Der Implex
(auf systemdeutsch: informeller Sektor, auf neosozialromantisch: prekäre Beschäftigung) und insgesamt wenig angesehenen und schlecht vergüteten Tätigkeiten wie dem nicht ausgebildeten Putzen, der ebensowenig ausgebildeten Betreuung von Kindern, Alten, Kranken, Behinderten. Diese Dienste, in den reichen Ländern zunehmend privatisiert, wären heute schon unerschwinglich ohne den Rückgriff auf ein fungibles Reservoir weiblicher Arbeitskräfte aus den ärmeren, keine mit foucaultianischem Besteck zerlegbare Diskursformation tut soviel für die Festschreibung der Attribute der »anderen Frau« wie deren häusliche Ausbeutung etwa durch Leute, die Foucault gelesen haben und Diskurse analysieren können; die rassistische und die biologische Unterdrückung überschreiben und verstärken einander da wie bei der Wellenmechanik, und die informationstheoretisch informierte Sozialkritik darf sich über die Entdeckung der trickle down exploitation freuen: Die Frau der Ersten Welt wünscht sich da etwa ganz zu Recht ein bißchen Beinfreiheit, stellt also die Frau aus der Zweiten oder Dritten Welt ein, diese fehlt nun ihrerseits zuhause, und so entstehen Familienchroniken, in denen die Oma, weil einer weniger mobilen Generation zugehörig als ihre Nachkommen, fünfzig bis sechzig Jahre ihres Lebens mit Kinderbetreuung zubringt, wenn sie verhindern will, daß die älteste Tochter in ihren dafür entscheidenden Jahren keine Gelegenheit erhält, eine Ausbildung zu erwerben – die Weitergabe von servitude erfolgt so selbst in den modernsten Sozietäten im Gegensatz zur Weitergabe aller guten Gaben der Welt auch mal matrilinear; denn variatio delectat.
Daß die Feuerwalze des Wertfraßes, die man »Globalisierung« getauft hat, das Sortieren von Menschen nach Tauglichkeit für Jobs, die nichts hermachen, nicht gerade unterbunden hat, wissen ohnehin alle. Wie hoch der Anteil der Frauen an der seit 1975 um etwa den Wert von 3,5% der Weltbevölkerung oszillierenden Migration insgesamt ist, darüber gehen die Ansichten auseinander, 2008 aber betrug etwa der Frauenanteil der Wandermenschen von den Philippinen stolze 70%, und die Gesamtsumme des von ihnen aus dem Ausland überwiesenen Geldes belief sich auf 16,4 Milliarden US-Dollar .
Auch eine hübsche Zahl: 1 bis 2% der Spezies homo sapiens leben am Ende der ersten Dekade des dritten Jahrtausends christlicher Zeitrechnung buchstäblich im (und vom) Müll: Jagen und Sammeln auf Abfallhalden, den Äckern der zweiten Natur, eine Aufgabe, die anders als das Mammutschlachten meistens von Frauen und ihren beliebten Anhängseln, den Kindern, erledigt wird: Sie sortieren beispielsweise Papier, ein nicht unwichtiger Beschäftigungszweig in China.
Findet einmal eine Weltfinanz- und damit Zirkulations-, also Investitions-, folglich Produktions- und am Ende Verteilungskrise statt wie zwischen 2007 und 2010, dann sinkt der Bedarf an chinesischem Recyclingpapier, und Leute, die ihre Existenz schon vorher knapp über der Hungergrenze balancieren mußten, lernen, was ein Engpaß ist.
Das alles sind noch Beispiele aus dem schönen Sektor »von der Papiersammlerin zur Millionärin«, das heißt, hier wird noch mit Arbeit Geld verdient, von den Sozialetats, den welfare mothers (welfare fathers sind seltener; wer kennt schon einen Mann, der mit einem Kind, das er gezeugt hat, ohne Erwerbsmöglichkeiten sitzengelassen wurde?),weiblichen Gewaltopfern, die mangels Solidarpakt nicht mehr auf die Füße finden, muß gar nicht breit die Rede sein, man kann sich das alles gar nicht trostlos genug vorstellen und tut es deshalb da, wo nicht Sozialarbeit, sondern ernsthaftes Kommando über die Produktion geplant wird, lieber gleich überhaupt nie. Daß wir hier davon reden, Frauen seien immer Opfer und Männer sollten sich schämen, kann aber nur denen einfallen, die sich nicht denken können, daß solche Zustände auch die Männer entwürdigen, die mit ihnen leben: Wer eine Müllwühlmaschine, Sklavin, von vornherein als Rohmaterial für niedrige Tätigkeiten eingestufte Person als Mutter, Tochter, Schwester, Geliebte mag, mit dem stimmt etwas nicht.
Die unerträglichen Bedingungen, denen thailändische Näherinnen, mexikanische Maquiladoras oder südafrikanische Prostituierte ausgesetzt sind, haben gemeinsam, daß die Klassenschublade, in die man sie einsortiert hat, anders als bei noch dem lumpigsten Lumpenproletarier mit alternativem Chromosomenbausatz vermittelt ist durch das biologische
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