung und erst in Reaktion auf die Angriffe der Linken dann um ihre Verschärfung, weil die Linke, wenn sie erstarkt, meist durchsetzen kann, daß das Argument »Es muß alles so bleiben« zerfällt, denn daß es sich ohnehin ändert, ist irgendwann nicht mehr zu übersehen (spätestens wenn die historische Perspektive aufgemacht wird) und wird von der Rechten dann mit jenen Rhetoriken gekontert, die ihren Übergang vom konservativen (wörtlich ja: bewahrenden, also stetigen, statischen) zum reaktionären (also bewegten, aktiven, dem Andrängenden entgegendrängenden) Modus erzwingt, und dessen wichtigste Strategeme meist die Behauptungen 1. der Unnatur beziehungsweise des Widersinns – im Sinne einer kosmischen Ordnung – dessen, was die Linke will, 2. der Vergeblichkeit dessen, was die Linke plant, und schließlich 3. der Gefährlichkeit dessen, was die Linke tut, darstellen (der alles andere als radikale Soziologe und Volkswirt Albert Otto Hirschman hat 1991 in seiner klugen kleinen Schrift The Rhetoric of Reaction: Perversity, Futility, Jeopardy eine gründliche Untersuchung dieses Nexus vorgelegt). Die in der Perspektive, die solche Rhetorik herzustellen bestimmt ist, schlimmsten linken Ketzereien sind drei: 1. Planbarkeit des Sozialen, 2. Demokratie und, am allerschrecklichsten, 3. deren systematische Verbindung. Gegen die Demokratie gibt sich die rechte Rhetorik daher elitär (nur Leute, denen das Herrschaftswissen zugänglich ist, können über gewisse Dinge, die angeblich demokratisch entscheidbar sind, überhaupt ein Urteil fällen) und muß mit dem Widerspruch leben, daß man gegen die Planung oft im selben Atemzug populistisch, leutselig, volkstümlich klingt (die Planer werden euch, den kleinen Leuten, ihre Pläne aufzwingen, der Plan ist die Ausgeburt lebensfremder Blutsauger, die euch und eure unbezwingbare Vitalität kujonieren wollen, wer Plan sagt, meint die Knute des Politkommissars).
Läßt die Linke die Finger dennoch nicht vom Jonbar-Scharnier, wird das antidemokratische Argument verschoben von » perversity « zu » futility «: Es gebe gar keine kollektiven Willensäußerungen, schon gar keine informierten, wie solle man die denn herstellen? Das Gemeinwesen nach ihnen einrichten zu wollen, sei folglich eine Wahnvorstellung. Bis jetzt hat man auf diesen Punkt Hayeks selten linke Erwiderungen gehört, was aber nicht daran liegt, daß er schlagend wäre, als vielmehr daran, daß man, um ihn zu beantworten, keine spezifisch linke, sondern nur die – in der Linken im Gefolge einer langen Reihe von Niederlagen fast vergessenen – Ursprünge des linken Programms in der Aufklärung ausgraben muß, um eine ganz einfache Schlußkette in Gang zu setzen: 1. Was ist Wille? Wille ist Wünschen, modifiziert durch Kostenrechnung, das heißt Zeitkalküle (aus denen dann die Tugenden erwachsen, die man mit dem Willen gemeinhin in Verbindung bringt: Beharrlichkeit, Frustrationstoleranz et cetera). 2. Was aber ist Wünschen? Bedürfnis, das wahrgenommen wird (Triebe wünschen noch nicht, sie animieren, wenn sie nicht zu Wünschen heranreifen oder dem Wünschenkönnen aus irgendeinem Grund entzogen sind, andere Körperfunktionen als Wahrnehmung und Bewußtsein). 3. Wie also stellt man einen kollektiven Willen her? Indem man kollektive Bedürfnisse wahrnehmbar macht und kollektiver Kostenrechnung zugänglich. 4. Gibt es dafür im Konzept der Aufklärung ein Instrument? Selbstverständlich, wir haben es im siebten Kapitel breit vorgestellt, es heißt »Öffentlichkeit«; und die Kostenrechnung, das Zeitkalkül, ist nichts anderes als das, was die Aufklärung selbst leisten wollte, um den Moment der Äußerung des so geformten Willens, den sie Abstimmung nannte (ob repräsentativ, plebiszitär oder, auf höherem Stand der Produktions- und also auch Kommunikationsmittel, in irgendeiner dritten Weise, tut dabei
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