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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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gemacht hatte. Es stand ihr nicht zu, darüber ein Urteil zu fällen. Sie konnte nur ihrem Angebot, jederzeit zuzuhören, Nachdruck verleihen.
    »Was immer Euch auf der Seele liegt«, sagte Maria und merkte schon wieder die lästige Röte in ihre Wangen und Ohren aufsteigen, »Ihr solltet es jemandem anvertrauen. Wenn nicht mir, dann einem Geistlichen, bei der Beichte. Es nimmt einen Großteil des Drucks von der Seele, wenn man sich nur einmal offen und ehrlich aussprechen kann.«
    »Ich …«, setzte Amba an, hielt aber sofort inne. »Ach, es ist nichts. Ich danke Euch für den Masala-Chai und Euer großzügiges Angebot, mir Eure Zeit zu opfern. Ganz sicher gibt es Menschen, die Eurer Hilfe mehr bedürfen als ich.« Sie erhob sich und legte wieder den Schleier über ihr Gesicht. »Danke, für alles. Solltet Ihr jemals Unterstützung benötigen, welcher Art auch immer, dann zögert bitte nicht, Euch an mich zu wenden.« Den Einwand, der bereits auf Marias Lippen zu liegen schien, tat Amba mit einem Wink ab. »Wenn demnächst Euer Kind da ist, werdet Ihr jede Hilfe gern in Anspruch nehmen. Ich wünsche Euch Glück. Adeus, meine Liebe.«
    Damit wandte sie sich um und flüchtete aus dem Raum, dem Haus, fort von der Fürsorglichkeit Marias und von der vermaledeiten Karte. In ihrer Kutsche würde sie ihren Tränen freien Lauf lassen können. Sie stieg in ihre Sänfte, die vor dem Haus für sie bereitstand, und wies die Träger an, sie zurück zur Kutsche zu bringen, die etwas außerhalb der Stadt wartete. In den engen Straßen des Ortskerns war ein Fortkommen auf diese Weise viel einfacher. Die beiden Männer hoben Ambas Sänfte leicht schaukelnd an, dann eilten sie im Laufschritt Richtung Kutsche.
    Doch etwa auf halber Strecke änderte Amba ihre Meinung. Sie gab den Sänftenträgern Anweisung, wieder umzukehren und vor dem Haus des Juweliers Rujul haltzumachen. Er war bestimmt, wie die meisten Einwohner, nach der Eindämmung der Cholera und mit Beginn der Trockenzeit wieder hierher zurückgekehrt. Als die Sänfte vor dem Haus hielt, kam, noch bevor die Träger Amba herabgelassen hatten, ein völlig aufgelöster Diener aus dem Haus gestürmt. »Dona Amba! Mein Herr, er ist verhaftet worden! Oje, oje, was soll nur aus uns werden? Erst die Senhora, jetzt der Senhor, und wir allein gegen diese Diebe und …«
    »Wohin hat man ihn gebracht?«, fragte Amba den Burschen, um kühle Sachlichkeit bemüht.
    »In den Kerker am westlichen Stadttor. Ach, Dona Amba, wie soll es jetzt weitergehen? Diese Kerle wollen Senhor Rui das Haus und alles wegnehmen!«
    »Beruhige dich. Pack deine Sachen so schnell wie möglich, und sag den anderen Dienstboten, sie mögen dasselbe tun. Dann verlasst schleunigst dieses Haus. Fragt bei den guten Kunden oder Freunden deiner Herrschaft, ob sie Verwendung für euch haben. Ich bin sicher, es ist so, denn viele Leute deiner Kaste sind bei der Seuche ums Leben gekommen, gute Diener werden händeringend gesucht. Und jetzt los, macht, dass ihr fortkommt!«
    Der Bursche rollte mit dem Kopf und war sichtlich damit beschäftigt, eine weitere Frage zu formulieren, doch als er endlich so weit war, wurde Ambas Sänfte schon angehoben und der Vorhang heruntergelassen.
    Amba war entsetzt. Ihr spontaner Plan war gewesen, sofort den Diamanten zu holen und zu fliehen. Was hielt sie noch länger hier? Der Mann, den sie liebte, würde eine andere heiraten. Ihr Leben war in Gefahr, denn die wohlhabenden Inder wurden immer grausamer verfolgt. Wenn schon ein Mann wie Rujul der Kirche nicht liebedienerisch genug war, was hatten dann erst die anderen zu erwarten? Ihre kleine Hausgemeinschaft würde sie irgendwie versorgen und unterbringen, und dann: fort, weit fort von diesen Portugiesen, diesen katholischen Heuchlern und verbrecherischen Priestern!
    Doch ohne den Stein wollte sie nicht gehen. Vielleicht sollte sie einfach das Unerwartete tun und Rujul im Kerker besuchen? Soviel sie wusste, waren solche Besuche gang und gäbe. Wenn man die Wachen bestach, hatte man die Möglichkeit, die Inhaftierten zu sehen, zu sprechen und ihnen Lebensmittel zuzustecken – oder ein schnell wirksames Gift, das den Qualen des Scheiterhaufens vorzuziehen war. Da niemand erwartete, dass Dona Amba freiwillig einen Fuß in diese berüchtigten Verliese setzte, war die Gefahr wahrscheinlich gering, dass ihr dort jemand auflauerte. Ja, genau das würde sie tun. Zuvor würde sie allerdings noch einen kleinen Abstecher zum Basar machen.
    Eine

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