Der Implex
Frederick Pohl und C.M. Kornbluth 1953 mit The Space Merchants , wo allerlei Wahres über Wegwerfmentalität und Werbeblödsinn gefunden werden kann – die beiden sind Erzlibertarier, an der Werbeindustrie stört sie, daß das so riesige Konzerne (also fast sozialistische Staaten-im-Staat) sind und man mit ihrer Hilfe schlechte Ware verkauft, als wären es gute –, ein Dorn im Auge der schlanken Mittelständler, für die solche Literatur ebensogut spricht wie ein Menschenalter später die expliziter vom Machen, Kaufen und Verkaufen berauschten Produkte der gierigen Achtziger, etwa C.G. Edmondsons The Man who captured earth von 1980 oder Ben Bovas Privateers (1985), in denen mit einiger Kunstfertigkeit literarisch Geräusch gemacht wird zu Reagans Wiederbelebung des altamerikanischen Grenzergeists (samt SDI); während Cyberpunk, die damals geborene sub- und gegenkulturelle Alternative für die SF-Klientel, es aus Gründen, die wir mehrfach behandelt haben (im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten der Solidarität unter denen, die info-ökonomisch gebundener Arbeit nachgehen), nur zu einer Art Weltverzweiflung bringt, die viel mit der Krimi-Untergattung noir und wenig mit gesellschaftlicher Gegenwehr zu tun hat.
Libertäre SF will aus den Gesetzen des Kosmos selbst, wie sie dem competent hero in der Tradition der Männerimagines aus den Storyfabriken der SF-Befruchter Hugo Gernsback und John W. Campbell und davor den Pulpheroen der E.E. Smith oder Edmond Hamilton in Fleisch, Blut, Hirn und Muskel übergegangen waren, die Rechte des von keinem Staat gegängelten kapitalistischen Produzenten, Käufers und Verkäufers ableiten, Thermodynamik gegen handouts und Gefühlsduselei heißt der Modus, und das geht gut, weil aus wissenschaftlichen Befunden übers Sein ohne nervenzerrenden Umweg über die Zurkenntnisnahme des Sozialen und seiner Geschichte jederzeit jedes beliebige »Sollen« abgeleitet werden kann, oder auch gar keins – wer ein politisches Argument aufstellt, kommt um Normativität nicht herum, von welcher die Scheinabgeklärtheit nicht nur der Mises und Hayeks ablenken soll; wer aber das Vorhandene ändern (statt schützen oder in seinen bestehenden Ungleichgewichten verschärfen) will, kann der expliziten Normativität (sprich: der ausgesprochenen Programmatik) nur um den Preis des Ausgeliefertsein ans Wechselspiel zwischen den immergleichen öden und fruchtlosen einerseits ökonomistischen, andererseits politizistischen Illusionen entraten (wir werden das Problem im nächsten Kapitel näher betrachten); der böse Teil am Erbe Hegels, der paradoxerweise ausgerechnet den Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit deterministisch denken wollte, bleibt virulent.
Jedem Determinismus abhold, unterscheiden sich aber die libertarians in jedem anderen Punkt von den liberals, diese politische und, wenn man so will, kulturelle (genauer ist die Sache kaum zu fassen) Unterscheidung ist, auch wenn die beiden Wörter aus den USA stammen, keine bloß amerikanische Eigentümlichkeit, sondern späte Folge des Schillerns, das der Freiheitsbegriff im bürgerlichen Zeitalter ohnehin um sich verbreitet; er hat die Gründungspolitik und daher die politischen Legitimationen der in den USA verbreiteten politischen Fraktionen nur deshalb, weil das Land als Ganzes sozusagen links von Europa stand, stärker geprägt und durchwirkt sie noch heute gründlicher als anderswo. Liberals, das sind Roosevelts und Deweys Leute, gutherzige, sozialdemokratisch inklinierte Pragmatiker (manchmal auch philosophisch: Pragmatisten), die unter Freiheit immer auch die von der Not verstehen. Ihre Prominenz besteht heutzutage tatsächlich aus den Kulturschaffenden, über die Mises sich mokiert, Naturwissenschaftlerinnen, Ingenieure und ihre Verteidiger muß man da eher suchen, aber einer der wirkmächtigsten vereinte alle drei Vokationen auf sich: Isaac Asimov, wichtigster amerikanischer Vertreter der eigentlich erzbritischen Wells-Tradition, hat sein Bild vom Fortschritt (genauer: von der Abwehr des Rückschritts in die Barbarei, den er wie andere bedeutende geschichtsphilosophisch interessierte SF-Autoren, etwa James Blish, als eine hochtechnisierten Gesellschaften nicht nur von außen drohende, sondern stets innewohnende Gefahr ansah) in stiller, emsiger und hintersinniger Konkurrenz zu Heinleins gigantischem Wandgemälde der future history entworfen; hauptsächlich in den drei Bänden der Foundation -Trilogie, Foundation (1951), Foundation and
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