Der Implex
mitgeteilt wird, daß ihnen der ganze Verdruß nur recht geschehe, was versuchen sie auch so zu sein wie die Männer.
Daß es auch in den reichsten Ländern zwischen Männern und Frauen nicht nur Reputationsdifferenzen, sondern immer noch meßbare Einkommensunterschiede gibt, liegt weniger daran, daß sich etwa Professorinnen für theoretische Chemie, die inzwischen immerhin üblich sind, im einzelnen über allzuviel Armut und Obskurität zu beschweren hätten, als vielmehr an zwei Rahmenbedingungen der allgemeinen Geldverdienerei und Selbstverwirklichungshexis: einem fortwesend massenwahnhaften und einem realökonomisch statistischen.
Der massenwahnhafte ist die seit Paines Zeiten trotz aller Debatten über Nature versus Nurture ungebrochen hegemoniale Zurechnung von Prädikaten des Naturhaften auf Frauen. Man ist dieser Irrlehre immer wieder zuleibe gerückt, gewiß aber hat sie keinen Knick dadurch bekommen, daß einige ihrer in jüngster Zeit formulierten Verneinungen in abstruser Kahlschlags-Radikalität gleich ganz leugnen, daß Frauen im Gegensatz zu Männern Kinder kriegen können und in einem bestimmten Alter daher für die Kapitalisten, die sie beschäftigen, ein Leistungsausfallrisiko darstellen. Offen benachteiligen darf man potentielle und wirkliche Mütter natürlich nicht, Barbaulds hübsches »moralisches Empfinden aller« hat sich da, wenn auch nicht bewußt, vom Stand der Produktivkräfte durchaus beeindrucken lassen, und da wir außerdem das Frauenwahlrecht haben, dürfen die aufgeklärt-liberalen Funktionsträgerinnen und Funktionsträger der verfallsbürgerlichen Legislative diese Art Unrecht nicht gesetzlich festschreiben, wenn sie nicht abgewählt werden wollen, sondern müssen seine Implementierung und Pflege den privaten Diebsfingern der unsichtbaren Hand des Marktes überlassen. Die funktionale Ausdifferenzierung in Subsysteme, die an der modernen Gesellschaft zu bewundern uns die Systemtheorie anhält, ist für dieses jede Veränderungsinitiative zermürbendes und demoralisierendes Instanzenspiel wie geschaffen (und lehrt nebenbei das Prinzip der Gewaltenteilung als keineswegs zwingend demokratisches, sondern je nach Restrahmen auch für oligarchische und andere Herrschaftsmodi gut geeignetes betrachten); die »Gleichheit der Geschlechter« erweist sich, wo solches greift, als ebenso schimärisch wie andere verfassungsmäßig verbriefte Rechtsgüter, zum Beispiel die Freizügigkeit unter Bedingungen des privatisierten Verkehrswesens, wo rund um gewisse aufgegebene Gegenden dann nicht nur kein öffentliches Nah-, sondern auch kein Fernverkehrsnetz mehr erreichbar ist, wenn man der nötigen Mittel entbehrt. Dafür kann niemand, es liegt halt an der Profitabilität, das heißt deren fallweisem Fehlen, da hilft kein Mitleid des Gesetzgebers, das Eigentum ist nun mal unantastbar und heiliger als alles andere, im Fall der schwangeren, aber nicht gesicherten Frau buchstäblich wichtiger als Leib und (sonst so spitzfindiger Kasuistik anempfohlenes ungeborenes) Leben. Es ist, als wäre Gebärfähigkeit ein Krankheitsrisiko, das man so zwar nicht nennen, aber rechnerisch entsprechend behandeln darf (die wirklichen Krankheitsrisiken geschlechtsmäßig aufgeschlüsselter Populationen, etwa Brustkrebs, werden übrigens längst unterderhand ähnlichen Kalkülen eingespeist, und kein Arbeitsrecht schiebt dem irgendeinen Riegel vor).
Der zweite, statistisch-ökonomische Unrechtsgrund schreibt sich jenem (wie wir sehen konnten, ebenfalls kräftig ökonomisch unterfütterten) massenwahnhaften gegenüber von einer ökologischen Nischenlogik her, die der Selbstbewegung der Verwertung des Werts jede ach nur irgendwie mögliche Kürzung von Lohnnebenkosten, zur Reproduktion der Arbeitskraft aufgewendeter Vergütung oder einfach unerzwungener Großzügigkeit auch gleich zur tatsächlichen macht – wo jemand als denkbares Opfer ungleichen Tauschs markiert ist, da findet dieser auch statt, sonst wird der philanthropische Kapitalist auch dann, wenn er gar keine empirische Person, sondern beispielsweise ein abstraktes Fondsträger-Kollektiv ist, vom nächsten Krisenbeben unter die Erde gepflügt.
Wie ein Blumengesteck zum Muttertag um eine Grußkarte sind um die geschichtlich eingegrabenen Wege der geschlechtercodierten Benachteiligung deshalb so leidige Erscheinungen gruppiert wie die überproportionale Besetzung von Aushilfe- und Zeitarbeit mit Frauen, ihre habituelle Verwendung bei menial jobs
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