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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
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Hauptgebäude und Eingangstor entlang. Er öffnete das Tor mit Hilfe einer Magnetkarte und bat Jeanne mit einer Handbewegung herein. »Guten Morgen, Ms. Lumadue«, begrüßte er sie freundlich. »Mein Name ist David Cruikshank. Dr. Blunstone hat mich beauftragt, Sie zu ihm zu bringen.«
    »Danke, sehr nett«, antwortete Jeanne und sah ihn prüfend an. »Wenn du einen Menschen einschätzen willst«, hatte ihre Mutter einmal zu ihr gesagt, »dann sieh ihm in die Augen. Sie verraten das meiste.« Jeanne war mit dieser Methode bisher gut gefahren. Wenn sie sich in diesem Fall auch darauf verlassen konnte, dann wollte sie David Cruikshank lieber nicht näher kennenlernen, obwohl er sie so freundlich begrüßt hatte. Seine blauen Augen strahlten eine unangenehme Kälte aus, was einen krassen Gegensatz zu seinem verbindlichen Auftreten bildete.
    Der blonde Mann ging vor ihr her und führte sie in das langgestreckte Flachgebäude. Vom Foyer aus zweigten zwei Hauptkorridore ab, von denen der rechte nach einigen Metern durch eine solide Metalltür abgeriegelt war. Cruikshank ging in den linken Flur und blieb vor einer Bürotür stehen. Er klopfte an und forderte Jeanne mit einer Handbewegung auf einzutreten.
    Hinter dem Schreibtisch erhob sich ein etwa fünfundvierzig Jahre alter dunkelhaariger Mann mit durchtrainierter Figur und gebräuntem Gesicht.
    »Efrem Blunstone«, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand.
    »Jeanne Lumadue. Sehr nett von Ihnen, Dr. Blunstone, daß Sie mir die Möglichkeit geben, Ihr Institut zu besuchen.«
    Blunstone nickte. »Aber ich bitte Sie, es ist uns eine Ehre! Was kann ich also für Sie tun?«
    Jeanne räusperte sich leise. »Nun, wie ich bereits am Telefon angedeutet habe, schreibe ich an einer Reportage über die Ansiedlung von Hightechunternehmen in wirtschaftlich schwachen Gebieten. Was meine Leser besonders interessiert, sind natürlich Zahlen. Wie viele Beschäftigte haben Sie, welchen Umsatz, welche Art von Produkten und so weiter. Wissen Sie, es geht dabei gar nicht mal so sehr um Details, sondern nur darum herauszustellen, welchen Einfluß die fortschreitende Technisierung und Spezialisierung auf das soziale Umfeld hat. Und dabei interessiert natürlich die immer währende Streitfrage, ob nun durch Hochtechnisierung Arbeitsplätze geschaffen oder vernichtet werden.« Sie machte eine kurze Pause. »Außerdem würde ich mir gerne einen Eindruck von Ihrem Betrieb verschaffen. Wenn Sie die Möglichkeit sähen, mich ein wenig herumzuführen, wäre das sehr erfreulich und hilfreich.«
    Blunstone lächelte. »Eine Menge Fragen, die Sie da aufwerfen, Ms. Lumadue. Aber ich werde mich bemühen, sie zu beantworten. Und was die Führung betrifft: Das ist kein Problem. Vielleicht sollten wir einfach sofort damit anfangen! Reden können wir auch während des Rundgangs. Kommen Sie mit, Mr. Cruikshank?«
    Der blonde Mann schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich habe noch zu arbeiten. Viel Vergnügen, Ms. Lumadue!«
    »Danke, Mr. Cruikshank«, erwiderte Jeanne mit zwiespältigen Gefühlen. Der Kerl gefiel ihr immer weniger.
    »Nach Ihnen«, hörte sie Blunstones Stimme. Der Interclone- Chef hielt ihr die Tür auf und folgte ihr dann auf den Flur. Während er sie die Gänge entlangführte, nannte er ihr einige Zahlen über die Situation der Arbeitsplätze. Dabei beklagte er, daß Hilfskräfte schwerer zu bekommen seien als wissenschaftliche Mitarbeiter.
    »Wie viele Wissenschaftler arbeiten denn überhaupt bei Interclone?« wollte Jeanne wissen.
    »Etwa fünfunddreißig im Moment. Die Zahl schwankt allerdings leicht; je nach Bedarf stellen wir hin und wieder mehr Leute ein.«
    »Sagen Sie mal, Dr. Blunstone, wie groß ist eigentlich der Anreiz für einen gestandenen Forscher, ich meine jemanden mit erfolgreicher universitärer Forscherkarriere, in ein kommerzielles Laboratorium wie Ihres zu wechseln?«
    Blunstone musterte sie nachdenklich. »Hm, eine gute Frage. Ich denke, das hängt vom jeweiligen Wissenschaftler ab. Man kann hier mehr Geld verdienen, muß aber sicher in engeren Grenzen arbeiten als in der sogenannten freien Forschung. Manche kommen mit dieser Kombination besser zurecht als andere.«
    »Sie meinen also, die Entscheidung hängt nur vom Geld ab?« fragte Jeanne provozierend.
    »Nein, nein, Sie mißverstehen mich. Sicher spielt das höhere Gehalt eine Rolle, aber man muß ja auch mit der Thematik der Arbeit zurechtkommen, vor allem als Wissenschaftler.«
    »Und die Reputation?«

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