Der Implex
in Ägypten und die dreißiger Jahre in Lateinamerika, die maßgeblich von Lateinamerika angestoßene, Ende der vierziger Jahre gegründete Kommission der UN über den Status der Frauen, den Antiimperialismus der sechziger, siebziger und achtziger Jahre und die Widerstände gegen die kapitalistische one world seit den Neunzigern in Erfahrung bringen konnten, hat noch nichts diese auf die Frauen des Ostens gemünzten, auf die des Südens und anderer geprügelter Regionen aber mühelos übertragbaren Worte Abdul-Rahmans blamiert. 27 – ob sie freilich auch umgekehrt gelten, das heißt: ob nicht nur die Frauenerhebungen, die stattfinden, immer mit Aufstandsbewegungen einhergehen, sondern auch jede Aufstandsbewegung dieser Art die Frauen nach vorn bringt, darf bei den zunächst kaum antiimperialistischen und mancherorts stark religiös gefärbten nordafrikanisch-arabischen Vorgängen seit Frühjahr 2011 zumindest bezweifelt werden.
Die fraktal ausgefranste Heterogenität (und bis tief in den Widerstand gegen das Unrecht eingesenkte Heteronomie) der Kämpfe, Konfliktschauplätze und -verlaufsformen belastet das Streben nach einer Überwindung des Geschlechterwahns eher noch schwerer als die Reste der Arbeiterbewegung, die auch schon zu knabbern haben, wenn sie etwa vor die Frage gestellt werden, ob der solidarisch gebotene Verzicht auf koloniale Extraprofite oder umgekehrt migratorische Streikbrecherei ihre Manövrierfähigkeit nicht übers Maß des Erträglichen hinaus einschränkt. Hier kann man durch informationslogistisch gescheit gehandhabte transnationale Absprachen wenigstens für kommunizierende Röhren sorgen, und da die Planung der Funktionseliten des Kapitals selbst in Totalitäten denkt, ist solidarisches – oder wie der Schimpfname droht, den verrannte Partikularisten der Sache anzukleben bemüht sind, universalistisches – Verhalten sogar dem Gegner angemessen, man kann seine Plausibilität also nicht so leicht wegdiskutieren wie im Feminismus. Die Weltfrauenkonferenz in Mexiko 1975 war jedenfalls ein Auftakt leider nicht der Vereinheitlichung und Abstimmung der betreffenden Kämpfe, sondern gerade umgekehrt des schmerzhaften, aber leider sehr notwendigen Sichtbarmachens von massiven Interessendivergenzen, die zehn Jahre später in Nairobi von den Frauen der ärmeren Länder berechtigterweise auf die »Vielfalt der Feminismen« abgebildet wurden und deren Bedenken abermals zehn Jahre später, 1995 in Peking, in ersten Erklärungen betreffend die Notwendigkeit der situativen, aber aufs Gesamtbild bezogenen Herstellung von Gegenmacht mündeten.
Die Unterschiede sind nun mal nicht wegzukürzen: Wo beispielsweise überhaupt geheiratet wird, ist zwar durch staatliche Registrierung der jeweiligen Partnerschaft bereits ein Entfremdungshebel im Spiel, und eine von Eltern arrangierte Hochzeit ist vielleicht nur auf andere Art erpreßt als eine ökonomisch unausweichliche, aber die Differenz zwischen Gewaltformen, die wenigstens justiziabel sind, und solchen, die über dem Gesetz stehen, wird man nicht leichtfertig übersehen dürfen, wenn man es mit der Freiheit ernst meint.
Wer auch immer aber wo auch immer entlang der Geschlechterpraxis und -hexis intervenieren will, muß mit einer Naturbestimmung arbeiten, wie sie nach der Einführung der Vorstellung individueller Rechte der Person und der entsprechenden Gesetzgebungspraxis eigentlich obsolet geworden sein müßte. Das logische Argument dazu, ein Kronjuwel im Argumentenbestand des Paineschen Age of Reason , ist heute so gut wie vergessen, sonst würde niemand einen Thilo Sarrazin diskutieren, The Bell Curve lesen, rassistische und sexistische Thesen diskutieren wollen, in denen die Frage nach der Eignung oder Untüchtigkeit von Frauen, Mexikanern etc. zum Leben in wenigstens relativer Freiheit (nichts anderes sind ja »gute Jobs«) entlang statistischer Größen formuliert wird. Das Argument gehört in jeden einigermaßen bürgerlichen Gemeinschaftskundeunterricht, aber da es dort offenbar nicht mehr vorkommt, sollte es wenigstens mal wieder jemand in die Mathematikbücher schreiben: Selbst wenn eine statistische Populationsforschung bei Frauen, Eskimos oder Computerspielern herausfinden würde, daß die Angehörigen dieser Population in ihrem statistischen Mittel hinter der sie beherbergenden oder umgebenden Restbevölkerung in irgendeiner Weise zurückstehen (Intelligenz, Körperkraft, räumliches Sehen), folgt daraus jedenfalls für eine
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