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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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der Interessen aller von naturwüchsigem Unrecht Geschlagenen zu erkennen, die Universalität der verschiedenen atomisierten Partikularformen des Leidens an der gesellschaftlichen Welt nicht mehr als ideelle zu behaupten, sondern politisch zu erfahren. Wie etwas ein anderes, besseres werden soll als das, was es ist, das Werden als solches also, das keine metaphysische Flause ist, sondern positive Naturrealität in Elektrizität, Magnetismus, Chemie, läßt sich, so Paul Valéry in einem vieldeutigen Eintrag in den Cahiers 63 , ohne Potentielles, Virtuelles, ohne ein Implicitum im Vorhandenen nicht denken. Das, was dieses Implicitum ausmacht, der Implex, kann, wenn die Veränderung nicht eingetreten ist, verloren aussehen wie die virtuellen Vorfahrenlinien beim genealogischen Implex. Daß aber die auseinandergetriebenen Einzelbenachteiligten zu ihrem Vorteil das negieren können, was ihre Freiheitsmöglichkeiten, die der aufgeklärte Idealismus Naturrecht nannte, negiert hat, ist die anhaltende Gelegenheit der analytischen Verlängerung der Lage nicht nur ins Historische, sondern auch ins noch Ungeschehene. Der zu explizierende Implex geschlagener partikularer Emanzipationsbewegungen ist nichts anderes als die praktische Option antipartikularer Solidarität.

FÜNF
EFFECTING ALL THINGS POSSIBLE
I.
Das Atombombenomelett in der Teflonpfanne
    Wer Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts in einer amerikanischen Großstadt die Einkaufsstraßen entlangspazierte, durfte den Zusammenhang zwischen technischem Fortschritt, Arbeitsteilung und Klassengesellschaft unmittelbar anschaulich erfahren, geschmückt mit blinkenden Lichtern: Auf jedes der ersten, ökonomisch meist lange noch wackligen Heimcomputerfachgeschäfte kamen drei bis vier Game Arcades , in denen Space Invaders und Pac Man flackerten und lärmten. Die jugendliche Nerd- Klientel der einen Sorte Laden sollte wenige Jahre später die Arbeitsmarktgeschicke der Kundschaft der anderen Sorte lenken; beide Gruppen wußten davon noch nichts.
    Klassen sind im Sinne der Logik fuzzy sets , und Mobilitätsausnahmen wie Überschneidungen gab und gibt es immer, nicht nur da, wo nerds die Arcaden-Spiele interessanter finden als die, die sie schon zuhause spielen können, die beiden sozialen Seiten der mikroelektronischen Produktivkraftumwälzung aber blieben aufeinander bezogen, wie das ähnlich bei jeder »neuen Arbeit«, von der Dreifelderwirtschaft über die Manufaktur geschehen ist: Nicht nur die Bedingungen des Stoffwechsels der Menschengesellschaft mit der Natur, sondern auch die in von neuer Arbeit in neue Mehrproduktaneignungsregimes verwandelten Menschenbeziehungen, wobei dann meistens neue Formen des bekannten Spiels herauskommen, wie die einen die anderen zum Arbeiten anhalten und diejenigen loswerden, also etwa über Staatsgrenzen oder in von der Restgesellschaft gereizt geduldete Almosenempfängerpools umsiedeln, die dafür nicht taugen (vernichtet wurde nur in Ausnahmefällen, allerdings nicht nur dann, wenn es in die Binnenlogik der etablierten Mehrproduktaneignungsregimes paßte, sondern auch und vor allem dann, wenn diese ihre Binnenlogik, ihren in die Apparate gerutschten Verstand verloren hatten und verrückt geworden waren, was tückischerweise aber wieder sinnloser aussieht, als es ist, weil Sinnlosigkeit selber Komplexitäten nicht nur in Chaos verwandeln, sondern beispielsweise im terroristischen Krieg von Herrschenden gegen Unterworfene auch reduzieren, also, nach einer weisen Einsicht der Systemtheorie, die an dieser Stelle weit unheimlicher ist, als sie selber weiß, Sinn produzieren kann).
    Entwicklung der Technik, das ist nicht erst da, wo im Sinne Benajis alle, auch Arbeitslose oder sonstwie aus dem Spiel Genommene, über Lohnarbeit vergesellschaftet sind, die Bearbeitung der Natur multipliziert mit der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, vom altägyptischen Bewässerungsarbeiter über die ungelernte Kohlenholerin im Manchesterkapitalismus bis zum im Netzwerk herumstöpselnden knowledge worker der Gegenwart (für das Kollektiv, in dem so jemand arbeitet, hat der amerikanische Science-fiction-Autor John Shirley in seiner Eclipse -Romantrilogie den schönen und treffenden Namen »Techniki« gefunden, auf den wir gern zurückgreifen werden, weil er weniger nach Wissen im Sinne von Gelehrsamkeit und stärker nach gewußt-wie, vor allem aber nach Kolonnenbildung klingt, die bei der summenden Rede über die Info-Ökonomie,

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