Der Implex
die Wissensgesellschaft und so weiter meist ebenso unterschlagen wie im wirklichen Leben unsichtbar gemacht wird, indem diese Typen eine ganz spezifische, vom Arbeitsmarktgeschehen vorgenommene Klasseneingliederung geschickt tarnende Uniform tragen, den Individualismus, den gar nicht so uneben »elektronische Einsamkeit« zu nennen man sich nach einer zivilisationspessimistischen Aufwärmphase bei den Intellektuellen schnell wieder abgewöhnt hat).
Von Arbeitsteilung und Herrschaft, das heißt genügend Zeit und Entscheidungsspielraum für Leute, die entscheiden, was und wie produziert wird, erzeugte Bedürfnisse (im Gegensatz zu den fixen der Stoffwechselhomöostase, die das Substrat sind, auf dem die sozial generierten sich ausschließlich entwickeln können) dynamisieren den Produktivkraftfortschritt über eine Art Pumpe, die den Informationsfluß entlang des fluktuierenden Ungleichheitsgefälles der Lebensgenußchancen reguliert; in enger Verzahnung damit erzeugt aber der Produktivkraftfortschritt sofort seinerseits neue Ungleichheit und Emanzipationspotentiale gleichermaßen, auf einem Spektrum, dessen (wie bei allen analytischen, also auf gewisse Widersprüche gestützten wie von anderen notwendig absehenden Geschichtskonstruktionen in sich nie ganz stimmigen) Extrema Technikoptimismus und Wissenschaftsüberdruß heißen. Am einen der beiden Pole finden wir so die abenteuerlich optimistische Überzeugung von Marx und Engels, die Produktivkräfte, einmal in ihrer Entwicklung durch die freie Konkurrenz von den Fesseln irrational stammes- und sonstwie blutsmäßiger Eigentumsverhältnisse befreit und im Sozialismus und Kommunismus auch der kapitalistischen Bande noch entledigt, könnten sich »ins Unendliche« fortentwickeln (diese von Engels gebrauchte Formulierung blamiert ihn als jemanden, der nicht einmal über das Maß an Auffassungsgabe verfügt, die zu seiner Zeit von der Wissenschaft in der Tat noch sehr ungenügenden Zusammenhänge im Bereich Energieerhaltung und Thermodynamik wenigstens zu erahnen, fast einen Spiritisten oder einen jener Spinner, die heute Phantastisches von einer sogenannten Zero Point Energy wahrsagen – die leidige Stelle lautet wörtlich: »Die große Industrie schuf in der Dampfmaschine und den übrigen Maschinen die Mittel, die industrielle Produktion in kurzer Zeit und mit wenig Kosten ins Unendliche zu vermehren«, der Mumpitz 64 berührt besonders schmerzlich, wenn man weiß, daß Engels sich an anderer Stelle seiner wertvollen Abhandlung über Ludwig Feuerbach und den Ausgang der klassischen deutschen Philosophie instinktsicher und verständig zum Energieerhaltungssatz äußert). Auf der anderen Seite des besagten Spektrums finden wir dann in Adornos und Horkheimers Schriften, in Alfred Schmidts Begriff der Natur in der Lehre von Karl Marx , Wolfgang Pohrts Theorie des Gebrauchswerts und einigen Andeutungen von Moishe Postone die Ahnung bis Überzeugung, rationale Naturerschließung nach dem seit der Manufaktur gegebenen Muster führe bei Fortbestand des Kapitalverhältnisses in irreversibel wahnsinnige Weltverheerung, totale Zerstörung allen Gebrauchswerts.
Für die optimistische Partei ist der in jedem Fall, der sich denken läßt, als möglich vorausgesetzte technological fix das dichte, nicht poröse Gefäß oder der offene Kanal des sozialen Fortschritts. Sie weiß von der Verzinsung des Wissens, daß bei jeder Raumfahrt-Materialforschung eine nützliche Teflonpfanne herauskommt, und die Wahrheit, daß in der Natur alles mit allem zusammenhängt, ist ihr die Tür zur Allmacht.
Die Optimistenpartei denkt sich folgerichtig, sobald eine general purpose technology wie das Internet mit seinen Millionen vernetzter Rechner übergreifenden Standards und Protokollen samt entsprechender Web-Software einmal installiert ist, diese Technik so, als wäre sie beispielsweise bereits die lichtschnelle Demokratie, deren Implementierung doch mit ihrer Hilfe bloß möglich, aber eben nicht zwingend ist, und übersehen dabei die entscheidende Weichenstellungsperiode, in der nach Marshall McLuhans Wort der Inhalt neuer Medien aus alten Medien besteht (die ersten Fernsehspiele waren noch alternativlos abgefilmte und gesendete Quasitheateraufführungen, später kamen noch Filme dazu, die dadurch festgelegte Ästhetik hat eine volle Ausschöpfung des Potentials, welches das Fernsehen bereits für ein über offene Kanäle organisierbares Proto-Web 2.0 geboten hätte, auf Jahrzehnte
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