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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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Analysenebel, starten allenfalls Initiativen zur Genderbudgetierung, also Feldversuche, die helfen könnten, herauszufinden, wie die Verteilung wirklich läuft – das aber geschieht weithin wieder im notgedrungen akzeptierten Rahmen des bestehenden Systems, also auch in der Sprache, die nun mal vorliegt, derjenigen der mehr oder weniger neoklassischen Ökonomie nämlich, an den Stellen, wo es ums Entscheidende geht. 36 Schaden kann es kaum, demgegenüber darauf zu bestehen, mit Marx und Luxemburg praktisch zu vermitteln, was das Kapitalverhältnis ist, warum es sich menschlich nicht rechnet, wie es abgebrochene Subjekte konstruiert, einerseits auf freie Menschen angewiesen ist, diese immer wieder hervorbringt, aber im selben Spielzug immer wieder auch zerstört. Diesen Kritikansatz handgreiflich wirksam zu machen, wäre eine andere Art von Arbeit als die, sich auf Freiheit und Gleichheit als nur abstrakte Ideale zu berufen.
    Der Kapitalismus kann nicht hinter die von ihm inspirierten Bedürfnisse an Freiheit und Gleichheit, nicht hinter die Feminogironde zurückwollen, aber er fällt immer wieder dahinter zurück, weil er muß. Man sollte ihn über diese Bedürfnisse hinaustreiben, in Richtung auf ihre Befriedigung und seine eigene Aufhebung.

VIER
MASSA HUND UND DIE MENSCHENRASSEN
I.
Die feine und die grobe Art
    »Die Arbeiterklasse ist rassistisch, kolonialistisch und imperialistisch.«
    Diese Auskunft 37 klingt häßlich. Wer aber schon mal in einem reichen europäischen Land auf dem Kleinstadtfußballplatz war oder sich gefragt hat, warum es beispielsweise in Deutschland nicht etwa die Repräsentanten von Unternehmerverbänden oder sonstigen prokapitalistischen Konservativen sind, die vor Überfremdung, Verdummung der Nation durch Ausländer, Untergang des Abendlands in Kulturkämpfen warnen, sondern ganz andere Figuren, mit ganz anderem politischem Hintergrund – Franz Schönhuber, Gründer der Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre recht erfolgreichen, scharf reaktionären Kleinbürgerpartei »Die Republikaner«, kam aus der SPD, nicht von der CDU; das die erste krisengeborene Ausländer- und Asylantenangst der Westdeutschen bündelnde Buch Die Erde wächst nicht mit , dessen Kernthese lautete: »Es soll das Recht der Deutschen gewahrt und gesichert werden, in einem deutschen und nicht in einem Vielvölkerstaat zu leben«, 38 vorabgedruckt natürlich im linksliberalen Spiegel 1982, stammte von einem ehemaligen Intendanten des ebenfalls linksliberalen NDR und SPD-Mitglied namens Martin Neuffer, der brandneue Martin Neuffer der Schröderschen und Merkelschen »Berliner Republik« hieß dann Thilo Sarrazin, SPD –, oder wer sich schließlich vergegenwärtigt, daß die Nazis, als sie sich ausgerechnet als Arbeiterpartei inszenierten, nicht etwa ausgelacht, sondern ernst genommen wurden, könnte die häßliche Auskunft glauben, zumindest aber für wahrscheinlich halten. Träfe sie selbst uneingeschränkt zu, ließe sich daraus freilich noch nicht der auffällige Eigendünkel ziehen, der die besseren Kreise überall und zu allen Zeiten verführt hat, sich für das Soziotop der besseren Menschen zu halten – schon zu Kinderzeiten, in den südwestdeutschen späten Siebzigern und frühen Achtzigern, hat uns abgeschreckt, wie sicher sich die Töchter von Architekten und die Söhne von Psychologen waren, das Licht der Toleranz zu repräsentieren, weil sie keine der derben und dummen Türkenwitze kannten, keine Landserheftchen lasen und keine Nazirock-CDs besaßen, mit denen die Kinder weniger geisterfüllter Elternhäuser auf dem Schulhof zu punkten versuchten, während jene kleinen Engel mit den linksliberalen Flausen auf dem Weg ins Gymnasium lieber besonders wertvolle Tim und Struppi -Alben tauschten, etwa den unvergeßlichen Meilenstein frankobelgischer Comictradition Tim im Kongo , worin schwarze Afrikaner, die aussehen wie verbrannte Holzpuppen mit rosa Gummiringen als Mündern, dem weißen Musterknaben in fraglos aus dem Original ganz vorzüglich ins Deutsche übertragene Sätze ins käsige Gesicht sagen wie: »Gnade! Ich dich wollen töten … erwürgen! Aber Schlange mich umringen … ohne dich ich tot … jetzt ich dein Dingsbums Sklave, für immer …«, 39 und dem patenten Kläffer des weißen Musterknaben die Freude widerfährt, von diesen drolligen Männlein als »Massa Hund« geehrt zu werden. Inzwischen sind die Engelchen erwachsen und würden sich entweder gruseln, daß sie solches Gift

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