Der Indianerlord
die köstliche Pastete verspeiste, erzählte die Haushälterin, sie sei vor fast fünfundzwanzig Jahren hierhergekommen, um für Lord Douglas zu arbeiten. »Kurz davor hatte uns Colonel Custer mit seinem großen Heer einen Weg in die Black Hills geebnet. Und dann strömten immer mehr weiße Siedler ins Land ... Was jetzt geschehen wird, will ich mir gar nicht vorstellen«, fuhr sie seufzend fort. »Die Regierung versucht das Land zu kaufen, obwohl sie versprochen hat, es würde als heiliges Indianergebiet erhalten bleiben. Nun erheben sich immer mehr stolze Sioux gegen diese verlogenen Politiker. «
»Solange ich denken kann, kämpft die Regierung gegen die Indianer«, warf Skylar ein.
»Ja gewiss, und sie glaubt, das wäre ihr gutes Recht. Aber hier draußen werden Sie bald erkennen, dass man nicht alle Indianer gleich beurteilen darf. Wenn man mit einem Stamm Frieden schließt, muss man sich gegen tausend Feinde wehren. Eines Tages bekämpft man sie, am nächsten spielt man mit ihnen Karten. Ein Hunkpapa-Sioux fällt über Sie her - und sein Bruder bittet ihn um Ihr Leben. Heutzutage bleiben die feindlichen Stämme im Westen der Berge. O ja, das ist ein sehr gefährliches Land ... Aber wir haben in all den Jahren ein ziemlich sicheres Leben geführt, und daran wird sich nichts ändern. Jedenfalls halten die Sioux stets ihr Wort, ganz im Gegensatz zu den Weißen. So, und jetzt will ich Sie nicht mehr beim Essen stören, meine Liebe. Aber gleich bin ich wieder bei Ihnen.«
Nachdem Skylar mit dem Essen fertig war, beschloss sie, nicht auf Meggie zu warten, sondern das Haus zu erforschen.
Sie betrat die Halle und hörte Stimmen, die aus dem Salon drangen. Neugierig spähte sie durch die offene Tür. Drei Kavallerieoffiziere standen vor dem Sarg, die Köpfe gesenkt. Im Hintergrund sprach ein vierter auf Hawk ein, hastig und erregt. Als er sich zufällig umwandte, entdeckte er Skylar und lächelte fasziniert. Hawk folgte seinem Blick, und seine Augen verengten sich. Am liebsten wäre sie geflohen. Aber vor diesen Soldaten wollte sie sich keine Blöße geben.
»Meine Frau, Major ... « Hawk hob eine Hand. »Komm doch zu uns, meine Liebe.«
Natürlich wusste sie, dass er sie zum Teufel wünschte und nur aus Höflichkeit, einlud. Doch sie hob das Kinn, ging in den Salon und reichte dem hochgewachsenen, attraktiven Major die Hand, die er formvollendet küsste. »Lady Douglas ... «
Er war ungefähr so alt wie ihr Mann und hatte dichtes dunkles Haar, das rötlich schimmerte, tiefschwarze Augen und markante Züge. Vielleicht floß auch in seinen Adern Indianerblut. Mit unverhohlener Bewunderung starrte er sie an.
»Welch eine angenehme Überraschung! Wir hörten erst gestern abend, dass Hawk verheiratet ist. Da Ihr Gemahl die zivilisierte Welt so selten aufsucht, hätten wir nie erwartet, dass er eine weiße - eh, eine neue Ehefrau in sein Heim holt. Noch dazu eine so bezaubernde Schönheit ... «
»Mein Freund, deine Kommentare werden der Lady zu Kopf steigen«, warnte Hawk.
»Oh, das sollten sie auch! Wenn er Ihnen noch nicht versichert hat, dass Sie das Sonnenlicht überstrahlen, muss ich mich über seine Nachlässigkeit wundern, Lady Douglas.«
»Danke, Sir, Sie sind sehr freundlich.«
»Oh nein, eher neidisch«, erwiderte er lachend.
»Sicher haben Sie's nicht nötig, irgendjemanden zu beneiden. Freut mich, Sie kennenzulernen. Leider habe ich Ihren Namen nicht verstanden, Major ... «
»Trelawny. Sloan Trelawny.«
»Cougar«, ergänzte Hawk trocken.
»Wie, bitte?« fragte sie.
»Cougar-in-the-Night, um genau zu sein«, erklärte Hawk und lächelte den Major herausfordernd an.
»Offenbar will er Ihnen klarmachen, dass ich nicht nur ein Mitglied der US-Cavalry, sondern auch ein Sioux bin«, bemerkte Sloan Trelawny amüsiert. »Falls Ihnen das Indianererbe in meinem Gesicht entgangen ist ... Ihr Ehemann und ich sind zusammen aufgewachsen, und unsere Wege kreuzen sich immer wieder.«
»Ein Sioux - bei der Kavallerie?«
»Meine liebe Lady Douglas, zu gewissen Zeiten wimmelt es in der Kavallerie ebenso von Indianern wie in den Black Hills.«
»Keine Bange, er schießt nicht auf sein eigenes Volk«, beteuerte Hawk. »Sloan ist Kundschafter und Verbindungsmann.«
»Wie interessant! Aber versuchen Ihre eigenen Leute nicht, auf Sie zu schießen?«
Sloan schüttelte den Kopf. »Bisher nicht. Was ich sage, missfällt ihnen hin und wieder. Aber sie wissen, dass ich niemals lüge. Meine Aufgabe besteht darin,
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