Der Implex
verhindert) und die Leute ihre alten Verkehrsformen, zu deren Überwindungen die neuen technischen Dispositive doch einladen, unangetastet lassen, wie die ersten Eisenmöbel nach Walter Benjamins eindrucksvoller Schilderung im Passagen-Werk nicht in ihrer nackten funktionalen Schönheit aufgestellt, sondern mittels komplizierter Tarnlackverfahren als Holzartefakte verkleidet wurden.
Die technisierte Welt, in der man von solchen Einmantelungen des Neuen ins Alte und umgekehrt nichts weiß, malt sich diese Partei wie eine der Riesenkulissen aus mit sprühender, blitzender, numinos lumineszenter kosmischer Energie aufgeladener Gigantomaschinen, die Jack Kirby für die Fantastic Four -Comics gezeichnet hat und die Set-Designer von unzähligen Science-fiction-Filmen zunächst aus Pappe und Styropor haben bauen lassen und heute im Rechner mittels Software fürs Computer Generated Imaging erzeugen.
Was die Leute, die ihr Wissen zu Göttern macht, haben und tun könnten, das haben und tun sie zwangsläufig früher oder später wirklich: ein Irrtum, der einfach nicht genug vom Sozialen, vom Gewicht der toten Geschlechter, von der Macht der Hexis über die Praxis und der (nicht nur Informations-)Ökonomie über die Sozialisierungsmodi weiß, um über die Menschenwelt Zutreffendes auszusagen. Der Irrtum ist allerdings kein sozialistisch-utopischer, sondern ein urbürgerlich-liberaler; die »unendliche« Produktivkraftsteigerung, die Engels in optischer Selbsttäuschung konstatiert, ist ein Echo der Erwartung, die Bacon in New Atlantis ausspricht, die Verwissenschaftlichung der Produktion, »effecting all things possible«, werde die Grenze dessen, was Menschen vollbringen, bis an die der Naturgesetzwirksamkeit verschieben, ein Gedanke, der dann über Condorcet 65 und diejenigen Köpfe des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, deren Visionen Aldous Huxley in Brave New World karikiert, ihre Wirksamkeit bis in unsere Tage entfaltet hat und die von ihm Befallenen stets dazu verführt bis nötigt, das Gesellschaftsgeschehen als bloße Variable der naturwissenschaftlich forcierten Technikentwicklung aufzufassen – jüngste Frucht an diesem stählernen Baum sind amerikanische Ökonomieprofessorinnen, die aus Produktivitätszuwächsen automatisch explodierenden Breitenreichtum herauskalkulieren und etwa das Zusammenschnurren der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit für die Herstellung von Radios, Fenstern, Autos begrüßen, weil dadurch die gesamtgesellschaftlich mögliche Muße zunähme und die Leute aus dem alten Proletariat in die neue Freiheit entlassen würde. Nach dem Zweiten Weltkrieg, rechnen diese Menschen aus, sei der Anteil der Menschen innerhalb der Gesamtbeschäftigtenzahl, die am Fließband, am Hebel oder am Knopf stehen mußten, der regelmäßig gedrückt werden muß, auf seinem quantitativen Gipfel angelangt und seither ständig gefallen; Arbeiterinnen und Arbeiter, rechnen sie weiter aus, müßten bald so selten sein wie Bäuerinnen und Bauern, und vor struktureller Arbeitslosigkeit müsse man sich nicht fürchten – wenn das Internet Volkswirtschaftsvorlesungen demnächst überflüssig mache, so die entschieden prokapitalistische Gelehrte Deirdre N. McCloskey in einer sympathisch selbstironischen Volte, werde sie ohne Murren in den Ruhestand gehen und ihren Rentenscheck, gedeckt von der leistungsfähigen amerikanischen Ökonomie, welche ihre Blüte dann wenigen Farmkräften, Industriekräften, Dienstleistungskräften und einer großen Mehrzahl von »verbürgerlichten« (sie benutzt das marxistische Wort mit Bedacht) ehemaligen Angehörigen des Proletariats verdanke. 66 Der Patzer liegt hier natürlich darin, daß von diesen verbürgerlichten Leuten und ihrer wunderbaren Mobilität die Rede geht, als wären sie unerpreßbar, wirkliche Bürger also in dem Sinn, den Rousseau ehren wollte, als er seine unabhängigen Uhrmacher, Textilfärber und Absinthhersteller lobte – was Marx und Engels mit der Verbürgerlichung der Arbeiterschaft meinten und geißeln, war ja gerade, daß sie sich mit Bürgern verwechselten , ohne jemals welche werden zu können; wer nichts von Klassen weiß und davon, daß der ganze Unterschied darin liegt, ob mir die Erzeugnisse meiner Arbeit gehören oder nicht, weil ich einen Titel auf die Instrumente habe oder entbehre, mit denen ich sie erzeugt habe, kurz, wer nur sieht, der alte Arbeitsplatz ist schmutzig und gesundheitsschädigend, der neue weniger schmutzig und nur noch
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