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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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spezifisch menschlichen) stehen; die Erfahrung, daß Chöre Personen sind und jede Person ein Chor, die Erfahrung, daß niemand alleine sein muß, kann keine politische Handlung eines auch noch so einigen Kollektivs, keine wissenschaftlich-technische Gemeinschaftsarbeit so durchschlagend organisieren wie das Kunsterlebnis und seine »difference that makes a difference«.
V.
In Freiheit
    Wir haben versucht, den Fortschritt ohne das Absolute, ohne die arché und ohne das Ideal zu denken. Daß man ihn je anders hat denken wollen, gehört zum Rätsel der Geschichte insgesamt: Da man nicht mit der Vernunft angefangen hat, aber ohne die Vernunft nicht weiterkommt, besteht der Fortschrittsprozeß offenbar darin, aus Unvernünftigem Vernünftiges zu machen, und zwar nicht in der Theorie, sondern praktisch: Die Gattung hat mit unvernünftigem Glauben an die Unsterblichkeit den Weg begonnen, der durch die Explikation des Implex der Selbstwiederherstellung des Menschen mittels der Medizin, durch das Ernährungslernen, durch die Hygiene zu einer tatsächlichen Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwartung geführt hat. Hacks irrt: Das Ideal (etwa die Unsterblichkeit) ist nicht der vollkommene virtuelle Endpunkt, von dem ein Sog ausgeht, welcher der Heilkunde dann etwa Beine machte, sondern der unvollkommene Anfang, der überwunden werden muß, um der Sterblichkeit, gegen den er eine roh phantastisch gesetzte Negation war, wenigstens ein bißchen Terrain zu entreißen.
     
    Das Rätsel der Geschichte mag gelöst werden; die nächste Lebensweise (nie: die endgültige) kann man finden.
    Was dann kommt, wird (da sind ausnahmsweise nahezu alle einig, die das Problem jemals ernsthaft untersucht haben, von den Anarchoiden bis zu den Parteichinesen, ohne die bei ihnen sonst üblichen Katzbalgereien) kein Zustand sein (nämlich gegenüber dem Bekannten sowenig Ruhe geben, sowenig statisch sein wie die Demokratieanstrengungen des alten Athen gegenüber den undemokratischen Zwängen der Zeit), aber auch kein Prozeß (im Sinne einer aus antagonistischen Widersprüchen zusammengesetzten Entwicklung: Die antagonistischen Widersprüche sollen ja aufgelöst sein, wo das Rätsel gelöst ist). Daß sie nicht Zustand ist noch Prozeß, ihr Unterschied zum Jetzt mit diesen beiden logischen Erzählformen sich jedenfalls nicht fassen läßt, macht »The shape of things to come« (Wells), die Demokratie »à venir« (Derrida) grundverschieden von dem, was wir als politisch und geschichtlich kennen, was wir Verfassung, Staat, Markt oder Regierung nennen wollen würden. Die verabredungsgelenkte Möglichkeit zum Wechsel des Zustands (anstelle von dessen alternativlos gedachter Verewigung), zur informationell und energetisch gerechten Schöpfung und Aufrechterhaltung von sozialen Prozessen (statt sie, als naturwüchsige, zu erleiden), das gesellschaftlich organisierte Wissen darüber, wie wir unsere »imaginären Institutionen« (Castoriadis) einrichten sollen als Wissen im normativen Raum über etwas, worauf sich die Leute miteinander einigen können, arbeitsteilig produktiv, nichthierarchisch kommunikativ; etwas, das sie nicht einfach hinnehmen, einfach fressen müssen, weil es auf dem Tisch liegt: Dies wird das Gemeinwesen der Freien sein. Es wird ihnen gehören, das heißt allen, also niemandem. Sagen wir »Freiheit« dazu; der Name ist nicht neu und wird nie alt.
     
    Wird man in Freiheit kaufen und verkaufen, wird die entwickelte Warenproduktion im Gegenteil zusammenbrechen, wird man diesen Gott töten oder aufhören, an ihn zu glauben, und gibt es zwischen diesen beiden Optionen überhaupt einen Unterschied, ist der erste nicht Praxis, der zweite nicht Hexis?
    Wenn man, einmal in Freiheit, unbedingt will, weil man das einfache Mitnehmen zu schlampig findet, wird man frischen grünen Chili, Fiberglaskörperpanzer für Sportspiele oder leichte Platzpatronen natürlich (!) eine nicht ganz kurze historische Zeit weiterhin kaufen können. Man erleichtert so – i.e. mit Transferakten, die sich auf Geberinnen und Nehmerinnen zurechnen und, wichtiger, nach lokal nichtgleichgewichtigen Phasenwechselschemata verrechnen lassen – den kalkulierenden Produktionsclustern, die man eingerichtet haben wird, die wechselseitige Abstimmung und schenkt den Verkehrskoordinatorinnen eine nette Geste. Notwendig im Sinne eines Erzeugungsfaktors wird’s allerdings nicht sein, die Ware samt Preis ist der Aberglaube, der den Reichtum historisch machen hilft, wie das

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