Der Infekt
was hat das alles mit Charles' Tod zu tun?«
»Das will ich ja eben herauskriegen! Idwood hat mir gesagt, daß Charles seiner Freundin in New Haven erzählt hat, er sei direkt von London aus nach Yale gekommen. Das stinkt doch irgendwie! Und dann ruft er aus New Haven auch noch bei dieser Firma an! Also muß es dort Leute geben, die irgend etwas von Charles wissen müssen. Vielleicht können die uns weiterhelfen. Ich muß es einfach versuchen.«
»Aber das erscheint mir doch alles sehr vage«, meinte Angela skeptisch. »Es sind reine Hypothesen.«
»Nein«, grinste Jeanne, »das ist journalistischer Instinkt.« Sie erhob sich vom Sessel. »Ich gehe noch rasch einige Sachen packen. Die Maschine nach Shannon geht in drei Stunden.«
»Du mußt wissen, was du tust, Jeanne. Und was soll ich während deiner Abwesenheit machen? Kann ich nicht wieder in meine eigene Wohnung ziehen?«
Jeanne sah sie erschrocken an. »Um Gottes willen, nein. Unter keinen Umständen, hörst du? Du bleibst mindestens so lange hier, bis Idwood aus Wien zurück ist. Okay?«
Angela nickte ergeben. »Ja, ist schon in Ordnung. Ich bleibe hier. Wann wirst du ungefähr zurück sein?«
»In drei Tagen, du bist also nicht lange allein.«
Sie lächelten sich an. »Soll ich dir packen helfen?« fragte Angela versöhnlich.
»Das wäre sehr nett.«
Eine Stunde später saß die Journalistin im Taxi und ließ sich zum Flughafen Gatwick fahren. Nachdem sie am Aer-Lingus-Schalter ihre Reisetasche abgegeben hatte, ging sie ins Flughafenrestaurant, um noch ein Häppchen zu essen. Dabei beobachtete sie mit Interesse das Treiben auf dem Flugfeld, die landenden und startenden Flugzeuge, die Arbeit der Betankungscrews und die unermüdlichen Fahrten der gelbschwarzen Lotsenautos. Eine Art Reisefieber hatte sich ihrer bemächtigt. Endlich wieder einmal vor Ort recherchieren, das hatte sie schon seit einiger Zeit vermißt. Wegen dieser Art von Arbeit war sie Journalistin geworden, und dazu noch eine sehr erfolgreiche. Ihre Reportagen für den Daily Mirror hatten in der Branche Anklang gefunden, und deswegen hatte sie Kevin auch in die Chefredaktion berufen. Jeanne hatte sich auch in dieser Position sehr schnell mit ihren Aufgaben zurechtgefunden, aber ab und zu mußte ein bißchen Abwechslung einfach sein.
Der Aer-Lingus-Flug wurde aufgerufen. Sie nahm ihre Umhängetasche und ging zum Flugsteig 26. Zwanzig Minuten später verließ der Kurzstreckenjet der irischen Fluggesellschaft Londoner Boden und setzte nach vierzig Minuten Flugzeit in Shannon Airport auf. Jeanne nahm ihre Reisetasche in Empfang und ließ sich von einem Taxi ins nahe Limerick fahren, wo sie in einem kleinen Hotel abstieg.
17 Uhr, dachte sie nach einem Blick auf ihre Armbanduhr, das könnte ja noch klappen. Sie nahm den Hörer ihres Zimmerapparats ab und ließ sich mit der Nummer verbinden, die sie auf dem Foto von Kossoffs Wandkalender gefunden hatte. Das Freizeichen tutete nur zweimal. »Interclone Laboratories, guten Tag«, sagte eine Frauenstimme.
»Guten Tag! Mein Name ist Lumadue; ich bin Journalistin beim Daily Mirror . Ich mache gerade eine Reportage über Hightechfirmen in strukturschwachen Gebieten und möchte in diesem Rahmen auch gerne Ihr Haus besuchen. Könnten Sie mich bitte mit Ihrem Geschäftsführer verbinden?«
»Einen Moment, bitte, ich werde nachsehen, ob Dr. Blunstone noch da ist.«
Eine halbe Minute später hörte Jeanne die Stimme ihrer Gesprächspartnerin wieder. »Sie haben Glück. Dr. Blunstone ist noch im Haus. Warten Sie bitte, ich verbinde.« Dann sprach eine dunkle Männerstimme. »Blunstone. Was kann ich für Sie tun?«
Jeanne spulte ihren Spruch noch einmal herunter und schloß: »Ich möchte Sie deshalb um die Erlaubnis bitten, morgen vorbeischauen zu dürfen, um einen Eindruck von den Produkten und Produktionsverfahren, von der Zahl der Arbeitsplätze und so weiter zu bekommen.«
Efrem Blunstone hielt die Sprechmuschel mit der linken Hand zu und sah den blonden Mann an, der auf dem Sessel vor seinem Schreibtisch saß. »Sie ist es tatsächlich«, flüsterte er. »Jeanne Lumadue vom Daily Mirror . Wie Collins gesagt hat! Sie will morgen herkommen, um eine Reportage zu machen.«
David Cruikshank nickte. »Sie soll kommen! Wir werden herausfinden, wie viel sie weiß und warum sie überhaupt hier aufkreuzt.«
Blunstone nahm die Hand vom Hörer. »Ms. Lumadue? Entschuldigen Sie die kurze Unterbrechung, ich mußte erst nachsehen, wann ich morgen Zeit für
Weitere Kostenlose Bücher