Der Implex
ist, die Wörter der Erfahrungssprache mit den Gelenken der Begriffssprache zu (politisch, wissenschaftlich, ästhetisch, ethisch) handlungsrelevanten Koordinationsmaschinen zu montieren, auch über ein Fach verfügt, in dem diese Begriffsmontagetechniken auf ihre eigenen Arbeitsprodukte, die Erscheinungsformen der koordinierten Handlungen selbst, angewandt werden. Dieser unter Namen wie »Deontik«, »Normativität«, »Ethik« bekannte Zweig der Philosophie ist uns damit eine »zum Maschinenbau angewandte Maschinerie«, wie Marx sie für die Industrie im ersten Band des Kapitals beschreibt, in einer Sprache, in der sich Schauder, Entsetzen und Bewunderung, ja Ehrfurcht für das, was die Menschen da geschaffen haben, auf bedenkenswerte Weise mischt, wie die Maschinen, die Maschinen produzieren, sich mit diesen wechselseitig durchdringen, wie also die fertige Maschine der Implex der Maschine ist, die sie baut, diese aber auch das, was am Produkt erschlossen werden kann:
»Der Operateur der Bohrmaschine z.B. ist ein ungeheurer Bohrer, der durch eine Dampfmaschine getrieben wird und ohne den umgekehrt die Zylinder großer Dampfmaschinen und hydraulischer Pressen nicht produziert werden könnten. Die mechanische Drechselbank ist die zyklopische Wiedergeburt der gewöhnlichen Fußdrechselbank, die Hobelmaschine ein eiserner Zimmermann, der mit denselben Werkzeugen in Eisen arbeitet, womit der Zimmermann in Holz; das Werkzeug, welches in den Londoner Schiffswerften das Furnierwerk schneidet, ist ein riesenartiges Rasiermesser, das Werkzeug der Schermaschine, welche Eisen schneidet, wie die Schneiderschere Tuch, eine Monsterschere, und der Dampfhammer operiert mit einem gewöhnlichen Hammerkopf, aber von solchem Gewicht, daß Thor selbst ihn nicht schwingen könnte.« 241
Was wir sagen wollen: Die Begriffsapparate, mit denen die Philosophie unter Siglen wie »Deontik«, »Normativität« und »Ethik« Probleme des Probehandelns, der Praxis und der Hexis bearbeitet (und mit denen man diese bearbeiten muß, wenn man sie überhaupt bearbeiten will: Es gibt keine besseren), sind selbst ins gigantisch Grundsätzliche abstrahierte Probleme des Probehandelns, der Hexis und der Praxis.
II.
Marxismus – Philosophie sans phrase?
Philosophische Probleme sind entweder solche, die niemand je hatte, bis eine Philosophin oder ein Philosoph sich genötigt fühlte, sie zu formulieren – hierher gehören das Induktivismusproblem, die Frage, wie ein Idealismus zu denken wäre, der nicht subjektiv, sondern objektiv ist, die Semantik möglicher Welten, der Disjunktivismus und so fort –, oder solche, die immer schon alle haben, aber lieber nicht haben wollen – zu dieser zweiten Kategorie gehört das diesem Kapitel den Anstoß versetzende, im Humeschen Gesetz gleichsam nur von seinem äußeren Umriß, seinen Randbedingungen her konturierte Problem des Verhältnisses zwischen Sein und Sollen (oder des Wissens zum Können, wie die instrumentelle Vernunft, die sich von Adorno und Horkheimer so viel Tadel anhören mußte, wahrscheinlich sagen würde, wenn sie sprechen könnte). So ablehnend große (und oft die wertvollsten) Teile der kritischen Intelligenz der in diesem Verhältnis eingekapselten Begriffsarbeit gegenüberstehen, so unaustilgbarer ist deren uferlose öffentliche Dramatisierung als Zuschauersport im Gemeinwesen; wenn der ganze Rest der Philosophie aus den job descriptions und mission statements und alle, die damit etwas anfangen können, von den Gehaltslisten der Gesellschaft gestrichen sind, wird weitermoralisiert; noch die als Technokraten verschriensten Gestalten erscheinen prompt auf dem Forum, wenn ein Ethikrat ruft, und wer sagt, daß es so wie bisher jedenfalls nicht weitergehen könne, kann selbst als Utopistin, Anarchist, christliche Sektiererin oder schlechter Lyriker mit soviel Anerkennung rechnen, daß mitgeteilt wird, das führe zwar leider immer nur zu Unpraktikablem, sei aber tief gedacht und treu gefühlt.
Drei Stunden in diesem Talkshow-Wetter, und man versteht wieder, was Marx und Engels bewegt hat, die Philosophie spätestens mit der in der Deutschen Ideologie vollbrachten Erledigung ihrer seinerzeit neuesten Blüten als ganze über Bord werfen zu wollen; zugutegehalten werden muß ihnen dabei vor allem, daß sie sich zu diesem Schritt auch deshalb berechtigt, ja verpflichtet fühlten, weil sie ihn historisch rechtfertigten damit, daß nunmehr (das heißt implizit: eigentlich erst zu ihrer Zeit)
Weitere Kostenlose Bücher