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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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sie sind, könnte man sie von diesen nicht unterscheiden, nicht an sie denken, nicht von ihnen sprechen – die Regeln des Go-Spiels sind die notwendige Bedingung für eine Partie, die hinreichende ist das, was die Spielenden dann tun – und, so unerbittlich ist auch das Anomalste im Bereich der Praxis und Hexis, auch wirklich tun müssen, sonst gibt’s keine Partie sowie, dies ist die Pointe an Ryles und Davidsons, zuvor schon Wittgensteins einschlägigem Argumentenkatalog, auch kein Spiel namens Go).
     
    Leute, die unter dem Eindruck von Marx, Pohrt, Postone, Kurz (und seltener, früher aber häufiger: Althusser) glauben, deontisches Denken und Fragen über Ökonomisches, die Auseinandersetzung mit Normen für richtiges Wirtschaften angesichts der historisch-kritischen Methode von Marx und Engels also, sei so erledigt, wie Marx und Engels die Philosophie bei der Niederschrift der Deutschen Ideologie sahen, verlieren über den Sachfragen, für die sie sich Expertise angeeignet haben, aus gut nachvollziehbaren Gründen und ehrenwerter Allergie gegen Sentimentalitäten die Menschen- und Handlungsfrage aus den Augen, nämlich, daß die in kapitalistischen Aufbruchszeiten einmal wirklich überall übers Wertgesetz vermittelte Herrschaft sich in der Epoche, in der wir leben, auf zahlreichen sozialen Schauplätzen, die wir im Laufe unseres Argumentationsgangs besucht haben, von den internationalen Handelsbeziehungen bis zu den Weltordnungskriegen, wieder in unmittelbare zurückbildet – es gilt nicht mehr »Mach dies und jenes zu diesem und jenem in der Art und Weise unseres gemeinsamen Wirtschaftens begründeten Zweck«, sondern »Mach dies und jenes, weil diese oder jene Macht sonst deinen Willen, es nicht zu tun, direkt brechen kann« – aber es geschieht auf historisch höherer Stufe als in Stände- oder Stammesordnungen, denn die Autorität des Alpha-Schlägers kehrt, wenn die Menschheit erst einmal durch die Erfahrung der entwickelten Warenproduktion hindurchgegangen ist, eben nicht mehr zurück.
     
    Das Unmittelbare an der heutigen Unterdrückung, Ausgrenzung, Ausbeutung ist nicht die Herrschergestalt, sondern die direkte Brechung des Wunsches oder Willens der diesem Unrecht Ausgesetzten, sich von ihm zu befreien – die Gewalt ist nach der Seite der Gewalthaber abstrakt (»Sachzwänge«), nach der Seite der Ohnmächtigen konkret (Besitzlosigkeit, Unsicherheit, Angst); das hat neben vielen anderen scheußlichen Folgen auch den intellektuellen Feldeffekt, daß dieselben Köpfe, die nicht mehr moralisieren, sondern nur noch wissenschaftlich (soziologisch, ökonomisch) oder politisch denken wollen, von gelehrten Abstrakta immer wieder in naivste, rührende Konkretion verfallen, ins Lob des Reformhandwerks also, und wieder zurück – da gehen dann das bedingungslose Grundeinkommen, der demokratische Budgetierungsprozeß der brasilianischen Kommune Porto Alegre, das Sozialkassensystem von Quebec, die open source- Bewegung, Aktienanteile für Besitzlose in kooperativ bewirtschafteten kapitalistischen Unternehmen und andere »real Utopias« (wie der amerikanische Soziologieprofessor Eric Olin Wright, der den Marxismus ohne Rekurs auf Ausbeutung und Entfremdung neu zu erfinden sucht, solche Anstrengungen konkreter Menschen in konkreten glücklichen Zeitumständen nennt) bunt durcheinander mit einer Art Buffet des Wünschenswerten aus den Begriffsbeständen zwischen Frühsozialismus und Neuen Sozialen Bewegungen: Frei sollen die Menschen sein, selbstverwaltet (am besten: gar nicht verwaltet) ihre gemeinschaftlichen Angelegenheiten, aber warum sie es nicht sind, kann man offenbar nur erklären, wenn man sich ein Bildnis der Unterdrücker und Entmündiger machen kann, das ins Aufkleberformat paßt. Die Linken, die nicht darüber reden wollen, daß es richtiges oder falsches Verhalten auch weit unterhalb des Idealen oder Entsetzlichen gibt, verhalten sich wie der verlassene Liebende, der dem anderen Menschen, der ihn auf häßliche (gleichgültige, fühllose, opportunistische) Weise verlassen hat, verzweifelt anbietet, er werde jedenfalls stets für den Treulosen da sein und ihm ein Ohr leihen (daß jener einfach nichts zu sagen hat, fällt diesem gar nicht ein, sowenig wie den kritischen Linken, daß Herrschaft nicht benannt noch bekämpft werden kann, wenn man nicht über den nichtwissenschaftlichen und vorpolitischen Begriff des Unrechts verfügt).
     
    In der vorkapitalistischen Ordnung wurde man vom Herrn

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