Der Implex
abwechslungsreichsten umbrella terms zwischen »Postfeminismus« und »iFeminismus« (der soll eine antikollektivistische Revision der Feminismen der siebziger Jahre sein, die angeblich das »Individuum«, für welches hier das »i« steht, nicht genügend verehrt haben; der Denkfehler ist natürlich, daß die Herstellung individueller Freiheit selbst ebenfalls individuell erfolgen wird, was gar nicht geht, weil individuelle Freiheiten nun mal etwas sind, was nur eine Gesellschaftsordnung, kein vereinzelter Dickkopf einrichten und absichern kann); richtig Fuß gefaßt im Selbstverständnis des nach wie vor eher am Freihandel interessierten Mainstream-Liberalismus hat die Sache aber auch nie, und Ausnahmeerscheinungen wie Ayn Rand, Tammy Bruce (lesbisch, Reagan-Befürworterin, Stolz auf ihre Handfeuerwaffen) oder die toxische Ann Coulter, die ihr mißliebige demokratische Präsidentschaftskandidaten auch mal mit muffigen Schwulenwitzen anrempeln, beschränken sich aufs Zirkusrund der Medien – sozusagen rechte Symbolpolitik, glücklicherweise weitgehend unfruchtbar und jedenfalls nicht zu verwechseln mit Popgrößen wie etwa Madonna (so viele Widersprüche, wie diese Frau sich aufgeladen hat, passen in keine Geschichte der Emanzipation, egal wessen, egal wovon).
Wie wir überhaupt zu Symbolpolitik (als dem unbewaffneten Arm der Identitätspolitik) stehen, kann man nach allem Gesagten leicht erraten; wir sprechen es dennoch aus: Wo sie die Lücken aufhebelt, von denen wir oben gehandelt haben, wo sie aus der Interpenetration die Widersprüche herausfiltert und deren bloß logischen Veränderungsdrall praktisch explizit macht, schätzen wir sie und bewundern alle, die sich darauf verstehen, wo sie aber solche Widersprüche als Partikularpuzzle ineinanderfügen möchte, ideelle Synthesen propagiert, Quilt-Metaphern produziert und sentimentales Menschengeschwisterpathos drübergießt, halten wir sie für eine ideologische Falle, aus der man sich umso schwerer befreien kann, je klebriger sie ist; die Übergänge zu Faschistoidem sind dann fließend, graduell, unmerklich – als Merkzeichen zur Unterscheidung der beiden Seiten der Sache diene allemal Walter Benjamins weises Wort, der Faschismus verhelfe den Menschen zu ihrem Ausdruck statt zu ihrem Recht.
Eben weil das weibliche Subjekt aus historischen und sozialen (statt biologischen) Gründen beim Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung früher noch als das männliche an sich erfahren muß, daß Menschen aus anderen Menschen zusammengesetzt sind – ich kann mich auch als junge Mutter frei bewegen, wenn die Arbeitsteilung das Problem der Kindererziehung solidarisch gelöst hat, wenn nicht, bin ich der Gnade meiner Ernährer ausgeliefert –, erlaubt die Frage nach Frauenrechten, immer wieder eine der wichtigsten Lücken im bourgeoisen Legitimationsgebäude sichtbar zu machen, nämlich daß der liberale Individualismus als antikollektivistische Ideologie in sich logisch gebrochen ist.
Männer mag man darüber noch (die Spielräume werden da allmählich auch enger) betrügen können, indem man die Hormonvoraussetzungen der Ellenbogenkonkurrenz anzapft; Frauen aber wird man, wenn sie nicht mit dem sprichwörtlichen Silberlöffel im Mund geboren sind, kaum weismachen können, daß in jeder Streberin eine kleine Margaret Thatcher steckt, die sich nur auf keine Kompromisse einlassen muß, um die feindliche Welt zu knacken. Der symbolpolitische Sieg für den Feminismus, der darin besteht, daß eine Frau prime minister wird, fliegt vom Paradebalkon, wenn diese Frau dann Sachen sagt wie »There is no such thing as society« und dann den öffentlichen Sektor der Wirtschaft zusammenstreicht, was in Familien und überall sonst in der Versorgungsökonomie nicht selten wieder geschlechterspezifisch abgefedert werden muß.
Es bleibt die stickige Besonderheit des Ineinandergreifens von Kapitalverhältnis und sexistischer Herrschaft, daß Frauen darin von zwei Seiten ans Ganze gebunden werden sollen, nämlich als potentielle Lohnarbeiterinnen mit Subjektstatus und als Rohstoffe oder Brüterinnen für die Reproduktion ohne Subjektstatus – mit Reproduktion ist, einer nicht nur von verschiedenen Feminismen entwickelten, hochvernünftigen Semantik folgend, nicht nur die Fortpflanzung gemeint, sondern alles, was das weibliche, lebendige, denkende und sprechende Natursubstrat zuschießen muß, damit der männliche Kapitalist, Angestellte oder Arbeiter seinen Nutzen, Zweck, Sinn
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