Der indische Fluch
verhalten, denn im Hintergrund war da noch immer jene mysteriöse Bedrohung, der wir beide auf der Spur waren. Wir waren uns dieser Tatsache bewußt und keiner von uns brauchte darüber ein Wort zu verlieren. Das Gefühl, daß irgendwo in dieser abgelegenen Gegend ein namenloser Schrecken sein Unwesen trieb und nicht damit aufhörte, zu morden, war allgegenwärtig.
Er nahm meine Hand in die seine und sah mich an.
Ich erwiderte diesen Blick, bis dann eine kleine Ewigkeit später das Telefon klingelte und mich endgültig in das Hier und Jetzt zurückholte.
Ridley nahm den Hörer ab und sagte zweimal kurz hintereinander: "Ja!"
Dann folgte eine längere Pause, bevor er schließlich ein eiliges "Ich komme!" mit belegter Stimme in den Hörer wisperte, den Hörer in die Gabel hängte und mit derselben Bewegung bereits nach seiner Jacke griff, die auf einer Stuhllehne hing.
Ich wußte, daß etwas geschehen war.
Sein Gesicht war ernst.
"Was ist los, Mark?"
"Ein Unfall", murmelte er nachdenklich. "Allerdings einer mit besonderen Umständen..."
*
Ich fuhr hinter seinem Landrover her und war froh, nicht selbst den Weg zum Ort des Geschehens finden zu müssen. Aber Ridley kannte sich bestens aus.
Nebel kam auf und Ridley schien eine Abkürzung über kleine Wege zu nehmen. Manche davon waren noch nicht einmal asphaltiert. Dann erreichten wir irgendwann die Straße nach Edinburgh.
Nebelschwaden krochen aus dem nahen Wald heraus und man konnte kaum mehr als zwanzig Meter weit sehen. Dann tauchten plötzlich düstere Schatten aus dem unübersichtlichen grauweißen Nichts heraus auf, Schatten, aus denen sich innerhalb weniger Augenblicke Wagen formten. Ein Blaulicht wurde sichtbar.
Ridley stellte seinen Landrover am Straßenrand ab und ich parkte meinen kirschroten Hundertneunziger direkt dahinter.
Als ich ausstieg, überzog eine Gänsehaut meinen Körper. Die Kälte unter dieser Nebeldecke war feucht und durchdringend und ich rieb mir die Hände.
Gestalten kamen auf uns zu.
Langsam schälten sie sich genauer aus dem Nebel heraus. Es waren zwei Männer. Der eine von ihnen war Inspektor McEllroy.
Er musterte mich schief und wandte sich dann an den Arzt.
"Schön, daß Sie so schnell kommen konnten, Dr. Ridley.
Leider werden Sie auch diesmal nichts mehr für Ihren Patienten tun können..."
"Damit muß man in meinem Beruf leider hin und wieder leben", erwiderte Ridley.
McEllroy machte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf und sagte dann: "Kommen Sie!"
Der zweite Mann war Josh.
Ich wandte mich sofort an ihn, wartete noch einige Augenblicke, bis Ridley und McEllroy die Böschung hinabgestiegen waren. Ich warf nur einen kurzen Blick hinab auf den Wagen, der sich da unten befand...
"Was ist passiert?" wisperte ich.
"Lambert, der Manager von Gillian Carter wollte sich aus dem Staub machen", erklärte er leise. "Ich nehme an, daß er kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet hat. Zumindest hat Miss Lisa diesen Verdacht geäußert..."
"Ach!"
"Ja, und weil es mir ziemlich verdächtig vorkam, daß er sich gerade jetzt aus dem Staub machen wollte, habe ich McEllroy verständigt, der Lambert suchen ließ..."
"Und ihn ja offenbar auch gefunden hat!" erwiderte ich.
Josh zuckte die Achseln. "Das war kein Kunstück."
"Wieso?"
"Wir wußten, daß er auf dem Weg nach Edinburgh war!"
meldete sich jetzt eine Frauenstimme zu Wort. "Und dahin führt nur eine einzige Straße, die diesen Namen verdient!"
Ich drehte mich herum und war etwas überrascht, Lisa Carter hinter einem der dicken Baumstämme hervortreten zu sehen.
Ich blickte zu Josh.
Dieser hob die Augenbrauen und erklärte: "Ich bin mit Miss Lisas Wagen hier. Sie selbst darf nicht fahren..."
"...weil man mir leider den Führerschein abgenommen hat!"
ergänzte Lisa mit vor der Brust verschränkten Armen. Ihre Körperhaltung wirkte halb abweisend, halb überheblich.
"Wahrscheinlich ging das auf eine Intrige meiner Mutter zurück, die mich für psychisch labil hielt... Wußten Sie, daß sie sogar versucht hat, mich zu entmündigen?"
"Nein."
"Ja, so war Sie. Und ich habe nichts dagegen, wenn Sie das in Ihrer Reportage verwenden, Miss Chester!" Ihr Gesicht wurde finster, als sie schließlich noch hinzufügte: "Sie hätte besser mir trauen sollen, als diesem Betrüger Lambert!"
"Woher sind Sie sich denn so sicher, daß Lambert tatsächlich ein Betrüger war?"
Sie atmete tief durch. Ihr Blick war eiskalt. "Glauben Sie, ich kann nicht zwei und zwei
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