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Der indische Fluch

Der indische Fluch

Titel: Der indische Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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morsches, halb zu Humus vermodertes Holz darstellen würden.
    Ein Festmahl für die Käfer...
    Ich wich unwillkürlich vor dieser Gestalt des Schreckens zurück.

    "Mark!" rief ich dann aus voller Kehle und bereute es sogleich wieder. Was konnte ich gegen dieses Geisterwesen schon erreichen? Es schien nichts zu geben, was es aufhalten konnte und mit meinem Ruf würde nur diejenigen in Gefahr bringen, die darauf hörten...
    Ratami kam näher.
    Sie öffnete halb den Mund, aber kein Laut kam über ihre Lippen. Ihre Schritte waren lautlos und beinahe schwebend.
    Sie schien den Boden kaum zu berühren. Ein grauenhafter Todesengel, so leichtfüßig wie eine Elfe...
    Im nächsten Moment hörte ich das Knacken von Ästen und die Geräusche schneller Schritte.
    Eine atemberaubende Verwandlung vollzog sich indessen mit Ratami. Sie stand da, lächelte auf ihre satanische Weise und verblaßte langsam.
    Ihr Körper schien transparent zu werden.
    Schon schimmerten die hinter ihr stehenden Baumruinen durch sie hindurch.
    Ein Augenaufschlag nur und sie hatte sich vollständig aufgelöst.
    Nichts blieb von ihr mit Ausnahme dessen, was jene Aura des Todes, die sie zu umgeben schien bewirkt hatte.
    Mein Blick streifte noch einmal kurz das blanke Eichhörnchenskelett...
    "Linda!"
    Es war Ridley, dessen Gestalt da aus dem Nebel auftauchte.
    Er trat zu mir und seine ruhigen Augen studierten mein Gesicht.
    "Sie sind ganz bleich, Linda..."

    "Sie war hier. Ratami..."
    Er legte den Arm um meine Schultern und ich schmiegte mich an ihn. Sein Körper schien das einig Wärmende an diesem kühlen, nebeligen Ort zu sein.
    "Sie haben Glück gehabt", stellte er fest und ich wußte nur zu gut, wie recht er hatte.
    "Mark", flüsterte ich. "Gibt es irgend eine Gesetzmäßigkeit, nach der sie ihre Opfer aussucht?"
    Er schüttelte den Kopf.
    "Ich weiß es nicht... Ich weiß nur, daß Pembroke Manor das Zentrum von allem zu sein scheint. Jener Ort, an dem sie einst verbrannte. Sie mordet scheinbar wahllos. Ihr Durst nach Rache scheint unersättlich und blindwütig zu sein..."
    "Jemand muß diesem Spuk mach all den Jahren ein Ende setzen!" erklärte Ridley mit entschlossenem Tonfall. "Wenn ich nur wüßte wie..."
    Unsere Blicke begegneten sich und das Gefühl großer Zuneigung und Vertrautheit durchströmte mich, obgleich wir uns ja erst vor kurzem kennengelernt hatten.
    "Sie können jederzeit mit meiner Unterstützung rechnen, Mark", flüsterte ich.
    Er lächelte freundlich, wenn auch etwas matt.
    "Es tut gut, zur Abwechslung einmal so etwas zu hören, nachdem mich seit Jahren alle zuständigen Stellen für verrückt halten.
    Ich drückte ihm einen flüchtigen Kuß auf die Lippen.

    *
    Ich verbrachte den Rest des Tages damit, einen ersten kurzen Artikel für den Chronicle zu verfassen. Schließlich konnte ich Farnham nicht hängen lassen. Alle bunten Blätter würden in den nächsten Tagen etwas zum Tod von Gillian Carter bringen und das meiste davon war natürlich reine Spekulation.
    Ich saß also in meinem Zimmer auf Pembroke Manor, hatte das Laptop auf dem Nachttisch und schrieb einen Hundert-Zeilen-Artikel, den ich nachher per E-Mail direkt an die Redaktion des Chronicles schicken würde.
    Lisa Carter stellte mir später dafür sogar ihren Telefonanschluß zur Verfügung und wollte noch nicht einmal, daß der Chronicle die Gebühren dafür übernahm. "Egal, was sie schreiben: Es wird die Leute neugierig auf Mutters Lebenserinnerungen machen und das ist die Hauptsache..."
    "Sind Sie derart auf diese Einnahmen angewiesen?" fragte ich sie bei dieser Gelegenheit.
    Lisa sah mich an.
    Ihr Gesicht schwankte in diesem Moment zwischen einem Ausdruck der Überheblichkeit und der Verzweiflung. Sie atmete tief durch. Ich war auf irgend eine boshafte Bemerkung gefaßt, da ich sie bisher als eine Frau kennengelernt hatte, deren Stimmung sich von einer Sekunde zur nächsten radikal ändern konnte.
    Aus einem unerfindlichen Grund entging ich einem ihrer üblen Seitenhiebe.
    Stattdessen sagte sie: "Sie haben recht."
    "Ach!"

    "Mutters Vermögen ist in den letzten Jahren ziemlich dahingeschmolzen. Und ich denke, daß ein Grund dafür dieser Betrüger Lambert ist, vor dem ich Mutter immer gewarnt habe.
    Aber sie wollte ja nicht hören..." Sie seufzte hörbar, ehe sie fortfuhr: "Mutters größtes Kapital war ihr einzigartiges Leben unter den Scheinwerfern Hollywoods. Lambert wußte das übrigens auch. Es war seine Idee, zwei Ghostwriter damit zu beauftragen, ihre

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